Venus – Ein Zwilling der Erde?
Die Sonde Venus Express der ESA zeigt die Venus, wie sie noch nie zu sehen war. Zum ersten Mal konnten Wissenschaftler die Venus von den obersten Schichten ihrer Atmosphäre bis fast hinunter zur Oberfläche untersuchen. Dabei hielt die Venus einige Überraschungen bereit, die Anlass zu der Vermutung geben, dass sie früher möglicherweise der Erde viel ähnlicher war.
Die Venus ist seit Jahrhunderten ein Rätsel. Zwar ist sie der erdnächste Planet, doch war sie immer schon außerordentlich schwierig zu erforschen, da sie permanent in Wolken gehüllt ist, die jeden Blick auf die Oberfläche verwehren.
„Es ist wirklich überraschend, wie erd-unähnlich die Venus heute ist“, so Fred Taylor von der Universität Oxford, Großbritannien, und Mitglied im interdisziplinären Venus Express-Wissenschaftlerteam. Die Venus hat annähernd die gleiche Masse wie die Erde, aber sie ist ein wahrer Höllenplanet mit Oberflächentemperaturen von über 400 °C und einem Oberflächendruck, hundertmal so hoch wie auf der Erde.
Der Schlüssel zum Verständnis der Venus liegt in ihrer Atmosphäre. Sie ist wesentlich dichter als die der Erde und absorbiert den größten Teil der Sonnenenergie, bevor diese die Oberfläche erreicht. Auf der Atmosphäre liegt daher das Hauptaugenmerk der Venus Express-Mission.
Die Untersuchungen konzentrieren sich auf mehrere Fragestellungen. Die erste bezieht sich auf die Dynamik der Venus-Atmosphäre. Venus Express hat die Struktur und die Bewegungen in der Atmosphäre von den obersten Schichten bis fast unmittelbar über der Oberfläche geklärt. Die zweite Fragestellung betrifft die Zusammensetzung und Chemie der Atmosphäre. In diesem Zusammenhang erstellte Venus Express Zusammensetzungsprofile der Atmosphäre rund um den Planeten. In einer dritten Fragestellung geht es um die Prozesse beim Entweichen der Venus-Atmosphäre in den Weltraum.
Venus Express erbrachte gewaltige Fortschritte beim Verständnis all dieser Phänomene, konnte jedoch nicht alle Rätsel lösen. Eine der noch offenen Schlüsselfragen der Wissenschaft ist die nach dem Ausmaß der vulkanischen Aktivität auf der Venus. „Der Beitrag des Vulkanismus zur Atmosphäre ist möglicherweise enorm. Dass wir darüber nicht mehr wissen, lässt in unserer Kenntnis des Venus-Klimas eine große Lücke", so Taylor.
Die nominelle Mission von Venus Express ist mittlerweile abgeschlossen. Diese beinhaltete die Beobachtung des Planeten über einen Zeitraum von zwei Venus-Tagen. Das entspricht etwa 500 Erdtagen.
„Wissenschaftlich gesehen haben wir schon viel erreicht. Dank der modernen Instrumente waren unsere Ergebnisse viel detaillierter als je zuvor und die Sonde ist noch immer in gutem Zustand“, so Håkan Svedhem, ESA-Projektwissenschaftler für Venus Express.
Venus Express beginnt nun eine erweiterte Mission - die Beobachtung des Planeten zwei weitere Venus-Tage lang.
Für die Venus, die man früher für erdähnlich, später dann für gänzlich erd-unähnlich hielt, hat sich das Blatt mit dieser Mission erneut gewendet. Dank Venus Express beschreibt Taylor die Venus heute als „Zwilling der Erde, aber schon bei der Geburt getrennt“.