O3b: Turbo-Internet für die Dritte Welt
Am 10. Juli 2014 startete vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou (Französisch-Guyana) eine Sojus-Trägerrakete mit vier Kommunikationssatelliten der Firma O3b Networks Ltd. ins All. Sie sind Kern eines künftigen Netzwerkes, das schnelle Internet-Verbindungen vor allem in unterversorgte Gebiete der Dritten Welt bringen soll. Dem Start fieberte in Kourou auch Johannes Lohmann, ein deutscher Student entgegen, der die Reise bei einem Radioquiz während der ILA 2014 im Mai in Berlin gewonnen hat.
Eine Vision wird Realität
Die inzwischen erfolgreich in Betrieb genommenen Kommunikationssatelliten werden Teil eines weltumspannenden Netzwerks von einmal 20 baugleichen Raumflugkörpern sein, das von der in den Niederlanden ansässigen Firma O3b Networks Ltd. betrieben wird. O3b steht für „Other 3 Billion“. Gemeint sind damit die drei Milliarden Menschen, die bisher vor allem auf der Südhalbkugel der Erde und in Ländern der Dritten Welt über keinen schnellen Internet-Anschluss verfügen. Das will O3b ändern. Seine Satelliten fliegen in Erdorbits mit etwa 8000 Kilometern Höhe über der Erde und übertragen Internet-Daten im Ka-Band mit Geschwindigkeiten von 1,2 Gigabit pro Sekunde und Strahlungskeule überwiegend an Kopfstellen von nationalen Telekommunikationsunternehmen. Jeder Satellit verfügt über zehn Strahlungskeulen, von denen jede auf der Erdoberfläche einen Durchmesser von 700 Kilometern abdeckt. Gebaut wurden die Satelliten von Thales Alenia Space.
Zu den ersten Nutzern gehören der Kongo, Samoa und Ost-Timur. Ein weiterer Kunde ist inzwischen die Kreuzschifffahrtslinie Royal Caribbean International, die über die O3b-Satelliten die Passagiere ihrer Flotte mit schnellen Internet-Verbindungen versorgen will.
Berliner Student gewann Reise nach Kourou
Mit beim Start in Kourou war auch der 24jährige Physik-Student Johannes Lohmann. Er hatte die Reise bei einem Gewinnspiel des Berliner Radiosenders Flux FM, der im Mai täglich von der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung ILA 2014 in Berlin berichtete, gewonnen.
Gestiftet wurde die Reise von Arianespace, dem europäischen Unternehmen, das alle kommerziellen Starts, die von Kourou aus durchgeführt werden, vermarktet und seit seiner Gründung 1980 für den Start von über 50 Prozent aller kommerziellen Satelliten weltweit verantwortlich zeichnet.
Die Teilnehmer des Gewinnspiels sollten eine kleine Rakete basteln und Fotos oder Videos vom Ergebnis ihrer Arbeit an den Sender schicken. Die wohl verrückteste Idee hatte Johannes Lohmann, der seine Rakete aus Hackfleisch formte und damit gewonnen hat.
Kourou: Das ESA-Tor in den Weltraum
Der europäische Weltraumbahnhof Kourou befindet sich im Nordosten Südamerikas im französischen Überseegebiet Französisch-Guyana. Die Lage nahe am Äquator ist besonders für den Start geostationärer Satelliten günstig. Der Betrieb und die Einrichtungen des Startkomplexes werden mehrheitlich von der ESA finanziert und von ihr seit 1979 für alle Starts der verschiedenen Versionen der europäischen Trägerrakete Ariane genutzt. Inzwischen wurde der Weltraumbahnhof weiter ausgebaut, so dass heute auch russische Träger des Typs Sojus für mittelschwere Nutzlasten und die Vega-Trägerrakete für kleine Nutzlasten gestartet werden können.
Eine aufregendes Erlebnis
Johannes Lohmann hatte nun die aufregende Chance, den Start einer Sojus-Rakete live verfolgen zu können. Am Starttag, dem 10. Juli besuchte der angehende Physiker zusammen mit einer Gruppe von Firmen- und Medienvertretern zuerst einige Anlagen auf dem weitläufigen Startkomplex. Dazu gehörte unter anderem das Montagegebäude für die riesigen Ariane 5-Trägerraketen, in dem an einer Ariane mit dem ESA-Raumtransporter ATV 5 an der Spitze die letzten Arbeiten vor dem Start Ende Juli vorgenommen wurden, und natürlich die Startrampe für die russischen Sojus-Träger. Dort liefen die finalen Vorbereitungen für den Start von vier kleineren Kommunikationssatelliten am Nachmittag, die mittels der wiederzündbaren Fregat-Oberstufe der Sojus auf ihre Erdumlaufbahnen gebracht werden sollten.
Der Höhepunkt des Tages war dann der Start der Sojus-Trägerrakete. Leider entschwand sie wenige Sekunden nach dem Abheben von der Rampe in den Wolken, so dass nur noch das mächtige Donnern der Triebwerke zu vernehmen war. Der weitere Flugverlauf bis zum erfolgreichen Aussetzen der vier Satelliten konnte dann im Flugleitzentrum verfolgt werden.
„Für mich war das ein einmaliges Erlebnis, denn ich habe mich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie intensiv mit Raumfahrt-Missionen beschäftigt“ freute sich Johannes.
Aberr die Reise war nicht nur spannend. Kurz vor seinem Master-Abschluss stehend, hat er noch keine festen Vorstellungen von seinem künftigen Berufsweg. Kourou vermittelte ihm einen kleinen Eindruck möglicher Tätigkeiten in raumfahrtrelevanten Organisationen und Firmen und er nahm dies als Anregung für seine weiteren Überlegungen für die Zukunft mit.