Rätselhafte Eisenfabrik im Weltraum
Mit dem am 10. Dezember 1999 gestarteten ESA-Röntgensatelliten XMM-Newton entdeckten Wissenschaftler einen Himmelskörper, dessen Strahlung aus der Frühphase des Weltalls eine rätselhafte Botschaft enthält: Ist das Universum möglicherweise sehr viel älter als 15 Milliarden Jahre oder gibt es eine bisher nicht entdeckte Eisenfabrik im Weltraum?
Wie kommt das Eisen in die Welt? Den bislang gängigen Theorien der Astrophysiker zufolge wird es im Inneren massereicher Sterne durch nukleares Brennen erbrütet. Doch auch diese Sterne leben nicht ewig. Am Ende ihres Lebensweges müssen sie sterben. Sie explodieren als Supernovae und schleudern ihre Asche ins All. Dort vermischt sie sich mit anderer Materie, aus der wiederum neue Sterne entstehen oder sie wird von Schwarzen Löchern in den Zentren der Galaxien aufgesogen.
Leben aus Sternenasche
Ohne den Tod dieser Sterne gäbe es kein Leben auf der Erde. Jedes schwere Element, aus dem unsere Erde und auch wir selbst bestehen, wurde in früheren Jahrmilliarden in Sternen erzeugt. Jeder von uns trägt also die Asche ausgebrannter Sterne in sich.
In der Asche der Supernova-Explosionen befindet sich auch Eisen. Die Eisenhäufigkeit ist deshalb so wichtig, weil sie eine Art kosmische Uhr darstellt. Seit dem Urknall vor etwa 14 bis 15 Milliarden Jahren werden sämtliche chemischen Elemente – außer den leichtesten wie Wasserstoff und Helium – in massereichen Sternen produziert und in gigantischen Supernovae-Explosionen in das All geschleudert. Von einer Sternengeneration zur nächsten erhöht sich auf diese Weise der Anteil schwerer Elemente im Weltraum.
Der Zusammenhang schien klar zu sein: Je älter das Universum ist, desto mehr Eisen müsste es folglich geben.
Mit der Zeitmaschine in die Frühphase des Universums
Dr. Norbert Schartel von der Europäischen Raumfahrtagentur ESA sowie Prof. Günther Hasinger und Dr. Stefanie Komossa vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching ist jetzt eine erstaunliche Entdeckung gelungen, die diesen Zusammenhang in Frage stellt. Anhand von Spektralbeobachtungen mit dem europäischen Röntgensatelliten XMM-Newton fanden sie einen jungen Quasar, der ungewöhnlich große Mengen Eisen in sich birgt.
Der Quasar trägt die Bezeichnung APM 08279+5255. Er ist eines der leuchtkräftigsten Objekte im gesamten Weltraum und strahlt eine Billiarde Mal mehr Energie ab als unsere Sonne. Nur deshalb ist das Objekt trotz seiner großen Entfernung beobachtbar.
Teleskope, wie XMM-Newton sind zugleich Zeitmaschinen. Sie offenbaren uns Einblicke in längst vergangene Welten. Mit immer leistungsstärkeren Teleskopen können wir nicht nur immer tiefer in den Weltraum eindringen, wir gelangen damit auch immer näher an die Geburt unseres Universums.
Unser Universum ist etwa 14 bis 15 Milliarden Jahre alt. Seine Geburt – der Urknall – war kurz und schmerzvoll. Seitdem expandiert das Weltall und innerhalb dieses Raums entstehen und sterben täglich unendlich viele Sterne.
Bei unseren Betrachtungen müssen wir zwei Dinge konsequent auseinander halten: Entfernung sowie Alter. Beginnen wir mit unserer Sonne. Das Licht der Sonne benötigt 8,3 Minuten bis zur Erde. Oder anders ausgedrückt: Die Sonne ist 8,3 Lichtminuten von uns entfernt. Die Sonne selbst ist fünf bis sechs Milliarden alt. Sie entstand, als das Universum etwa neun Milliarden Jahre alt war.
Nun übertragen wir diese Verhältnisse auf den mit XMM-Newton entdeckten Quasar APM 08279+5255. Er ist über 13 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt. Sein genaues Alter kennen wir nicht. Wir sehen ihn zu einer Zeit, da das Universum gerade einmal rund 1,5 Milliarden Jahre alt war. Das Quasarlicht, was wir heute empfangen, stammt also aus der Kinderstube des Kosmos. Er ermöglicht uns einen Blick in die Frühphase des Weltraums. Ob der Körper heute noch existiert, wissen wir nicht. Die Information – das Quasarlicht – benötigt ja über 13 Milliarden Lichtjahre bis zur Erde. Der Quasar trägt die Bezeichnung APM 08279+5255. Er ist eines der leuchtkräftigsten Objekte im gesamten Weltraum. Er strahlt eine Billiarde Mal mehr Energie ab als unsere Sonne. Nur deshalb ist das Objekt trotz seiner großen Entfernung beobachtbar.
Teleskope, wie XMM-Newton sind zugleich Zeitmaschinen. Sie offenbaren uns Einblicke in längst vergangene Welten. Mit immer leistungsstärkeren Teleskopen können wir nicht nur immer tiefer in den Weltraum eindringen, wir gelangen damit auch immer näher an die Geburt unseres Universums. Dieser Quasar APM 08279+5255 ermöglicht einen Blick in die Frühphase des Weltraums. Wir sehen ihn zu einer Zeit, da das Universum gerade einmal rund 1,5 Milliarden Jahre alt war. Das Quasarlicht stammt also aus der Kinderstube des Kosmos. Ob der Körper heute noch existiert, wissen wir nicht. Das Quasarlicht ist ja über 13 Milliarden Jahre unterwegs.
Die Sonne dagegen entstand etwa neun Milliarden Jahre nach dem Urknall. Sie ist etwa fünf bis sechs Milliarden Jahre alt, also rund vier Mal älter als der rätselhafte Quasar.
Ist das Universum älter als 15 Milliarden Jahre?
Nach den gängigen Theorien dürfte der Quasar aus der Frühphase nur wenig Eisen enthalten. Die Spektralanalyse von APM 08279+5255 ergab aber, dass in ihm drei Mal mehr Eisen als in unserem mindestens vier Mal älteren Sonnensystem vorhanden ist. Diese ungewöhnlich große Menge Eisen löste einen Disput unter den Wissenschaftlern aus: Entweder gibt es eine bisher unbekannte Art der Eisenproduktion, oder das Universum war zu dem Zeitpunkt, als der Quasar sein Licht aussandte, wesentlich älter als bisher angenommen. Vielleicht aber ist Eisen auch vollkommen anders entstanden?
Die neuen Beobachtungen zeichnen ein extremes Bild für den Innenbereich von APM 08279+5255: Es muss ein wahres Feuerwerk an Supernovae im Zentrum des Quasars gegeben haben, um so viel Eisen zu erzeugen. Nicht nur das: Um die hohe Leuchtkraft von APM 08279+5255 und den hohen Materieausfluss aus dem Quasarzentrum aufrechtzuerhalten, müssen jährlich sehr viele Sonnenmassen an Sternenstaub verschluckt und zum Teil wieder hinausgeblasen werden. Doch selbst eine besonders hohe Rate an Supernovae kann nur schwer erklären, warum so früh in der Entwicklung des Universums so viel Eisen erzeugt wurde.
Erklärt werden könne das ganze nur, so eine Hypothese der drei Wissenschaftler, wenn das Universum tatsächlich älter als bislang angenommen ist. Die „Zeitdifferenz“ sei aber auch ein weiterer Hinweis auf die seit kurzem von Kosmologen vermutete Existenz einer „Dunklen Energie“. Deren Natur ist zwar noch unklar, aber sie soll die Ausdehnung des heute existierenden Universums weiter beschleunigen. Das war aber nicht immer so. In der Frühphase des Weltalls soll die Dunkle Materie die Expansion sogar verzögert haben. Folgt man dieser Ansicht, dann würden wir mit dem Quasar APM 08279+5255 Informationen aus einer Zeit erhalten, in der das Universum gerade einmal eine Milliarde Jahre alt war.
Neue Entdeckungen und Rätsel
Die weltweit mit der Thematik sensibilisierten Astronomen melden bei der Suche nach weiteren mysteriösen Quellen unterdessen Erfolge. So haben Astronomen des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg sowie Kollegen der Princeton University zwei noch weiter entferntere Quasare mit außergewöhnlich hohen Konzentrationen an Kohlenstoff und Stickstoff entdeckt. Hier war die Zeit zur Elementenanreicherung nach dem Urknall sogar noch knapper, als bei APM 08279+5255.
Viele Grundfragen sind damit erneut offen. Ist das Universum tatsächlich wesentlich älter? Gibt es vielleicht einen Zusammenhang mit jener Dunklen Materie? Die Astronomen vermuten, dass unser Universum von 90 bis 99% bislang unentdeckt gebliebener Materie zusammengehalten wird. Vielleicht ist XMM-Newton diesem kosmischen Kitt und damit dem Schlüssel für Raum und Zeit einen Schritt näher gekommen?