Kartierung von Erdrutschen in den Schweizer Alpen
Archivierte Radardaten der Envisat-Mission spielen bei der Kartierung von Erdrutschen in der Schweiz eine wichtige Rolle. Und auch bei der Kartierung von Verformungen der Erdoberfläche ist das umfangreiche Archiv der Mission von Nutzen.
Insbesondere in Gebirgsregionen stellen Erdrutsche und Bergstürze eine nicht zu unterschätzende Naturgefahr dar. Diese Bodenverschiebungen können Menschenleben gefährden und Infrastruktur erheblich schädigen.
Erdbeobachtungssatelliten - insbesondere mit Radarequipment - können Wissenschaftlern dabei helfen, Erdbewegungen zu kartieren und zu beobachten.
Diese Informationen können örtliche Behörden bei der Planung sicherer und langlebiger Infrastrukturen wie auch bei der Einschätzung drohender Risiken für bestehende Infrastrukturen unterstützen.
Aus einer Umlaufbahn in etwa 800 km Höhe erkennen solche Satelliten mit ihren Radargeräten Verformungen der Erdoberfläche im Zentimeterbereich.
Werden zwei oder mehr Radarbilder desselben Gebiets miteinander kombiniert, zeigen sich Lageveränderungen. Diese Technik zur Erfassung von Bewegungen der Tagesoberfläche namens Differential Interferometric Synthetic Aperture Radar - kurz DInSAR – hat sich zu einem nützlichen Instrument zur frühzeitigen Erkennung von Bodenverformungen entwickelt.
Die Schweizer Firma Gamma Remote Sensing begann 2000 DInSAR mit Daten der ERS-Missionen der ESA zu nutzen, um Erdrutsche in der Schweiz zu erkennen und zu beobachten.
Mit dem Start von Envisat im Jahr 2002 war sichergestellt, dass diese Arbeit weitere zehn Jahre fortgeführt werden konnte.
„Die Verwendung von Envisat-Daten zur Beobachtung von Erdrutschen war zunächst schwierig“, so Urs Wegmüller, Präsident des Verwaltungsrates von Gamma Remote Sensing.
„In den Anfangstagen der Mission wurden die SAR-Daten in vielen unterschiedlichen Erfassungsmodi aufgezeichnet, so dass das Archiv nicht konsistent war. Als der Satellit dann umprogrammiert wurde, um während des Sommers systematisch spezifische Daten über den Schweizer Alpen zu sammeln, wurde die Lage deutlich besser, so dass wir nunmehr auf ein sehr gutes Archiv zurückgreifen können.“
Anhand der Radardaten erstellt Gamma Remote Sensing Verformungskarten, mit Hilfe derer die Schweizer Kantone ihrerseits Gefährdungskartierungen erarbeiten.
Das Vorhaben wird vom schweizerischen Bundesamt für Umwelt (BAFU) überwacht, das für die Minimierung von Naturgefahren, Umwelt- und Gesundheitsschutz zuständig ist.
Die Envisat-Mission lief doppelt solange wie ursprünglich vorgesehen und endete im April dieses Jahres, die erfassten Radardaten werden jedoch noch immer zur Erstellung lokaler Gefahrenkarten eingesetzt.
Gamma Remote Sensing wird zur Inventarisierung von Erdrutschen weiterhin auf das Envisat-Datenarchiv zurückgreifen. Die kommerziellen Alternativen TerraSAR-X, Cosmo-Skymed und Radarsat-2 liefern zudem ergänzende Daten für die Überwachung.
Ab 2014 können zur Erweiterung des bestehenden Archivs und zur Überwachung Daten der neuen Sentinel-1-Mission der ESA eingesetzt werden.
Die Sentinel-Satellitenfamilie wird für das europäische GMES-Programm (Global Monitoring for Environment and Security) entwickelt.