Ariane-6-Oberstufe auf dem Weg zum Heißlauftest
Die erste vollständige Oberstufe der neuen europäischen Trägerrakete Ariane 6 hat den ArianeGroup-Standort in Bremen verlassen und ist nun auf dem Weg zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Lampoldshausen. Unter weltraumähnlichen Bedingungen werden dort Heißlauftests vorgenommen, die Daten zum Nachweis der Flugtauglichkeit liefern sollen.
Das sogenannte Hot Firing Model (HFM) - ein Testmodell der gesamten Oberstufe wurde letztes Jahr bei ArianeGroup in Bremen zusammengebaut, hat bereits umfassende funktionelle Tests durchlaufen und ist einsatzbereit. Das neue, wiederzündbare Vinci-Triebwerk ist mit zwei Flüssigwasserstoff- und Sauerstofftanks verbunden und mit allen Leitungen, Ventilen sowie elektronischen und hydraulischen Leit- und Steuersystemen ausgestattet.
Die Oberstufe befindet sich nun an Bord eines Transportschiffs, das am 29 Januar den Neustädter Hafen in Bremen verlassen hat und ist nun auf dem Weg nach Bad Wimpfen. Von dort aus wird sie dann über den Landweg nach Lampoldshausen weiter transportiert. Das DLR hat bereits das Vinci-Triebwerk sowie die Vulcain-2.1-Flüssigtriebwerke der Ariane 6 getestet.
Die gesamte Oberstufe wird im neuen Teststand P5.2 installiert. Im Inneren dieser Anlage werden sämtliche Aspekte des Fluges simuliert, einschließlich der Vorbereitung der Oberstufe, wozu beispielsweise das Füllen und Entleeren der Tanks gehört. Das Gebäude verfügt über Plattformen, die den Ingenieurinnen und Ingenieuren Zugang zu allen Bereichen der Stufe ermöglichen. Nach Abschluss der Vorbereitungen erfolgt ein Countdown zum Start des Tests.
Die Vorgänge im Teststand P5.2 werden von einem entfernten Kontrollraum aus überwacht. Während dieser Testkampagne wird das Vinci-Triebwerk bis zu viermal gezündet, um Daten darüber zu sammeln, wie sich die gesamte Oberstufe verhält, während das Vinci-Triebwerk in Betrieb ist.
Zudem werden die Tests Daten zu den antriebslosen ballistischen Phasen, zum Druckaufbau im Tank zur Leistungssteigerung, zur Wiederzündungen des Vinci-Triebwerks und zu Schubdüsenmanövern liefern. Beendet wird die Testprozedur mit der Passivierung, bei der sämtliche verbleibende Restdrücke sicher abgebaut werden.
Die wöchentlichen Tests dauern üblicherweise je 18 Stunden
„Auf dem Weg zum Flug der Ariane 6 haben wir einen weiteren Meilenstein erreicht. Es ist sehr aufregend zu sehen, wie die Komponenten der Rakete zusammengefügt werden. Mit den bevorstehenden Heißlauftests der fertigen Oberstufe werden wir wertvolle Einblicke in das technische Herzstück dieser neuen europäischen Trägerrakete gewinnen“, sagt Daniel Neuenschwander, ESA-Direktor für Raumfahrzeugträger.
Karl-Heinz Servos, COO von ArianeGroup, fügt hinzu: „Die Fertigstellung der Oberstufe für den ersten Heißlauftests ist ein wichtiger Schritt für Ariane 6, für Deutschland und für die gesamte europäische Raumfahrt.“
„Mit dem Heißlauftest der ersten Ariane 6 Oberstufe am neuen Teststand P5.2 am DLR Standort in Lampoldshausen kommen wir dem Erstflug der Ariane 6 nun einen bedeutenden Schritt näher“, sagt DLR-Vorstand Dr. Walther Pelzer.
Inzwischen werden zwei weitere komplette Ariane-6-Oberstufen bei ArianeGroup montiert: Das sogenannte „Combined Test Model“ für Tests der kompletten Trägerrakete und dem neuen Startplatz des europäischen Weltraumbahnhofs in Französisch-Guyana sowie das sogenannte „Flight Model 1“ (FM-1), mit dem der Erstflug der Ariane 6 stattfinden soll.
Ariane 6 wird dank ihrer Wiederzündbarkeit und ihres modularen Aufbaus in der Lage sein, Missionen aller Art in allen Umlaufbahnen durchzuführen. Es wird zwei Versionen der Rakete geben: Ariane 62, ausgestattet mit zwei P120C-Triebwerken, und Ariane 64 mit vier P120C-Triebwerken. So sichert diese neue Trägerrakete Europas unabhängigen Zugang zum Weltraum und baut ihn weiter aus.