EDRS: Superschnelle Datenübertragung mit Laserlicht
Die ESA baut bis 2014 zusammen mit dem Unternehmen Astrium das Europäische Datenrelaissatellitensystem EDRS auf. Es soll riesige Informationsmengen von Satelliten über Relaisstationen im All blitzschnell zur Erde übertragen. Dazu nutzt EDRS in Deutschland entwickelte Übertragungseinrichtungen, die Laserstrahlen für die Kommunikation einsetzen.
Die Übertragung von Daten zwischen Satelliten und der Erde spielt seit Beginn des Raumfahrtzeitalters eine zentrale Rolle. Schließlich müssen im All gewonnene Messwerte zuverlässig zu den Erdlingen transportiert oder Kommandos an die Raumflugkörper in der Erdumlaufbahn gesendet werden. Dabei gilt wie auf der Erde: Die Datenmengen nehmen rasant zu. Das trifft besonders auf Erdbeobachtungssatelliten zu, deren Sensoren heute vielfältige Bildinformationen hoher Qualität liefern und die in unserem täglichen Leben eine immer größere Rolle für den Umweltschutz, Katastrophenvorhersagen und -management sowie andere Aufgaben spielen.
Die Crux: Niedrige Umlaufbahnen
Das Problem besteht jedoch darin, dass hochauflösende Aufnahmen nur aus niedrigen Umlaufbahnen (Low Earth Orbit – LEO) gewonnen werden können. Dadurch haben Satelliten im LEO einen bestimmten Teil der Erdoberfläche lediglich für 5 bis 10 Minuten in ihrem Blickfeld. Wenn sich dort eine Bodenstation für den Datenempfang befindet, ist also nur in dieser kurzen Zeit eine Verbindung zum Satelliten herstellbar. Die gewonnenen Daten müssen deshalb bis zur Übertragung an Bord zwischengespeichert und dann mit hoher Geschwindigkeit zur Erde gesendet werden. Ein weiterer Nachteil: Die Kunden erhalten ihre Daten erst, wenn wieder eine Bodenstation überflogen wird oder es sind mehrere kostenintensive Stationen an verschiedenen Orten auf der Erde zu errichten.
Die Lösung: Geostationäre Relaisstationen
Um die Daten in nahezu Echtzeit an einem Ort zur Verfügung stellen zu können, bietet sich allerdings ein Ausweg an: die Nutzung einer Zwischenstation im All, die so positioniert ist, dass immer Kontakt zu einer Bodenstation besteht. Und solche Stationen gibt es bereits. Es sind die geostationären Kommunikationssatelliten, die sich in 36 000 Kilometern Höhe über dem Erdäquator befinden und seit Jahren erfolgreich für die Aussendung von Radio- und TV-Programmen genutzt werden. Wenn einige dieser Satelliten mit speziellen Empfangs- und Sendeeinrichtungen ausgerüstet werden, können sie als Relaisstationen zwischen den Satelliten in LEOs und der Empfangsstation auf der Erde dienen.
Die ESA hat sich entschlossen, ein derartiges System, das European Data Relay Satellite System (EDRS) zu schaffen. Es wird bis 2014 zusammen mit dem europäischen Unternehmen Astrium errichtet. Der erste geostationäre Satellit mit EDRS-Übertragungseinrichtungen wird Eutelsat 9B sein und die beiden ESA-Erderkundungssatelliten Sentinel1 und 2 werden als erste das System nutzen.
Grünes Licht für „Raser“ auf der Datenautobahn im All
Bleibt noch das Problem der wachsenden Datenflut zu lösen. Bisher gelang es den Ingenieuren, durch höhere Funkfrequenzen und den Einsatz neuer Elektroniksysteme die Bandbreite der Übertragungswege und damit die Übertragungsgeschwindigkeit kontinuierlich zu steigern. Dem sind jedoch aus physikalischen Gründen Grenzen gesetzt. Der Ausweg ist die Nutzung von Laserlicht. Es hat den Vorteil, dass die Frequenz, also die Schwingungszahl der Lichtwelle pro Zeiteinheit, wesentlich höher als bei Funkwellen ist. Dementsprechend können mehr Informationen in der gleichen Zeit übertragen werden. Gleichzeitig bietet das Vakuum im Weltraum optimale Ausbreitungsbedingungen für Laserlicht, so dass es sich besonders für die Verbindung zweier Satelliten (Intersatellite Link – ISL) eignet.
Laserlicht von Tesat aus Backnang hilft
Die in Backnang ansässige Firma Tesat-Spacecom hat deshalb seit Jahren in Zusammenarbeit mit dem DLR ein Laser-Terminal (Laser Communication Terminal – LCT) entwickelt, das bereits erfolgreich im All getestet wurde und auch beim EDRS für ISLs zum Einsatz kommen soll. Das System kann bis zu 5,6 Gbit/s bei einem ISL von LEO zu LEO übertragen, was etwa 200 000 Textseiten entspricht, oder 1,8 Gbit/s bei einer Verbindung zwischen einem geostationären Satelliten und einem Satelliten im LEO. Trotz dieser beachtlichen Leistungen wiegt der LCT lediglich 53 kg und verbraucht nur 180 W.
Ein weiterer Vorteil von Laserlicht besteht in der recht scharfen Bündelung des Laserstrahls. Er hat bei der Fokussierung durch ein Teleskop mit 13 Zentimeter Durchmesser in 42 000 Kilometer Entfernung lediglich einen Durchmesser von wenigen hundert Metern. Die ausgestrahlten Informationen kommen so nur im nahen Umfeld des Empfängers an. Abhörmöglichkeiten sind damit stark eingeschränkt. Die Daten „rasen“ also über die Datenautobahn nicht nur schneller, sondern auch sicherer. Außerdem ist ein geringerer Energieaufwand nötig als bei Lösungen mit Funkwellen.
Weitere Entwicklungsarbeit ist noch für jederzeit stabile Laserlicht-Verbindungen zwischen irdischen optischen Bodenstationen und Satelliten nötig, denn die Wetterbedingungen in der Atmosphäre haben starken Einfluss auf den Lichtstrahl. Bei gutem Wetter konnte Tesat bereits erfolgreich Daten übertragen.
Die LCT-Technologie von Tesat stellt ein klares Alleinstellungsmerkmal Deutschlands in der weltraumgestützten Kommunikation dar. Und so verwundert es nicht, wenn sich neben der ESA auch andere Weltraumagenturen für diese Technologie interessieren.