Hera-Team gratuliert NASA zur Asteroiden-Mission
Das Hera-Missionsteam der ESA gratuliert dem DART-Missionsteam der NASA zum historischen Einschlag auf dem Asteroiden Dimorphos. Mit einer Geschwindigkeit von 6,1 km pro Sekunde schlug die autogroße Raumsonde „Double Asteroid Redirect Test“ am frühen Morgen des 27. September um 01:44 Uhr MESZ auf dem Asteroiden mit einem Durchmesser von 160 m ein – der erste Test der Menschheit einen „kinetischen Impaktor“ zur planetaren Verteidigung einzusetzen.
Ian Carnelli, Leiter der Hera-Mission, sagte: „Die Kontaktaufnahme mit einem so kleinen Ziel über 11 Millionen km im Weltraum ist an sich schon eine beeindruckende technische Leistung, und heute Nacht wurde ein wunderbares Kapitel der Weltraumgeschichte geschrieben. Ein Ereignis, auf das wir uns alle seit vielen Jahren gefreut haben. Heute sind unsere Gedanken auch bei dem verstorbenen Prof. Andrea Milani, der diesen Ablenkungsversuch erstmals 2004 beschrieben hat.
Als Nächstes folgt eine Periode anhaltender Beobachtung durch boden- und weltraumgestützte Teleskope, um festzustellen, ob der Einschlag von DART tatsächlich das erreicht hat, was beabsichtigt wurde: die Umlaufbahn des Dimorphos-'Monds' um seinen großen Partner Didymos (780 m Durchmesser) zu verschieben.
Parallel dazu setzen die ESA und ihre Partner aus der Industrie ihre Arbeit am Bau der Raumsonde Hera fort, die Ende 2024 starten wird, um Dimorphos nach dem Einschlag aus nächster Nähe zu untersuchen. Hera wird wichtige Informationen wie die Größe des Einschlagskraters von DART, die Masse von Dimorphos und dessen Aufbau und innere Struktur sammeln. Diese zusätzlichen Daten werden dazu beitragen, das DART-Ablenkungsexperiment zu einer bis ins Detail verstandenen, wiederholbaren Technik zu machen, die eines Tages in der Praxis eingesetzt werden könnte.“
Internationale Zusammenarbeit
Die DART-Mission der NASA und die Hera-Mission der ESA werden von denselben internationalen Teams von Wissenschaftler*innen und Astronom*innen unterstützt und finden im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit namens AIDA (Asteroid Impact and Deflection Assessment) statt. Planetare Verteidigung kennt keine Grenzen und ist ein großartiges Beispiel dafür, was internationale Zusammenarbeit erreichen kann.
Die beiden Missionen wurden in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts gemeinsam konzipiert, als die Besorgnis über das Zerstörungspotenzial von einfallenden Asteroiden zur Entwicklung der ersten automatischen Überwachungssysteme führte, aus denen das Koordinierungszentrum für erdnahe Objekte der ESA NEO-CC und das Sentry-System der NASA hervorgingen.
Die Expert*innen, die an den Systemen arbeiteten, erkannten jedoch, dass es nicht ausreicht, die Bedrohung durch Asteroiden zu erkennen, sondern dass sie auch einen Weg finden mussten, dieser Bedrohung zu begegnen.
Carnelli erklärt: „Mathematiker und Astronom Andrea Milani von der Universität Pisa – ein Pionier der planetaren Verteidigung, der leider 2018 verstorben ist - hatte die Idee für eine Mission mit zwei Raumfahrzeugen, die er 'Don Quijote' nannte: eine Raumsonde würde einen entgegenkommenden Asteroiden treffen, während die andere Beobachter-Raumsonde den Grad der Ablenkung messen würde.”
In der Folge wurde das Konzept international erweitert, und die NASA übernahm das, was sich zu DART entwickeln sollte. Die ESA-Sonde Hera wird ihrer Vorgängerin im Jahr 2024 ins All folgen und zwei Jahre später bei Dimorphos ankommen. Der Ziel-Asteroid wird von besonderer Bedeutung sein, da er der erste Körper im Sonnensystem ist, dessen Oberfläche und Umlaufbahn durch menschliches Eingreifen messbar verändert wurde. Sein Name stammt aus dem Griechischen und bedeutet zwei Formen haben.“
Die ESA-Raumsonde Hera nimmt Gestalt an
Das Nutzlastmodul von Hera nimmt derzeit bei OHB in Deutschland Gestalt an, während das Antriebsmodul bei Avio in Italien fertiggestellt wird. Unternehmen und Institutionen aus 17 europäischen Ländern leisten ihren eigenen Beitrag zu der Mission, wie z. B. GMV in Spanien, wo das automatische Leit-, Navigations- und Kontrollsystem entwickelt wird, das es dem Raumfahrzeug ermöglichen soll, sicher durch das Doppelasteroidensystem zu navigieren - in seiner Funktion einem autonom fahrenden Auto ähnlich.
Die tischgroße Sonde Hera ist vollgepackt mit Instrumenten: Die optische „Asteroid Framing Camera“ wird durch Wärme- und Spektralbildkameras sowie einen Laser-Höhenmesser für die Oberflächenkartierung ergänzt. Die Mission beherbergt auch drei Raumfahrzeuge in einem, denn sie wird zusätzlich ein Paar schuhkartongroße „CubeSats“ in die Nähe von Dimorphos bringen.
Der Juventas CubeSat wird die erste Radaruntersuchung eines Asteroiden durchführen und gleichzeitig ein Gravimeter und einen Beschleunigungsmesser mitführen, um dessen extrem niedrige Schwerkraft zu messen. Der andere CubeSat, Milani – benannt nach dem Erfinder von AIDA – wird Spektralaufnahmen im Nahinfrarotbereich machen und Asteroidenstaub aufspüren.
Das CubeSat-Paar wird über ein neuartiges Verbindungssystem mit seinem Hera-Mutterschiff und untereinander in Kontakt bleiben, um Erfahrungen mit der Steuerung mehrerer Raumfahrzeuge in bisher ungewohnter Beinahe-Schwerelosigkeit zu sammeln, bevor es schließlich auf Dimorphos landet.
Ian Carnelli schließt ab: „Dank DART haben wir einen verlockenden Blick auf unser Ziel geworfen. Jetzt können wir es kaum erwarten, zurückzugehen und es eingehend zu erkunden, um herauszufinden, wie der Aufprall es verändert hat, und dabei zu helfen, die Erde sicherer zu machen.“