N° 25–2008: Modernster Navigationssatellit der ESA in der Nacht gestartet
27 April 2008
In der vergangenen Nacht wurde mit dem Start des zweiten ESA-Satelliten zur orbitalen Validierung von Galileo (GIOVE) ein weiterer Schritt in Richtung Verwirklichung von Europas Satellitennavigationssystem vollbracht.
GIOVE-B, der die präziseste Atomuhr mitführt, die je in den Weltraum gestartet wurde, hob heute Morgen um 04.16 Uhr Ortszeit (00.16 Uhr MESZ) an Bord eines von Starsem betriebenen Sojus/Fregat-Trägers vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan ab und wurde zunächst in eine mittlere Erdumlaufbahn befördert. Anschließend kam die Fregat-Oberstufe zum Einsatz: Nach einer Reihe von Manövern gelangte sie schließlich auf eine kreisförmige Umlaufbahn in rund 23 200 km Höhe mit einer Neigung von 56° zum Äquator, auf der sie rund 3 Stunden und 45 Minuten nach dem Start den Satelliten sicher aussetzte. Die beiden Solarzellenflügel, die GIOVE-B mit Strom versorgen, entfalteten sich korrekt und erreichten ihre volle Einsatzfähigkeit um 05.28 Uhr MESZ.
Der 500 kg schwere Satellit wurde von einem europäischen Industriekonsortium unter der Leitung der Astrium GmbH gebaut; für die Integration und die Erprobung in Rom war Thales Alenia Space verantwortlich. Zwei Jahre nach Beginn der überaus erfolgreichen GIOVE-A-Mission wird dieser neue Satellit die Demonstration kritischer Technologien für die Navigationsnutzlast der künftigen operationellen Galileo-Satelliten fortsetzen.
Drei hochpräzise Weltraumuhren an Bord
Wie sein Vorgänger führt auch GIOVE-B zwei kleine Rubidium-Atomuhren mit einer Stabilität von 10 Nanosekunden pro Tag als Reserve mit. Noch genauer ist allerdings sein passiver Wasserstoff-Maser (PHM), der es auf eine Stabilität von unter 1 Nanosekunde pro Tag bringt. Mit GIOVE-B wurde erstmals eine Atomuhr dieses Typs in den Weltraum gestartet; damit befindet sich nun die bislang präziseste Weltraumuhr in der Umlaufbahn. Jeder operationelle Galileo-Satellit wird zwei PHM als Primäruhren und zwei Rubidium-Uhren als Reserve an Bord haben.
GIOVE-B führt ferner eine Nutzlast zur Strahlungsüberwachung, die die Weltraumumgebung in der Höhe untersuchen soll, in der die Galileo-Konstellation zum Einsatz kommen wird, und einen Laser-Retroreflektor für hochgenaue Positionsbestimmungen mittels Laserstrahlen mit.
Die von Signalerzeugungseinheiten hervorgebrachten repräsentativen Galileo-Signale werden auf drei verschiedenen Frequenzen über eine phasengesteuerte Gruppenantenne im L-Band ausgestrahlt, die den gesamten unter dem Satelliten sichtbaren Teil der Erde abdecken soll.
GIOVE-B ist nun unter der Kontrolle des Satellitenbetriebszentrums von Telespazio in Fucino, Italien, und die Überprüfung des Satelliten im Orbit hat begonnen.
Abschließende Demonstration vor Galileo
Neben seiner Technologiedemonstrationsmission wird GIOVE-B auch die Aufgabe von GIOVE-A übernehmen, die Frequenzen für Galileo zu sichern, da der im Dezember 2005 gestartete erste Galileo-Demonstrationssatellit langsam das Ende seiner Einsatzdauer erreicht.
Der nächste Schritt nach GIOVE-B wird der Start von vier operationellen Satelliten zur Validierung des Galileo-Weltraum- und des zugehörigen Bodensegments spätestens 2010 sein. Sobald diese Phase der orbitalen Validierung (IOV) abgeschlossen ist, werden die verbleibenden Satelliten gestartet und auf ihre Einsatzbahn gebracht, um die volle Betriebsbereitschaft (FOC) von 30 identischen Satelliten herzustellen.
„Mit dem Start von GIOVE-B stehen wir vor dem Abschluss der Demonstrationsphase für Galileo“, sagte ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain in Fucino, als er den Teams der ESA und der Industrie gratulierte. „Die enge Zusammenarbeit zwischen der ESA und der Europäischen Kommission war ausschlaggebend für unsere Fortschritte in dem schwierigen Umfeld der letzten Jahre. Trotz dieser Schwierigkeiten ist Galileo mit zwei Satelliten in der Umlaufbahn, erheblichen Fortschritten bei den nächsten vier (sie befinden sich bereits in der Konstruktionsphase) und einem voll qualifizierten EGNOS-Dienst* bereits Realität - alles im Dienste der Bürger in Europa und rund um die Welt. Die ESA wird in Kürze die Beschaffungen für die Gesamtkonstellation nach der IOV unter der Verantwortung der Europäischen Kommission einleiten.“
Mit Galileo erhält Europa sein eigenes globales Satellitennavigationssystem, dass unter ziviler Kontrolle steht und einen hochgenauen, garantierten globalen Ortungsdienst anbieten wird. Es wird mit den beiden anderen bestehenden weltweiten Satellitennavigationssystemen, dem Global Positioning System (GPS) der USA und dem russischen System GLONASS, verbundfähig sein. Galileo wird mit bis dato einzigartiger Integrität in Echtzeit Ortungssignale mit einer Genauigkeit von 1 Meter senden.
Für Galileo sind zahlreiche Anwendungen geplant, darunter die Ortung und hieraus abgeleitete Mehrwertdienste für den Straßen-, Schienen-, Luft- und Seetransport, die Fischerei und die Landwirtschaft, die Ölförderung, den Zivilschutz, das Bauwesen, öffentliche Bauarbeiten und die Telekommunikation.
* Hinweis für Redakteure: Der Europäische Geostationäre Navigationsüberlagerungsdienst (EGNOS) ist ein Gemeinschaftsprogramm der Europäischen Weltraumorganisation, der Europäischen Kommission und von Eurocontrol. Er umfasst ein Netz von mehr als vierzig Anlagen in ganz Europa, die Daten des amerikanischen GPS erfassen, speichern, berichtigen und verbessern. Die geänderten Signale werden anschließend über geostationäre Satelliten an die Nutzerterminals gesandt, was zu einer Ortungsgenauigkeit von unter 2 Metern führt, verglichen mit der ursprünglichen GPS-Genauigkeit von 15 bis 20 Metern. Außerdem bietet EGNOS im Gegensatz zum GPS eine Signalqualitätsgarantie.
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