EGNOS Navigationssystem ab sofort im Dienst der europäischen Luftfahrt
Wie am 2. März offiziell verkündet, kann das EGNOS-Signal nun zum Sicherheitskritischen Dienst (Safety-of-Life Service, SoL) von der Luftfahrt genutzt werden. Zum ersten Mal können Navigationssignale aus dem Weltraum offiziell zur kritischen, senkrechten Führung einer Maschine bei Landeanflügen genutzt werden.
Der Europäische Geostationäre Navigationsüberlagerungsdienst (EGNOS) erhöht die Genauigkeit von Signalen des amerikanischen Satellitennavigationssystems GPS in Europa mit Hilfe dreier Satelliten und eines Netzwerks von vierzig Bodenstationen. Eines der europäischen Master-Kontrollzentren von EGNOS befindet sich bei der Deutschen Flugsicherung (DFS) im hessischen Langen.
Die Signale sind höchst verlässlich und entsprechen den Standards der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO), die von Eurocontrol, der Europäischen Organisation zur Sicherung der Luftfahrt, angepasst wurden.
Der EGNOS Open Service wurde im Oktober 2009 gestartet. Seither können die Navigationssignale in Fällen, bei denen keine Menschenleben gefährdet sind, verwendet werden, wie z.B. zur persönlichen Navigation, zur Güterortung und -verfolgung oder bei der Präzisionslandwirtschaft.
EGNOS einsatzfähig
Der Einsatz des EGNOS Safety-of-Life Service wurde einem anspruchsvollen Zertifizierungs- und Verifizierungsverfahren unterzogen. Am 2. März ist es als einsatzfähig erklärt worden und kann nun in der europäischen Luftfahrt Anwendung finden.
„Wir sind sehr stolz auf die großen Anstrengungen mit denen die ESA an EGNOS arbeitet und freuen uns sehr, dass EGNOS nun zum Zweck, zu dem es ursprünglich entworfen worden war, genutzt werden kann”, erzählt Philippe Michel, Leiter des EGNOS Projektteams bei der ESA.
„Mit EGNOS wird die Orientierung per Satellitennavigation erstmalig sowohl im vertikalen als auch im horizontalen Bereich verfügbar gemacht”, erklärt Francisco Salabert von Eurocontrol.
Reduzierung der Flugverspätungen
EGNOS liefert der Luftfahrtindustrie die nötigen Mittel um auch auf kleineren Flughäfen, wo ein herkömmliches Präzisionslandesystem heute nicht rentabel ist, vertikale Landeanflüge durchführen zu können.
„Sein Einsatz wird Flugverspätungen, -umleitungen und -stornierungen reduzieren und gleichzeitig die Sicherheit der Passagiere verbessern.”
Um EGNOS bei Landeanflügen zu nutzen, müssen die Flugsicherungsorganisationen Prozeduren zur Nutzung der Start- und Landebahnen veröffentlichen. Außerdem müssen die Luftfahrzeuge und ihre Betreiber mit zertifizierten Empfängern ausgerüstet und für den Betrieb zugelassen sein.
„Eurocontrol koordiniert die Einführung von EGNOS in ganz Europa”, fügt H. Salabert hinzu. „Verschiedene Flughäfen und Heliports haben bereits ihre Prozeduren zur Nutzung der Start- und Landebahnen erstellt und weitere sind in Bearbeitung.”
„Was die Fluggesellschaften betrifft, fördern wir die „EGNOS Pioniere“, also jene Gesellschaften, die die Innovation am schnellsten in ihr Konzept einbeziehen.”
Das Gegenstück zu EGNOS auf US-amerikanischer Seite, ‘WAAS’ (Wide Area Augmentation System), ist seit sechs Jahren in Betrieb und wird derzeit von über 40 000 Luftfahrzeugen genutzt. Über 2000 Prozeduren sind in diesem Zusammenhang bereits veröffentlicht worden.
EGNOS wird seit ca. 15 Jahren auf der Grundlage einer trilateralen Vereinbarung zwischen der Europäischen Kommission, der Europäischen Organisation zur Sicherung der Luftfahrt Eurocontrol und der Europäischen Weltraumorganisation ESA entwickelt.
EGNOS: Organisatorische Struktur
ESA, als Programmleiter in der Anfangsphase, hat das System entworfen, qualifiziert und von einem Konsortium erworben, das von Thales Alenia Space France geleitet wird. Die gesamte Programmleitung wurde 2009 der Europäischen Kommission übertragen. Die laufende Arbeit des Systems wird vom in Toulouse ansässigen European Satellite Service Provider (ESSP) überwacht.
Die große Herausforderung beim Einsatz von EGNOS SoL war den strengen Sicherheitsanforderungen der Luftfahrtindustrie gerecht zu werden, die von Eurocontrol festgelegt sind.
ESA hat einen großen Teil der technischen Dokumentation produziert, die für die offizielle Sicherheitszertifizierung nötig ist, während Eurocontrol die unabhängige Überwachung der Leistung von EGNOS übernahm.
Das System-Endprodukt verfügt über eine ausgezeichnete Integrität. Es wird gewährleistet, dass das EGNOS-Signal stets eine höchste Präzision aufweist, sodass die Fehlerwahrscheinlichkeit bei nur 1:10 Mio. liegt.
Sollte diese Zuverlässigkeit unterhalb des angestrebten Genauigkeits-grads fallen, werden die Nutzer innerhalb von sechs Sekunden alarmiert.
Die ESA agiert zur Zeit im Auftrag der Europäischen Kommission als Bevollmächtigte in Sachen Beschaffungswesen sowie für die Ausführung aller bedeutenden EGNOS Systemänderungen im Laufe der gesamten Betriebszeit des Systems. Außerdem ebnet sie den Weg für das EGNOS der nächsten Generation, das um 2020 starten soll.