N° 22–2014: Letztes ATV mit Nachschub für die ISS erfolgreich gestartet
30 July 2014
Die fünfte und letzte Mission eines ATV der ESA wurde heute mit einem erfolgreichen Start von Europas Raumflughafen in Kourou in Französisch-Guayana aus eingeleitet. Das automatische Transferfahrzeug „Georges Lemaître”befindet sich nun auf seinem Flug zur Internationalen Raumstation ISS. Der unter Leitung der ESA gefertigte und gestartete Raumtransporter bildet einen Teil des europäischen Beitrags zur Deckung der Betriebskosten der Raumstation.
„Das ATV-Programm gehört zu den wohl erstaunlichsten jemals in Europa in Angriff genommenen Raumfahrt- und Industrievorhaben“, unterstrich ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain. „Die ESA konnte mit Unterstützung ihrer Mitgliedstaaten und der europäischen Industrie in regelmäßigen Abständen von etwa einem Jahr eine Reihe hochkomplexer Raumfahrzeuge starten. Das ATV ist auch sechs Jahre nach seinem ersten Flug ein einzigartiger Raumtransporter, der uns vor Augen führt, was die ESA gemeinsam mit der europäischen Industrie zur Zusammenarbeit und Innovation in Europa beitragen kann. Es ist dieser Erfolg, der die NASA dazu bewogen hat, für ihr künftiges Mannschaftstransportsystem auf das Versorgungsmodul des ATV zurückzugreifen.“
Das ATV-5, das nach dem belgischen Wissenschaftlicher und Begründer der Urknall-TheorieGeorges Lemaîtrebenannt ist, wurde am 29. Juli 20.47 Uhr Ortszeit bzw. 30. Juli 1.47 MESZ an Bord einer Ariane-5 ES gestartet. Nachdem es seine kreisförmige Umlaufbahn in 260 km Höhe über der Erde erreicht hatte, fuhr es seine Solarpaneele und die Antenne aus.
“Wir sind stolz darauf, auch den fünften erfolgreichen Start dieses wunderschönen Raumtransporters miterleben zu können“, freute sich Thomas Reiter, ESA-Direktor für bemannte Raumfahrt und Betrieb. „Das ATV-Abenteuer ist hiermit jedoch keineswegs zu Ende. Seine Technologien und das mit ihm gewonnene Know-how werden bereits ab 2017 wieder im Weltraum zum Einsatz kommen, nämlich beim europäischen Versorgungsmodul für das NASA-Raumfahrzeug Orion, womit die nächste Etappe der Exploration des Weltraums eingeleitet wird.“
Die allererste Phase der Einsatzerprobung des ATV wird ca. 10 Stunden nach dem Start beendet sein. Anschließend werden etwa zwei Wochen lang die Geräte getestet und Experimente durchgeführt.
Auf dem Flug zur ISS sind auch einige Umrundungen der Raumstation vorgesehen, um den Laserinfrarotbildsensor LIRIS zu testen, der die Grundlage für künftige Lenkungs-, Navigations- und Steuerungssysteme für Anflüge an Ziele ohne passenden Andockstutzen oder Weltraummüll bilden könnte. Während dieser Umkreisungen werden die Infrarotkameras von LIRIS aus einer Entfernung von ungefähr 30 km auf das orbitale Labor ausgerichtet sein, bevor im Nahanflugbereich ab einer Entfernung von etwa 3,5 km sowohl die Kameras als auch der Lasersensor aktiviert werden, um ein virtuelles 3D-Modell der Raumstation zu erstellen, dessen Daten auf Geräten im Frachtraum des ATV gespeichert werden, damit sie anschließend heruntergeladen und analysiert werden können.
Andocken wird das ATV-5 schließlich am 12. August. Es wird etwa sechs Monate lang mit der ISS verbunden bleiben, bevor es mit Stationsmüll beladen wieder abgetrennt und bei seinem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühen wird.
Der Betrieb vonGeorges Lemaîtrewird vom ATV-Kontrollzentrum in Toulouse aus überwacht, das gemeinsam von der ESA und der französischen Raumfahrtagentur CNES unterhalten wird.
Die 6602 kg Fracht an Bord des ATV-5 umfassen 2681 kg Trockenfracht und 3921 kg an Wasser, Treibstoff und Gasen. Zur Fracht gehört auch komplexes wissenschaftliches Gerät, wie der Hightech-Schmelzofen EML (elektromagnetischer Levitator), mit dem Experimente zur Verbesserung industrieller Gussverfahren durchgeführt werden sollen. Der EML ermöglicht feinere Metallgüsse und präzisere Messungen, als dies bei denselben Verfahren auf der Erde der Fall sein würde, bei denen die Ergebnisse durch die Gravitation beeinflusst werden. An Bord des ATV befindet sich ferner ein komplexer Joystick, mit dem die Rückwirkung von Kräften in schwereloser Umgebung getestet werden soll, womit die Fernsteuerung von Robotern im Orbit erheblich verbessert werden könnte.
Die ATV-Mission sieht jedoch noch eine weitere Pionierleistung vor: Ein Gesteinsbrocken des Campo-del-Cielo-Meteoriten, der vor mehr als 4000 Jahren auf die Erde gestürzt war, wird an Bord vonGeorges Lemaîtrewieder in den Weltraum gebracht und anschließend ein zweites Mal in die Erdatmosphäre eintreten, wobei er dieses Mal jedoch endgültig verglühen wird.
Der Anflug des ATV wird vom ESA-Astronauten Alexander Gerst überwacht, der seit dem 29. Mai auf der Internationalen Raumstation arbeitet. Während seiner sechsmonatigen Mission wird Gerst mehr als 70 Experimente durchführen und außerdem den EML installieren.
Weitere Informationen zur Mission
ESA TV
ESA TV stellt gemeinsam mit Arianespace Fernsehsendern kostenlos einen Live-Videostream des Starts zur Verfügung (http://esatv.esa.int/Television).
Darüber hinaus wurden mehrere Filmbeiträge über das ATV im Allgemeinen und Georges Lemaître im Besonderen vorbereitet. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter http://esatv.esa.int/Videos_for_Professionals.
ESA-Portal
Die Live-Aufnahme des Starts über Videostreaming und aktuelle Beiträge hierzu können auf www.esa.int abgerufen werden.
Bildmaterial:
Die neuesten hochauflösenden Aufnahmen finden Sie in der
– Multimediagalerie: http://spaceinimages.esa.int/Images
– ESA-Fotodatenbank für professionelle Zwecke:
http://www.esa-photolibrary.com.
Anfragen der Medien zu Bildmaterial können an folgende E-Mail-Adresse gesendet werden: spaceinimages@esa.int.
Soziale Netzwerke:
Verfolgen Sie die ATV-5-Missionüber:
– die Twitter-Kanäle @ESA, @ESAOperations und den Hashtag #ATV5
– den ATV-Blog der ESA: http://blogs.esa.int/atv/
– Flickr mit dem Album zur Startkampagne für das ATV-5: https://flic.kr/s/aHsjLJMWSV
Updates gibt es außerdem auf:
– Facebook: https://www.facebook.com/EuropeanSpaceAgency
– Google+: https://plus.google.com/+EuropeanSpaceAgency/
– Youtube: https://www.youtube.com/ESA
Allgemeine Informationen zum ATV
Das automatische Transferfahrzeug (ATV) ist ein von der ESA entwickelter unbemannter Mehrzweckraumtransporter, der die Versorgung der internationalen Raumstation ISS und die Aufrechterhaltung der vollen Arbeitskapazität, d. h. einer ständigen ISS-Besatzung von sechs Mannschaftsmitgliedern, ermöglicht. Die mit der europäischen Trägerrakete Ariane-5 gestarteten Raumfahrzeuge können jeweils bis zu 7 Tonnen Fracht zu dem orbitalen Außenposten bringen, wozu Versorgungsgüter, Gerät, Treibstoff, Wasser, Luft, Stickstoff und Sauerstoff gehören.
Das ATV versorgt die Raumstation mit Treibstoff, übernimmt Lageregelungsfunktionen und hebt erforderlichenfalls die Flugbahn der ISS wieder an, um ihrem durch die Restatmosphäre verursachten allmählichen Absinken entgegenzuwirken. Es kann sogar zur Vermeidung von Kollisionen mit Raumfahrtschrott beitragen, indem es die Station auf ungefährlichere Bahnen lenkt.
Das an der ISS angedockte ATV fungiert mit seinem Stau- und Arbeitsraum außerdem als zusätzliches Stationsmodul. Nachdem es in der Regel nach sechs Monaten wieder von der Station abgetrennt wird, verglüht es mit Stationsmüll beladen gefahrlos bei seinem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Dieser kontrollierte Absturz findet hoch über dem menschenleeren Südpazifik statt, um Gefahren durch herabstürzende Trümmerteile auszuschließen.
Das ATV verfügt von allen Versorgungsfahrzeugen der ISS über die größte Frachtkapazität. Es ist das bisher komplexeste in Europa gebaute Raumfahrzeug und vereint die Fähigkeit für vollautomatische Anflugmanöver mit fortschrittlicher Technik zur Gewährleistung der menschlichen Sicherheit am Boden wie im Orbit.
Die ESA hat über Tauschvereinbarungen zum Ausgleich für ihre Nutzung der Raumstation und ihrer Einrichtungen insgesamt fünf ATV-Versorgungsfahrzeuge zur Verfügung gestellt, die einen Teil des Beitrags der ESA zum Aufbau und Betrieb der ISS im Rahmen einer Zusammenarbeit mit internationalen Partnern darstellen.
Damit das technische Know-how auch nach diesem letzten ATV-Flug bestehen bleibt, hat sich die ESA im November 2012 bereiterklärt, für Orion, das Mehrzweck-Mannschaftsfahrzeug (MPCV) der NASA, ein auf dem ATV basierendes Versorgungsmodul zu entwickeln. Für Orion sollen mindestens zwei Module, eines 2017, ein weiteres 2021, ausgeliefert werden.
Hauptauftragnehmer für das ATV ist Airbus, während Thales Alenia Space Italien den integrierten Frachtraum liefert. An dem Programm nehmen mehr als drei Dutzend Unternehmen aus 10 europäischen Ländern, Russland und den USA teil. Die Zahl der in der ESA und der Industrie eingebundenen Personen beläuft sich auf etwa 2000.
Weitere ausführliche Informationen zum ATV erhalten Sie unter http://www.esa.int/Our_Activities/Human_Spaceflight/ATV.
Über die ESA
Die Europäische Weltraumorganisation (ESA), Europas Tor zum Weltraum, ist eine 1975 gegründete zwischenstaatliche Organisation, deren Aufgabe darin besteht, europäische Raumfahrtkapazitäten zu entwickeln und sicherzustellen, dass die Investitionen in die Raumfahrt den Bürgern in Europa und anderswo zugutekommen.
Die ESA hat 20 Mitgliedstaaten: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Spanien, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Davon sind 18 auch Mitgliedstaaten der EU.
Im Rahmen von Kooperationsabkommen unterhält die ESA Beziehungen zu acht anderen EU-Mitgliedstaaten. Auch Kanada nimmt im Rahmen eines Kooperationsabkommens an bestimmten ESA-Programmen teil.
Darüber hinaus arbeitet die ESA mit der EU zusammen, um die Programme Galileo und Copernicus zu verwirklichen.
Dank der Koordinierung der Finanzressourcen und Kompetenzen ihrer Mitgliedstaaten kann die ESA Programme und Tätigkeiten durchführen, die weit über die Möglichkeiten eines einzelnen europäischen Landes hinausgehen.
Die ESA entwickelt Raumfahrzeugträger, Satelliten und Bodenanlagen, um sicherzustellen, dass Europa bei Raumfahrtvorhaben weltweit an der Spitze bleibt.
Sie startet Erdbeobachtungs-, Navigations-, Telekommunikations- und Astronomiesatelliten, schickt Raumsonden in entlegene Regionen des Sonnensystems und beteiligt sich an der bemannten Exploration des Weltraums.
For further information:
ESA-Referat Medienbeziehungen
Email: media@esa.int
Tel: +33 (0)1 53 69 72 99