Volle Fahrt voraus für BepiColombo
BepiColombo, die gemeinsame Raumsonde von ESA und JAXA, ist auf dem Weg zum Merkur und setzt nun zum ersten Mal auf ihrem Flug ihre Triebwerke ein.
Am 2. Dezember führte BepiColombo ihr erstes Manöver erfolgreich durch und griff dabei auf zwei von vier elektrischen Triebwerken zurück. Zuvor wurde jedes einzelne Triebwerk eine ganze Woche lang getestet. Damit ist die Raumsonde ihrem Ziel, dem innersten Planeten unseres Sonnensystems, wieder etwas näher gerückt.
BepiColombo startete am 20. Oktober 2018 vom Raumfahrtbahnhof Kourou in Französisch-Guayana. Nach den ersten kritischen Tagen im Weltraum und den Anfangswochen im Orbit gibt das Mercury Transfer Module (MTM) mit seinen hochmodernen Ionentriebwerken nun richtig Gas.
Damit kommt das stärkste und leistungsfähigste elektrische Antriebssystem zum Einsatz, das jemals geflogen ist. Die Triebwerke mit ihrem bläulichen Ausstoß wurden bislang noch nicht im Weltraum getestet.
Die leuchtenden Aggregate werden die beiden wissenschaftlichen Orbiter – den Mercury Planetary Orbiter (MPO) sowie den Mercury Magnetospheric Orbiter (MMO) – sieben Jahre lang durch den Weltraum bewegen. Wenn sie dann am Ziel angekommen sind, werden die sie gemeinsam den am wenigsten erforschten Planeten des inneren Sonnensystems erkunden.
„Elektrische Antriebssysteme sind eine sehr junge und gleichzeitig extrem empfindliche Technologie“, erklärt Elsa Montagnon, Spacecraft Operations Manager für BepiColombo.
„Deswegen mussten alle vier Triebwerke von BepiColombo nach dem Start äußerst sorgfältig inspiziert werden. Wir haben jedes einzelne Triebwerk auf niedriger Schubkraft gestartet und dabei akribisch deren Funktionsweise sowie die Auswirkungen auf die Raumsonde überprüft.“
Für dieses Tests gab es ein einmaliges Zeitfenster, in dem BepiColombo für die Bodenantennen durchgängig sichtbar war und die Kommunikation zwischen der Sonde und den Kontrollteams am Boden ununterbrochen aufrechterhalten werden konnte.
Die erste Zündung
Das erste Triebwerk von BepiColombo wurde am 20. November um 11:33 UTC (12:33 CET) in den Schubmodus versetzt, und zwar mit einer Kraft von 75 mN (Millinewton). Damit erfolgte der erste Schub von BepiColombo im Weltraum.
Drei Stunden später konnte das gerade erst zum Leben erweckte Triebwerk zeigen, was in ihm steckt. Nachdem das Kontrollzentrum am Boden den Befehl gab, Vollgas zu geben, wurde der Schub auf 125 mN erhöht, was etwa dem Gewicht einer AAA-Batterie entspricht.
Das hört sich zunächst nach nicht besonders viel an, feuerte das Triebwerk aber auf Maximalstufe. Zu keinem anderen Zeitpunkt der Mission wird das Triebwerk die Raumsonde mit mehr Kraft vorwärtsbringen.
Der Schubmodus wurde für fünf Stunden aufrechterhalten, danach wechselte BepiColombo zurück in den Normalmodus. Über die gesamte Zeit kommunizierte die ESA-Antenne in Malargüe mit der Raumsonde und ihrem blau leuchtenden Ausstoß. Die blaue Farbe ist das Resultat von Plasma, das im Triebwerk während der Verfeuerung des Treibstoffs Xenon entsteht.
In den nächsten Tagen wurden diese Schritte für die übrigen drei Triebwerke wiederholt, was lediglich minimale Auswirkungen auf die Flugbahn von BepiColombo hatte.
Die während des Tests aufgetretenen geringfügigen Auswirkungen erlaubten dem Flugdynamik-Team, die Leistung der Triebwerke umfassend und bis ins kleinste Detail auszuwerten. Die Analyse der ersten beiden Zündungen ergab, dass die Raumsonde bis auf eine Abweichung von 2 Prozent genau die erwarteten Performance-Werte erreichte. Die Analyse der letzten beiden Zündungen dauert noch an.
Noch 22 Triebwerkszündungen bis zum Ziel
„Die Triebwerke zum allerersten Mal im Weltraum in Betrieb zu nehmen und zu testen war sehr aufregend und eine große Erleichterung. BepiColombos siebenjähriger Flug zum Merkur benötigt 22 Triebwerkszündungen. Für diese lange Reise sind wir unbedingt auf gut funktionierende Triebwerke angewiesen“, erklärt Paolo Ferri, ESA-Abteilungsleiter für Missionsbetrieb.
„Jede Triebwerkszündung kann bis zu zwei Monate andauern und die Raumsonde genau so beschleunigen wie das mit herkömmlichen Hochenergie-Zündungen, die lediglich Minuten oder Stunden dauern, möglich ist – allerdings mit weniger Treibstoff.“
Während jedes Einsatzes werden die Triebwerke ein Mal die Woche eine jeweils achtstündige Pause einlegen. Während dieser Zeit sind die dynamischen Bedingungen ruhig und die Experten am Boden können Navigationsmessungen durchführen.
Der erste routinemäßige Triebwerkszündung wird Mitte Dezember beginnen und BepiColombo auf ihre interplanetare Flugbahn bringen sowie ihren Orbit für das Swing-by-Manöver an der Erde im April 2020 optimieren.
BepiColombo wird insgesamt etwa 9 Milliarden Kilometer zurücklegen, inklusive neun Vorbeiflügen an Erde, Venus und Merkur. Dabei wird die Raumsonde 18 Mal die Sonne umkreisen.
Ende 2025 hat das Transfermodul seinen Dienst getan. Dann werden die beiden Wissenschaftsorbiter abgekoppelt und in eine Umlaufbahn um den Merkur gebracht. Sie werden den Planeten, dessen Umgebung sowie seine Interaktion mit dem Solarwind aus sich ergänzenden Orbits heraus erkunden.
„Unser Vertrauen in die Triebwerke ist bis jetzt nicht enttäuscht worden - wir reisen jetzt mit Elektroantrieb zum Merkur“, sagt Günther Hasinger, ESA-Direktor für Wissenschaft.
„Das bringt uns einen entscheidenden Schritt näher – die Geheimnisse des mysteriösen innersten Planeten und letztlich der Entstehung unseres Sonnensystems zu entschlüsseln.“
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