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Startkomplexe des Kosmodroms Plessezk
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Plessezk: Russlands Kosmodrom am Polarkreis

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ESA / Space in Member States / Germany

Das Kosmodrom Plessezk liegt im hohen Norden Russlands. 800 Kilometer nördlich von Moskau und 180 Kilometer südlich der Gebietshauptstadt Archangelsk am Polarkreis. Die Startkomplexe befinden sich inmitten dichter Nadelwälder. Bis heute untersteht das Areal, das erst 1994 durch einen Jelzinschen Präsidentenerlass offiziell zum Kosmodrom ernannt wurde, dem russischen Verteidigungsministerium.

Plessezk war lange Zeit eine der geheimsten Raketenbasen der Sowjetunion. Anfang 1957, zehn Monate vor dem Start des ersten Sputniks der Welt, beschlossen die Militärs, im hohen Norden eine operative Raketenbasis – Deckname „Angara“ – zu errichten. Sie wollten für ihre mit Atombomben bestückten Interkontinentalraketen eine möglichst kurze Flugtrasse über den Nordpol in Richtung Nordamerika haben. Plessezk war hierzu ein idealer Standort.
Als offizielles Gründungsdatum gilt der 15. Juli 1957. Doch erst am 1. Januar 1960 wurde die erste Abschussrampe offiziell als „42. Kampf-Abschussstation“ der Strategischen Raketentruppen in Dienst gestellt. Mit der Vervollkommnung der Interkontinentalraketen entstanden immer wieder neue Abschussrampen sowie unterirdische Silos.

Am 17. März 1966 wurde von Plessezk der erste Satellit gestartet. Eine Wostok-Trägerrakete beförderte einen Zenit-2-Fotoaufklärungssatelliten unter dem Namen Kosmos 112 in eine subpolare Erdumlaufbahn. Die hohe Bahnneigung von 72 Grad fiel westlichen Beobachtern sofort ins Auge. Sie bestimmten den Startort im Gebiet Archangelsk am Polarkreis und nannten ihn nach der einzigen größeren Siedlung in diesem Gebiet – Plessezk. Erst 17 Jahre später, 1983, bestätigte die Sowjetunion offiziell die Existenz von Plessezk.

In den Folgejahren wurde Plessezk der meistgenutzte Raketenstartplatz der Sowjetunion. Innerhalb von 35 Jahren wurden mehr als 1500 Trägerraketen, 1900 Satelliten und 500 ballistische Militärraketen gestartet.

Trotzdem erhielt Plessezk erst 1994 durch Präsidentenerlass den offiziellen Status eines Kosmodroms. Die Bezeichnung lautet „Erstes Staatliches Raketenversuchsgelände Plessezk“. Im Gegensatz zu Baikonur untersteht Plessezk bis heute dem Verteidigungsministerium. Ein Teil des Geländes wird bis heute zur Erprobung der modernsten russischen Atomraketen genutzt.

Das Kosmodrom ist einige Dutzend Kilometer von der Stadt Mirny entfernt. Seine Längsausdehnung in West-Ost-Richtung beträgt 82 Kilometer, in Nord-Süd-Richtung 46 Kilometer. Über eine Fläche von 1762 km2 verteilen sich neun Startrampen, sieben Montagehallen, eine Sauerstoff-Stickstoff-Fabrik und zwei Betankungsstationen.

Nach der Wende ist die Zahl der Einsätze zunächst drastisch gesunken. Fehlende Gelder zwangen auch Plessezk, sich erstmals ausländischen Investoren zu öffnen. Auf diese Weise entstand das deutsch-russische Gemeinschaftsunternehmen Eurockot. In den letzten Jahren ist die Politik der Öffnung jedoch wieder zurückgefahren worden.
Die deutlich ausgeprägte Spezialisierung russischer Kosmodrome ist unter der Präsidentschaft von Wladimir Putin 2007 beschlossen worden. Danach soll Plessezk als wichtigstes Kosmodrom zum Start militärischer Nutzlasten und Test neuer militärischer Systeme weiter auf- und ausgebaut werden.

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