N° 10–2009: ESA geht Entstehung des Universums auf den Grund
14 May 2009
Mit dem Doppelstart des Infrarot-Weltraumteleskops Herschel und der Mission Planck zur Erforschung der kosmischen Hintergrundstrahlung der ESA an Bord einer Ariane-5 vom europäischen Raumflughafen in Französisch-Guayana hat die ESA heute Nachmittag zwei der bisher anspruchsvollsten Vorhaben zur Erforschung der Geheimnisse der dunkelsten, kältesten und ältesten Regionen des Universums erfolgreich auf den Weg gebracht.
Herschel ist mit dem größten Spiegel ausgestattet, der je ins All geschickt wurde und wird sich in erster Linie noch unerforschten Teilen des elektromagnetischen Spektrums widmen, um die Geburt von Sternen und Galaxien sowie Staubwolken und planetenbildenden Scheiben um Sterne zu untersuchen. Zudem ist Herschel das leistungsstärkste jemals entwickelte Werkzeug für die Suche nach Wasser im fernen Universum.
Planck wurde für die Erfassung winziger Schwankungen in der fossilen Strahlung des ersten, kurz nach dem Urknall im Universum emittierten Lichts entwickelt. Dank seiner Empfindlichkeit ist Planck in der Lage, bis zu den experimentellen Grenzen des Beobachtbaren vorzustoßen und somit einen Blick auf die Ursprünge des Universums zu werfen und dessen Bestandteile wie die schwer fassbare dunkle Materie und Energie zu erforschen, die Wissenschaftskreisen in aller Welt nach wie vor Rätsel aufgeben.
Auf dem Weg zu L2
Beide hochentwickelten Raumsonden wurden am heutigen Donnerstag, den 14. Mai 2009 um 15.12 Uhr MESZ vom europäischen Raumflughafen Kourou in Französisch-Guayana auf einer Trägerrakete des Typs Ariane-5 ECA gestartet. Knapp 26 Minuten später wurden sie mit einem Abstand von ca. zwei Minuten in eine Fluchtbahn eingebracht, auf der sie ihren Weg in Richtung eines virtuellen Punkts im All, dem Lagrange-Punkt L2, eigenständig fortsetzen. L2 befindet sich 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt in entgegengesetzter Richtung zur Sonne.
Herschel und Planck bewegen sich derzeit auf einer langgestreckten Umlaufbahn, auf der sie schließlich eine durchschnittliche Entfernung von etwa 1,5 Millionen Kilometer zur Erde erreichen werden. Seit dem Empfang der ersten Funksignale heute um 13:49 UTC (15:49 MESZ) befinden sich die beiden Satelliten unter der Kontrolle des Europäischen Raumflugkontrollzentrums (ESOC) der ESA in Darmstadt und arbeiten auf dem Weg zu ihrer endgültigen Umlaufbahn um L2 plangemäß. Die ersten Manöver zur Flugbahnkorrektur sind für morgen geplant.
Nach etwa zwei Monaten werden die beiden Satelliten von ihren unterschiedlichen Umlaufbahnen um L2 aus, auf dem ein gravitativer Gleichgewichtszustand zwischen Erde und Sonne herrscht, ihre wissenschaftlichen Beobachtungen aufnehmen. Frei von störenden Temperatur- und Strahlungseinflüssen, die sonst durch Sonne, Erde und Mond hervorgerufen werden, wird Herschel vorher ausgewählte Himmelskörper beobachten, während Planck eine kontinuierliche Durchmusterung des gesamten Himmels durchführen wird.
„Herschel ermöglicht die Weiterführung der mit ISO, dem in der zweiten Hälfte der 90er Jahre betriebenen ersten Infrarot-Weltraumobservatorium der ESA, geleisteten Pionierarbeit. Zudem stützen wir uns auf die bislang gewonnenen Erkenntnisse der internationalen Forscherkreise auf dem Gebiet der Infrarotastronomie”, so David Southwood, ESA-Direktor für Wissenschaft und robotische Exploration. „Heute verfügen wir über wesentlich fortschrittlichere Technologien. Zusammen mit unseren Partnern aus aller Welt sowie den Forscherkreisen, die lange auf diesen einzigartigen Moment gewartet haben, arbeiten wir mit aller Kraft daran, dass Herschel die in es gesetzten ehrgeizigen Erwartungen erfüllt und sind zuversichtlich, dass wir einen revolutionären Durchbruch bei der Beantwortung von dringenden Fragen der heutigen Weltraumwissenschaft erzielen werden.
Planck ist die erste ESA-Mission, die sich mit der Erforschung der Reststrahlung des Urknalls befasst und wurde entworfen, um die hervorragende Arbeit des russischen Satelliten Relikt sowie der NASA-Sonden COBE und WMAP der letzten 20 Jahre fortzuführen“, fuhr Professor Southwood fort. „Mit Planck stoßen wir an die Grenzen des theoretisch gerade noch Beobachtbaren. Das stellt uns vor eine enorme technische Herausforderung, aber wenn wir in unserem Verständnis der Entstehung und vielleicht sogar des künftigen Schicksals unseres Universums einen großen Schritt vorankommen, wird dies auch eine enorme Belohnung sein!“
„Dieser Doppelstart stellt für die Wissenschaftler, die diese Missionen ersonnen, die Ingenieure, die diese Satelliten entworfen, die Unternehmen, die sie gebaut und die ESA-Bediensteten, die all diese Anstrengungen koordiniert haben, die Krönung von über 20 Jahren harter Arbeit dar“, so ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain. „Diese phantastische Leistung wäre ohne das Engagement aller ESA-Mitgliedstaaten, die stets dafür gesorgt haben, dass die Weltraumwissenschaft im Zentrum unserer Arbeit steht, niemals möglich gewesen. Wir verfügen über ein herausragendes Wissenschaftsprogramm, das von Wissenschaftlern aus ganz Europa erarbeitet wurde und bei dem Innovation und neue Technologien zum Nutzen aller Bürger im Mittelpunkt stehen.
Herschel und Planck sind die aufwändigsten wissenschaftlichen Satelliten, die jemals in Europa gebaut wurden. Sie wurden von einem Industrieteam unter der Leitung von Thales Alenia Space France mit über 100 Auftragnehmern aus 15 europäischen Ländern und den USA entwickelt. Die Instrumente der beiden Satelliten sowie das Planck-Teleskop wurden von Konsortien europäischer Labors und Institute unter französischer, italienischer, niederländischer, britischer, deutscher und dänischer Führung bereitgestellt. Auch wissenschaftliche Einrichtungen anderer Länder wie die USA und Kanada leisteten einen wichtigen Beitrag. Herschel und Planck führen uns auf eine weite Reise zurück zu den Ursprüngen unseres Universums. Nur ein umfassenderes Verständnis der Vergangenheit unseres Universums ermöglicht uns einen besseren Ausblick auf die Zukunft unseres Planeten Erde – nicht als isolierter Himmelskörper, sondern als Bestandteil des ganzen Systems“, so Dordain abschließend.
Hinweise für die Redakteure
Herschel und Planck wurden im Rahmen eines gemeinsamen Ingenieurprogramms von einem Industrieteam unter der Leitung von Thales Alenia Space France entwickelt, das hauptsächlich von Astrium Deutschland, Astrium Toulouse und Thales Alenia Space Italia unterstützt wurde.
Die Instrumente von Herschel und Planck wurden mit nationalen Geldern von großen wissenschaftlichen und industriellen Konsortien aus aller Welt entworfen und gebaut. Führende Institute waren hierbei das SRON (Niederlande), das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (Deutschland), die Universität Cardiff (Vereinigtes Königreich), das Institut d’Astrophysique Spatiale (Frankreich) und das Istituto di Astrofisica Spaziale e Fisica Cosmica (Italien).
Finanziert wurden die Instrumente von Herschel und Planck durch folgende Einrichtungen: das SRON (Niederlande), das DLR (Deutschland), das CNES, das CNRS und das CEA (Frankreich), das DLR und die MPG (Deutschland), BELSPO/PRODEX (Belgien), die ASI (Italien), die NASA (USA), das Ministerio de Ciencia y Tecnologia und die spanische Raumfahrtagentur INTA (Spanien), das österreichische Ministerium für Wissenschaft und Forschung, der STFC (Vereinigtes Königreich), die CSA (Kanada), das Stockholm Observatory (Schweden), die National Astronomical Observatories (NAOC, China), die Tekes und das Millilab (Finnland) und viele mehr. Die Reflektoren des Planck-Teleskops wurden vom Danish Natural Science Research Council und von der ESA finanziert.
Für weitere Informationen über internationale Beiträge zu Herschel und Planck siehe http://www.esa.int/Herschel und http://www.esa.int/planck.
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