Biografie von Gerhard Thiele
Gerhard Thiele war von 1998 bis 2005 Mitglied des ESA-Astronautenkorps und nahm als Missionsspezialist vom 11. bis zum 22. Februar 2000 an der Shuttle-Radar-Topographie-Mission SRTM teil. Er war damit der zehnte Deutsche im All. Derzeit ist er Resident Fellow des Europäischen Instituts für Weltraumpolitik ESPI in Wien.
Gerhard Thieles Weg führte als Astronaut über die in den 1990er Jahren bestehende deutsche Astronautengruppe zur Astronautenabteilung der ESA.
Laufbahn im deutschen Raumfahrerkorps
Am 3. August 1987 wurde er als künftiger Wissenschaftsastronaut in das deutsche Raumfahrerkorps aufgenommen. 1988 begann dann bei der damaligen Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR, heute: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt – DLR) in Köln seine Ausbildung.
Am 22. Oktober 1992 erfolgte Thieles Berufung zum D2-Ersatzmann als Nutzlastspezialist. Die D2-Mission fand vom 26. April bis zum 6. Mai 1993 im Rahmen des Space Shuttle-Unternehmens STS-55 statt.
Im Anschluss an die D2-Mission blieb er beim DLR und übernahm ab Herbst 1995 die Leitung des Kölner Astronautentrainingszentrums. Am 12. August 1996 wurde er von der damaligen Deutschen Agentur für Raumfahrtangelegenheiten (DARA) an das Johnson Space Center der NASA nach Houston in die USA delegiert und absolvierte eine zweijährige Ausbildung zum Missionsspezialisten.
Karriere als ESA-Astronaut
Nach der Auflösung des deutschen Raumfahrerteams wurde Gerhard Thiele am 1. August 1998 in das Astronautenkorps der Europäischen Weltraumorganisation ESA integriert. Am 26. Oktober des gleichen Jahres erfolgte seine Nominierung als Missionsspezialist für den Space-Shuttle-Flug STS-99, die Shuttle-Radar-Topographie-Mission SRTM. Die Mission wurde vom 11. bis zum 22. Februar 2000 mit der Raumfähre Endeavour durchgeführt.
Danach wurde er als erster europäischer Astronaut von der NASA als Shuttle Capsule Communicator (CapCom) eingesetzt und war für den Funkverkehr zwischen der Bodenstation und den Astronauten an Bord des Space Shuttle bei mehreren Flügen zuständig.
Im August 2001 kehrte Thiele zum ESA-Astronautenzentrum in Köln zurück und übernahm Astronaut Operations Unit der Astronautenabteilung.
Nachdem ihm die ESA im Januar 2003 als Ersatz-Bordingenieur für ihre ISS- Mission DELTA nominiert hatte, bereitete er sich zusammen mit dem Niederländer Andre Kuipers im Kosmonautenausbildungszentrum des Sternenstädtchens bei Moskau auf diesen Einsatz vor. Von Mai 2003 bis April 2004 wurde er dort zum Sojus-Bordingenieur ausgebildet. Der Flug fand vom 19. bis 30. April 2004 statt und Thiele unterstützte Kuipers vom Start mit dem Raumschiff Sojus TMA-4 bis zur Landung mit Sojus TMA-3 vom Boden aus.
Im August 2005 ließ er seinen aktiven Flugdienst ruhen und wurde Leiter des Europäischen Astronautenteams. Diesen Posten füllte er bis zum März 2010 aus. Dann nahm er eine Stellung als Resident Fellow am Europäischen Institut für Weltraumpolitik (European Space Policy Institute ESPI) in Wien an und war dort für die Arbeitsgebiete „Europäische Autonomie im Weltraum“ und „Exploration“ zuständig.
Seit 2013 ist er bei der ESA Leiter des „Strategic Planning and Outreach Office“ im Bereich bemannte Raumfahrt und Flugbetrieb.
Persönlicher Werdegang
Gerhard Paul Julius Thiele wurde am 2. September 1953 in Heidenheim-Brenz, Baden-Württemberg, geboren. 1972 legte er am Friedrich-Schiller Gymnasium in Ludwigsburg sein Abitur ab. Danach ging er für vier Jahre zur Bundeswehr und versah dort seinen Militärdienst unter anderem auf einem Schnellboot der Bundesmarine.
Thiele studierte von 1976 bis 1982 Physik und Astronomie in München und Heidelberg. Anschließend wurde er Forschungsassistent am Heidelberger Institut für Umweltphysik, wo er 1985 auch promovierte.
Ab 1985 forschte Gerhard Thiele zwei Jahre lang an der Universität Princeton in den USA über die Zirkulation der Ozeane.
Er ist verheiratet und hat vier Kinder.