Globale Brandatlanten jetzt nahezu in Echtzeit online verfügbar
Seit nunmehr einem Jahrzehnt wachen ESA-Satelliten pausenlos über Flächenbrände auf dem gesamten Erdball. Auf ihren Daten beruhende globale Brandatlanten stehen den Benutzern nun in Form des „ATSR World Fire Atlas“ der ESA nahezu in Echtzeit online zur Verfügung.
Der ATSR World Fire Atlas (WFA), der erste mehrjährige, globale Feueratlas überhaupt, liefert Informationen ungefähr sechs Stunden nach ihrer Erfassung. Angesichts des beträchtlichen Beitrags von Bränden an der Veränderung unserer Umwelt stellt der Atlas eine bedeutende wissenschaftliche Ressource dar.
„Der Atlas ist eine ausgezeichnete Ressource, die uns einen bisher nicht möglichen Blick auf die Welt erlaubt und der es Umweltwissenschaftlern mit Sicherheit ermöglicht, sowohl alte als auch neue Fragen bezüglich der Rolle von Bränden bei der Strukturierung der natürlichen Welt anzugehen“, so Matt Fitzpatrick am Department of Ecology & Evolutionary Biology der Universität von Tennessee.
Über 50 Millionen Hektar Wald fallen jährlich Bränden zum Opfer. Diese Brände haben einen bedeutenden Einfluss auf die globale Verschmutzung der Atmosphäre, und durch die Verbrennung der Biomasse nimmt das weltweite Vorkommen von Treibhausgasen wie beispielsweise Kohlendioxid stetig zu. Im Verlauf der vergangenen zehn Jahre ist der Forschung die Wichtigkeit einer Überwachung dieses Zyklus bewusst geworden. So werden die WFA-Daten derzeit auch hauptsächlich im Rahmen atmosphärischer Untersuchungen abgerufen.
Die Quantifizierung von Bränden ist wichtig für die laufende Erforschung der Klimaveränderung. Beispielsweise unterstützte im Jahr 1998 El Niño die Ausbreitung von Bränden in ganz Borneo, die zu einer Abgabe von rund 2,5 Mrd. Tonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre führten. Dies entspricht der Kohlenstoffemission ganz Europas in jenem Jahr.
Über 200 WFA-Benutzer sind bislang registriert. Die Daten werden in Europa, Asien, Nordamerika, Südamerika, Afrika und Australien für die Forschungsarbeit zur Atmosphärenchemie, Änderung der Landnutzung und globalen Umweltveränderung sowie in Brandschutz und -bekämpfung und in der Meteorologie genutzt.
In wissenschaftlichen Publikationen haben sich unter anderen die Harvard University, die University of Toronto, das National Centre for Atmosphere sowie die NASA auf diese Daten bezogen. Bereits mehr als 100 wissenschaftliche Veröffentlichungen basieren auf WFA-Daten.
Mit dem Kartenmaterial erhalten die Benutzer Uhrzeit- und Datumsangaben sowie die Längen- und Breitengrade der Hotspots. Die Datenbank enthält Informationen seit 1995 bis heute, wobei die vollständige jährliche Datenerfassung im Jahr 1997 begann.
Die WFA-Daten beruhen auf Ergebnissen des Instruments ATSR (Along Track Scanning Radiometer) an Bord des ESA-Satelliten ERS-2 (Start 1995) und des AATSR (Advanced Along Track Scanning Radiometer) auf dem ESA-Satelliten Envisat (Start 2002).
Die zwei Radiometersensoren fungieren als Thermometer im Himmel. Sie messen die thermische Infrarotstrahlung, die Auskunft über die Temperatur der Landflächen der Erde gibt. Brände lassen sich am besten bei Nacht (im Zielgebiet) erkennen, wenn die umliegenden Landflächen abgekühlt sind. Temperaturen über 38,85 °C (312º K) werden von ATSR/AATSR als aktive Brände klassifiziert. Aufgrund ihrer hohen Temperatur lässt sich mithilfe dieser Sensoren selbst ein kleines Gasfeuer in einer Industrieanlage erkennen.
Der WFA ist ein internes und ein Data User Programme (DUP)-Projekt.