Per Express zur Göttin der Liebe – Web Special -
Mutige Europäer: Erstmals soll eine ESA-Raumsonde die höllische Welt unseres Nachbarplaneten Venus erkunden.
Die Venus: Am Abendhimmel ist sie ein nicht zu übersehender Leuchtpunkt. Glanzvoll erstrahlt sie als erster und zumeist hellster „Stern“ das nächtliche Firmament. Bis zu vier Stunden vor Sonnenaufgang bzw. nach Sonnenuntergang kann man sie mit bloßem Auge beobachten.
Auch wenn der göttliche Name anderes vermuten lässt: Unser Nachbarplanet ist eine brodelnde Hölle, mit Oberflächentemperaturen von bis zu 480 Grad Celsius, Stürmen stark wie Hurricanes, feurigen Riesenvulkanen, Hitzetälern, Geröllwüsten und einem gegenüber der Erde rund neunzigfach höheren Druck. In und unter der dichten Wolkendecke verbirgt die Venus noch so manches Geheimnis. Nicht mehr lange, wenn die Wünsche und Hoffnungen der europäischen Planetenforscher in Erfüllung gehen.
Im November wird die 1270 kg schwere ESA-Raumsonde Venus Express mit einer Trägerrakete vom Typ Sojus-Fregat vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan gestartet. Es ist Europas erste Mission zu unserem nächsten Nachbarn. Für Venus Express liegt das Startfenster vom 26. Oktober bis zum 25. November 2005. Es dient als Sicherheitspolster für alle Beteiligten. Treten bei der Startvorbereitung auch nur geringste technische Probleme auf, wie das jetzt bei vorgesehenen Trägerrakte Sojus der Fall war, so haben die Ingenieure genügend Zeit, diese innerhalb dieses Zeitfensters zu beseitigen. Startverschiebungen innerhalb eines Startfensters sind daher ein sowohl völlig normaler als auch legitimer Vorgang. Sie beeinträchtigen nicht den Ablauf der Gesamtmission. Nach dem Start schwenkt die Sonde zunächst in einen Transferorbit um die Erde ein. Von dort geht es dann in Richtung Venus, wo sie nach einer rund fünfmonatigen Reise im April 2006 am Ziel eintrifft. Venus Express soll den zweitgrößten Planeten des inneren Sonnensystems für zunächst 500 Tage, bis Ende September 2007, erkunden. Eine Verlängerung der Mission bis Ende Januar 2009 ist bereits angedacht.
Venus Express - "Next Stop Venus"!
Die ESA, die in diesem Jahr ihren 30. Geburtstag feiert, setzt mit der anspruchsvollen Venus-Mission den Reigen interplanetarer Erkundungen fort. Seit dem 25. Dezember 2003 umrundet Europas erste Planetensonde, Mars Express, den Roten Planeten und liefert atemberaubende 3D-Bilder sowie Messergebnisse von einem im Umbruch befindlichen Planeten.
Auch unser Erdmond besitzt seit November 2004 einen Kunstmondpionier aus Europa: SMART 1, eine Hightechsonde mit Ionentriebwerk, die das Erde-Mond-System erforscht.
Unvergessen bleibt aber der 14. Januar 2005. An diesem Tag verbuchte Europas Raumfahrt den größten Erfolg. Mit der gelungenen Landung der Huygens-Sonde auf dem Saturnmond Titan ist erstmals in der Geschichte der Raumfahrt ein Körper des äußeren Sonnensystems vor Ort erforscht worden. Mit diesen Erfolgen hat sich die ESA – trotz weiterhin bescheidener Jahresbudgets – vom Juniorpartner der Supermächte zur anerkannten dritten Raumfahrtmacht emporgearbeitet.
Nunmehr steht die nächste spektakuläre ESA-Premiere an: Venus Express mit seinen sieben Instrumenten ist Europas erster Besucher bei dem wolkenverhangenen Nachbarn. Die weltweite Forschergemeinde will eines der größten Geheimnisse entschlüsseln: Warum hat der Planet Venus, der im Hinblick auf Größe, Masse und Zusammensetzung der Erde so sehr ähnelt, seit der Entstehung des Sonnensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren eine so unterschiedliche Entwicklung vollzogen? Wie wurde die Venus zur brütenden Klimahölle? Droht der Erde ein ähnliches Schicksal?
Im folgenden Venus-Special werden weitere interessante Details und spannende Hintergrundinformationen zur Venusforschung und die aktuelle Venus-Express-Mission beschrieben:
- Venus: Zwillingsplanet der Erde
- Interplanetarer "Striptease": Enthüllung einer Göttin
- Im Visier: Die rastlose Gashülle der Venus
- Neues ESA-Konzept: Technologie-Recycling
- Dokumentation: Die Raumsonde Venus Express
- Sieben auf einen Streich: Europas Forschungspaket
- Das Nervenzentrum: Europas Satellitenkontrollzentrum ESOC