Mars Express geht auf Tuchfühlung mit Phobos
Mars Express begann am 16. Februar eine Serie von Vorbeiflügen an Phobos, dem größeren der beiden Marsmonde. Ihren Höhepunkt erreicht diese Aktion am 3. März, wenn die Raumsonde mit einer Entfernung von nur 50 km näher denn je an Phobos vorbeifliegt. Von den dabei erfassten Daten verspricht man sich Hilfe bei der Aufklärung über den Ursprung des rätselhaften Mondes.
Diese sogenannte Phobos-Flyby-Kampagne begann am 16. Februar um 06 Uhr 52 MEZ (05 Uhr 52 UT), als Mars Express in einem Abstand von 991 km an der luftlosen Oberfläche von Phobos vorbeizog. Die Vorbeiflüge werden bis zum 26. März in unterschiedlichen Höhen fortgesetzt, bis Phobos schließlich außer Reichweite gerät. Sie stellen eine ideale Gelegenheit für zusätzliche wissenschaftliche Arbeit mit der Raumsonde Mars Express dar, die eigentlich zur Erforschung des Roten Planeten unter ihr anstatt des benachbarten grauen Mondes entwickelt wurde.
„Da sich Mars Express in einer elliptischen, polaren Umlaufbahn mit einer maximalen Entfernung von 10.000 km zum Mars befindet, kommen wir regelmäßig an Phobos vorbei. Da drängen sich Untersuchungen außer der Reihe geradezu auf“, kommentiert Olivier Witasse, Projektwissenschaftler für Mars Express.
2009 entschied sich das Missionsteam für eine Bahnanpassung, mit der verhindert werden sollte, dass das Ereignis der nächsten Annäherung auf die Nachtseite des Planeten fällt. Das Flugkontrollteam im Europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt schlug eine Reihe möglicher Szenarien vor - darunter eine Bahn, die Mars Express in eine Höhe von nur 50 km über Phobos führen würde. “Näher wollten sie uns nicht an Phobos heranlassen”, erklärt Witasse.
Dem dichtesten Vorbeiflug gilt höchste Aufmerksamkeit, da er erstmals die Möglichkeit bietet, das Schwerefeld des Mondes Phobos zu vermessen. In dieser geringen Entfernung sollte Mars Express, je nachdem, welcher Teil des Mondes gerade näher liegt, Unterschiede in Phobos Anziehungskraft feststellen können, die wiederum Rückschlüsse auf den inneren Aufbau des Marsmondes zulassen.
Frühere Flybys mit Mars Express haben bereits die bislang genaueste Massenangabe für Phobos geliefert und aus den Aufnahmen der hochauflösenden Stereokamera (HRSC) wurde sein Volumen abgeleitet. Die Berechnung der Dichte ergibt überraschende Zahlen. Tatsächlich scheinen verschiedene Teile von Phobos hohl zu sein. Eines der Ziele des Wissenschaftlerteams ist es, diese vorläufige Folgerung zu überprüfen.
Das MARSIS-Radargerät wird dann mit einer ganz speziellen Sequenz eingesetzt, um auf der Suche nach Strukturen oder einem Schlüssel für die interne Zusammensetzung einen Blick ins Mondinnere zu erhaschen. „Wenn wir mehr über den Aufbau von Phobos erfahren, können wir vielleicht auch Kenntnisse über seine Entstehung gewinnen“, so Witasse.
Der Ursprung des Marsmondes Phobos ist ein Rätsel. Drei Möglichkeiten sind denkbar. Die erste ist, dass es sich bei dem Mond um einen „eingefangenen“ Asteroiden handelt. Beim zweiten Szenario hat sich Phobos gleichzeitig mit dem Mars vor Ort gebildet, oder, und das ist die dritte Möglichkeit, Phobos ist nach dem Mars aus Bruchstücken entstanden, die beim Einschlag eines großen Meteoriten auf dem Roten Planeten in die Marsumlaufbahn geschleudert wurden.
Während der Kampagne werden sämtliche Instrumente einschließlich der HRSC genutzt. Da sich Mars Express dem Mond von der Nachtseite nähert, kann bei den ersten fünf Vorbeiflügen - darunter auch der Flyby mit der geringsten Entfernung - kein Bildmaterial erstellt werden. Ab dem 7. März sind jedoch hochauflösende Aufnahmen möglich. Eine der Aufgaben der hochauflösenden Stereokamera besteht darin, die für die russische Mission Phobos-Grunt vorgeschlagenen Landestellen aufzunehmen.
„Es gibt immer viel zu tun“, äußert sich Witasse über die Durchführung der wissenschaftlichen Mission. „Die Phobos-Flybys machen alles noch spannender.“
Aktuelle Meldungen zur Flyby-Kampagne finden Sie in Echtzeit auf dem Mars Express-Blog.