Double Star: Ein chinesisch-europäisches Forschungsprojekt
Das seit über drei Jahren operierende ESA-Cluster-Quartett bekommt Verstärkung. Am 27. Dezember soll mit der chinesischen Trägerrakete Langer Marsch 2C vom Weltraumbahnhof Xichang der erste der zwei chinesisch-europäischen Double-Star-Forschungssatelliten gestartet werden. Die beiden Raumflugkörper sollen auf sich ergänzenden Orbits - polar und äquatorial - die Wechselbeziehungen Erde-Sonne im Magnetfeld der Erde erforschen und damit jene Räume abdecken, die mit den vier Cluster-Sonden nicht erfasst werden können.
Seit dem Jahr 2000 fliegen bereits die vier baugleichen Cluster-Satelliten der ESA im Formationsflug (Flugkontrolle bei ESOC Darmstadt). Gegenwärtig bilden sie eine pyramidenförmige Struktur, ihr Abstand zueinander beträgt 200 km. Je nach dem zu untersuchenden Bereich kann der Abstand zwischen den Satelliten aber auch auf tausende von Kilometer anwachsen. Der polare, stark elliptische Orbit dieser vier je 1200 kg „schweren“ Satelliten mit einem erdnächsten Punkt von 19 000 und einem erdfernsten Punkt von 119 000 km Höhe führt die Cluster-Formation durch die verschiedensten Regionen des Erdmagnetfelds und erlaubt den elf baugleichen Instrumenten an Bord jedes Satelliten identische Messungen geladener Teilchen sowie elektrischer und magnetischer Felder. Damit können die Wechselwirkungen zwischen den von der Sonne ausgehenden Wolken hochenergetischer Partikel mit der Erdatmosphäre und dem Erdmagnetfeld erfasst werden. Bis heute haben Salsa, Samba, Rumba und Tango, so die Namen der vier Forschungssonden, die in sie gesetzten Erwartungen voll erfüllen können.
Meilenstein der Kooperation ESA – China
Am 27. Dezember, 20.23 Uhr MEZ, startet nun der erste von zwei Forschungssatelliten, die aus einer sino-europäischen Kooperation hervorgegangen sind. Die beiden als TC-1 und TC-2 bezeichneten baugleichen Satelliten der Double-Star-Mission mit jeweils nur 330 kg Masse sind die ersten beiden chinesischen Raumflugkörper zur Erforschung der irdischen Magnetosphäre. Sie sind mit insgesamt acht Messinstrumenten aus chinesischer Produktion ausgestattet worden. Der Start wird mit der Trägerrakete Langer Marsch 2C von dem chinesischen Weltraumbahnhof Xichang erfolgen, die geplante Operationsdauer der beiden Double-Star-Satelliten beträgt zwölf beziehungsweise 18 Monate.
Der europäische Part an dieser Mission ist die Beisteuerung von jeweils acht weiteren Instrumenten für beide Satelliten. Sieben dieser Instrumente besitzen Pendants an Bord der Cluster-Satelliten: Es handelt sich hierbei um Reservegeräte beziehungsweise Duplikate, die bereits vorhanden waren und deshalb kostengünstig und ohne großen Zeitaufwand für die beiden chinesischen Double Star-Satelliten zur Verfügung gestellt werden konnten. Neben den ökonomischen Vorteilen ist es wissenschaftlich von großem Nutzen, die solarterrestrischen Beziehungen ausgesuchter Gebiete in hoher räumlicher und zeitlicher Genauigkeit mit identischen Messgeräten erfassen und damit vergleichen zu können. Die sich geradezu in idealer Weise ergänzenden Cluster- und Double-Star-Satelliten können so ein mehrdimensionales Bild des unseren Planeten umgebenden Magnetfeldes liefern.
Die Zwillings-Cluster Mission "Double Star"
Kern der Zwillings-Cluster Mission "Double Star" sind zwei Satelliten, TC-1 und TC-2, die auf sich ergänzenden elliptischen Orbits – polar und äquatorial – die Wechselbeziehungen Erde-Sonne erforschen. Als erster „Zwillings-Stern“ wird der bei einer Bahnneigung von 28,5 Grad äquatorial zwischen 550 und 66 970 km umlaufende TC-1-Satellit den Magnetschweif der Erde aufs Korn nehmen. Der so genannte geomagnetische Schweif ist das auf der sonnenabgewandten Seite der Erde in den Raum hinaus erweiterte Magnetfeld der Erde, wo es immer wieder zu magnetischen Rekonnektionen kommt, also zur Neuanordnung der Magnetfeldlinien. In dieser Region werden eintreffende Partikel beschleunigt und zu den magnetischen Polen unseres Planeten hin abgelenkt. Diese Vorgänge detailliert zu untersuchen ist die Hauptaufgabe von TC-1.
Der im Juni 2004 folgende "Polar-Satellit" TC-2 soll besonders jene physikalischen Prozesse über den magnetischen Polen der Erde untersuchen, die zum Naturschauspiel der als aurora borealis bekannt gewordenen Nordlichterscheinungen führen. In einem Abstand zwischen 700 bis 39 000 Kilometern wird TC-2 alle 11,7 Stunden einmal die Erde über die Pole umrunden.
Natürlich ermöglicht die aufeinander abgestimmte Nutzung der vier Cluster- und der beiden Double-Star-Satelliten einzigartige wissenschaftliche Chancen, denn damit sind parallele Beobachtungen einzelner Region des erdnahen Weltraums durch gleich sechs Raumsonden mit teilweise identischer Instrumentenausstattung möglich. Außer rein wissenschaftlichen Fragenstellungen erhoffen sich die Initiatoren der Double-Star-Mission auch neue Erkenntnisse, die zu einem besseren Schutz von Satelliten und Raumfahrzeugen vor den negativen Folgen solarer Stürme führen können.