Treibhaus im Weltraum: Nahrung im Weltraum (Teil 1)
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Mit dem Aufbruch dreier weiterer Astronauten vom kasachischen Baikonur zur Internationalen Raumstation hat die ESA-Mission MagISStra begonnen.
Die ISS ist ein beeindruckendes Raumschiff, das in 400 Kilometern Höhe 16 Mal täglich mit einer Geschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde um die Erde kreist.
Während der nächsten Tage und sogar Monate leben, arbeiten und schlafen die Astronauten an Bord der Raumstation, in der alles ganz anders ist als die Umgebung, die wir Menschen auf der Erde gewöhnt sind. So müssen beispielsweise alle Gegenstände befestigt oder angebunden werden. Ansonsten würden sie wegen der im All herrschenden Schwerelosigkeit unkontrolliert herumschweben.
Sämtliche Lebensmittel und das Wasser, das die Astronauten brauchen, müssen zur ISS transportiert werden. Was zur Versorgung der Besatzung auf diesem relativ beengten Raum erforderlich ist, wird von der Erde aus geliefert.
Die Astronauten müssen ihre Mahlzeiten sorgfältig planen, damit sie alle benötigten Nährstoffe zu sich nehmen, und sie müssen Sport treiben, um Bord der Raumstation gesund zu bleiben.
Frachtraumschiffe wie das l’ATV, HTV und Progress befördern Lebensmittel und Wasser zur ISS.
Die Astronauten arbeiten auf der ISS und kümmern sich um ihre Wartung. Sie führen viele wissenschaftliche Experimente durch, die der Menschheit im medizinischen und technischen Bereich zugutekommen. In der Schwerelosigkeit können Experimente ohne die Einwirkung der Schwerkraft durchgeführt und damit verglichen werden, was auf der Erde geschieht.
Bevor wir uns einen ganz besonderen Versuch zum Wachstum von Pflanzen an Bord der ISS anschauen, wollen wir festhalten, weshalb Pflanzen so wichtig für uns sind.
Teil A: Bedeutung der Pflanzen
Pflanzen sind mehrzellige Lebewesen. Sie wachsen, haben Ausscheidungen, atmen, pflanzen sich fort und reagieren auf äußere Reize.
Sie sind unsere Hauptnahrungsquelle und ohne sie gäbe es weder Menschen noch Tiere. Kannst du dir vorstellen, weshalb?
Denke an Nahrungsketten und Nahrungsnetze, die im Unterricht durchgenommen wurden.
Was steht am Anfang jeder Nahrungskette? Zeichne einige Nahrungsketten und -netze auf, die so komplex sein können, wie du möchtest. Daraus wird die lebenswichtige Rolle von Pflanzen deutlich. Am Anfang jeder Nahrungskette stehen Organismen, die in der Lage sind, ihre Nahrung selbst zu produzieren (Pflanzen und chemotrophe Lebewesen).
Auf der Erde haben wir alle für das Leben notwendigen Zutaten: Luft, Wasser, Licht, Nährstoffe und Wärme. Wir (und alle Tiere) können die Energie, die wir zum Leben und Wachsen brauchen, aus der Nahrung, die wir essen, und dem Sauerstoff in der Luft gewinnen.
Komplexe Moleküle (Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette) in der Nahrung, die wir zu uns nehmen, spalten wir in einfachere Moleküle auf, die unser Körper verwerten kann (Glucose, Aminosäuren, Fettsäuren und Glycerin). Aus diesen bauen wir die Moleküle, die wir zum Leben, zur Bewegung und zum Wachstum brauchen.
Bei Pflanzen funktioniert das anders. Sie bauen aus einfachen Molekülen, wie dem Kohlendioxid in der Luft, und aus Wasser komplexere Moleküle, wie zum Beispiel Glucose. Mit einigen weiteren Nährstoffen, die die Pflanzen aus fruchtbarer Erde gewinnen (z. B. Stickstoff oder Schwefel) können sie aus der Glucose sogar noch komplexere Moleküle wie etwa Kohlenhydrate, Eiweiße und Fette bilden, die sie in speziellen Strukturen oder in ihren Blättern speichern.
Der Vorgang, durch den Pflanzen Glucose aus Kohlendioxid und Wasser herstellen, heißt Photosynthese und läuft unter Verwendung von Energie aus dem Sonnenlicht ab. Ein Nebenprodukt der Photosynthese ist Sauerstoff.
Pflanzen nutzen also Wasser und Sonnenlicht zum Wachsen und produzieren Sauerstoff. Tiere hingegen fressen Pflanzen (und andere Tiere!), verbrauchen Sauerstoff und atmen Kohlendioxid aus. In den meisten Nahrungsketten lassen sich Pflanzen als die „Küche“ des Planeten Erde beschreiben.
Wie aber wird aus einem Samenkorn eine Pflanze?
Getrocknete Samen quellen auf, wenn sie Wasser aufnehmen (Imbibition). Genau das ist mit den Acker-Schmalwandsamen geschehen, die im Treibhaus ausgesät wurden.
Ihr könnt das in der Klasse auch mit anderen Samen versuchen: Nehmt ein paar Bohnen oder Maiskörner. Legt sie in Wasser und beobachtet, was passiert.
Die Samenhülle bricht auf und die Keimblätter, in denen sich die im Samen gespeicherten Nährstoffe befinden, treten hervor. Die Keimblätter versorgen das Samenkorn mit genug Energie, um weiter zu einer Pflanze heranwachsen zu können. Außerdem schützen sie den jungen Spross und die junge Wurzel. Was wächst zuerst?
Die Wurzel verankert die Pflanze im Boden und ermöglicht dem jungen Sämling die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen über Wurzelhaare. Der Prozess, durch den aus einem Samenkorn eine Pflanze wird, heißt Keimung.
Wenn der junge Spross aus der Erde hervordringt, bilden sich die ersten Laubblätter. Durch diese kann die Pflanze beginnen, ihre eigene Nahrung zu produzieren, während die gespeicherten Nahrungsreserven aufgebraucht werden. Die Pflanze wächst weiter und bildet schließlich Blüten und Samenkörner.
Teil B: Nahrung im Weltraum
Alle Lebensmittel werden von der Erde zur Raumstation geliefert.
Da aufgrund der Länge der Mission auf der ISS die Besatzung häufig wechselt, gibt es immer eine Gelegenheit, frischen Nachschub zur Raumstation zu liefern, und es sind stets genug Lebensmittel, Wasser und Sauerstoff zur Versorgung der Astronauten vorhanden.
Für Langzeitmissionen wie etwa zum Mars, für die die Reisezeit hin und zurück eineinhalb Jahre betragen würde, muss eine andere Strategie angewendet werden.
Bevor wir bereit sind, Menschen so weit weg zu schicken, müssen zahlreiche Vorbereitungen und Tests für derartige Langzeitmissionen durchgeführt werden. Ein Team der Europäischen Weltraumorganisation und des Russischen Instituts für Biomedizinische Probleme (IBMP) arbeitet derzeit in Moskau an einer Studie namens Mars500.
Eine mögliche Lösung wäre, dass Astronauten frische Lebensmittel produzieren und sich teilweise selbst versorgen. Deshalb müssen spezielle Treibhäuser für fliegende Raumschiffe, im Orbit befindliche Raumstationen oder für die Oberfläche eines neuen Planeten entwickelt werden.
Treibhäuser könnten ausschlaggebend für die Selbstversorgung auf Reisen ins Weltall werden. Die Umgebung im Weltraum unterscheidet sich zwar stark von derjenigen auf der Erde, aber bestimmte Elemente sind vorhanden, die ein solches Vorgehen möglich machen könnten. Die grundlegenden Zutaten für das Pflanzenwachstum sind Wasser, Nährstoffe, Luft (Sauerstoff und Kohlendioxid) und Licht.
Betrachten wir nun, wie ein Treibhaus im Weltraum funktionieren würde. Wie würde sich das von einem Treibhaus auf der Erde unterscheiden?
Während der MagISStra-Mission hat der ESA-Astronaut Paolo Nespoli einen Mini-Treibhausbetrieb begonnen. Dies ist nur eines von vielen Experimenten, die er im Laufe seiner sechsmonatigen Mission auf der Internationalen Raumstation durchführt. Seht euch einen Teil des Tages an, an dem er diese Aktivität gestartet hat (17. Februar 2011 um 14.25 Uhr MEZ). Ihr erkennt dies an der gelben Notiz in seinem Bord-Tagesplan.
Klicke hier, um den Start seines Weltraumexperiments zu sehen.
Pflanzen liefern uns Nahrungsmittel. Auf der Erde ist es relativ einfach, Pflanzen zu züchten und anzubauen. Wenn der Mensch jedoch in neue Gefilde aufbrechen und die Umgebung der Erde verlassen will, müssen wir eine Möglichkeit finden, Nahrungsmittel fern von der Erde zu züchten, da es sehr teuer wäre, sämtliche Lebensmittel mit an Bord zu nehmen, die eine Besatzung für eine Reise zum Mars benötigt. Seit langem arbeiten Wissenschaftler an Methoden, mit denen Astronauten ihre eigenen Nahrungsmittel anbauen und sich somit auf Langzeitmissionen unabhängig machen können.
Was geschieht in der Umgebung des Weltraums und wie würden sich Pflanzen in der Schwerelosigkeit verhalten? Welche besonderen Voraussetzungen müssen gegeben sein und weshalb? Fülle die nachstehende Tabelle aus, um zu vergleichen, wie Pflanzen Wasser erhalten (wie gießen wir Pflanzen auf der Erde und wie muss Paolo sie gießen?), woher Sauerstoff und Kohlendioxidmoleküle kommen und woher die Lichtenergie stammt, die die Photosynthese antreibt.
Die Pflanze, die für dieses Experiment ausgewählt wurde, heißt Arabidopsis thaliana oder Acker-Schmalwand. Sie ist eine bedecktsamige (Angiosperme), zweikeimblättrige (Dikotylen) Blütenpflanze aus der Familie der Kreuzblütler (Brassicaceae). Sie wird auch Schotenkresse oder Gänserauke genannt und allgemein als Unkraut betrachtet.
Wenn sie ganz ausgewachsen ist, sieht sie so aus (links):
Die Pflanze ist klein und weist eine flache Rosette aus Grundblättern auf, aus deren Mitte ein Stängel von 15 bis 30 cm Länge emporwächst. Sie ist außerdem selbstbestäubend und gedeiht auf relativ kleinem Raum. Acker-Schmalwand hat einen kurzen Generationszyklus von etwa 6 Wochen ab der Keimung bis zur Reife der Samen.
Sie produziert Samen in Fruchtkörpern, die Schoten genannt werden (aus zwei verwachsenen Fruchtblättern bestehende Samenkapseln). Die Pflanzenforschung und Genwissenschaft hat sich ausgiebig mit dieser Pflanze befasst.
Die Samenkörner sind sehr klein und müssen vorsichtig ausgesät werden. Im Weltraumtreibhaus waren alle Samen bereits in der Anzuchtkammer ausgepflanzt und mit einem speziellen wasserlöslichen Papier an Ort und Stelle fixiert.
Als Paolo sein Experiment begann, indem er den Samen mit einer Spritze Wasser zuführte, löste sich das Papier auf und die Samen konnten keimen.
Hier seht ihr das erste Bild eines Acker-Schmalwandsamens, der nach fünf Tagen „Gießen“ an Bord der ISS aus dem Substrat herausschaute.
Nach etwa drei Wochen begann sich im Weltraumtreibhaus Schimmel zu bilden. An Bord der ISS ist es extrem wichtig für die Gesundheit der Besatzung, die Umgebung sauber zu halten. Deshalb musste das Treibhaus von der ISS entfernt werden. Deshalb musste das Treibhaus von der ISS entfernt werden.
Allerdings wurde das Experiment gleichzeitig auf der ISS und vom Team des Mars500-Projekts gestartet. Das Mars500-Team simuliert eine mögliche Marsmission - mehr darüber könnt ihr auf der Mars500-Website nachlesen.
Ihr könnt das Wachstum eurer Pflanzen mit denjenigen des Mars500-Teams vergleichen und eure Ergebnisse nach Abschluss des Projekts an isseducationteam@esa.int einsenden (Ende Juni 2011).
Sobald alle Daten vorliegen, wird eine abschließende Betrachtung der Ergebnisse aus allen Ländern sowie des Ergebnisses des Mars500-Teams ausgewertet und in dieser Lektion online veröffentlicht.