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Rosetta und Philae: ein Jahr nach der Landung auf dem Kometen

12/11/2015 5246 views 16 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Ein Jahr, nachdem Philae seine historische Landung auf einem Kometen gemeistert hat, hoffen die Missionsteams weiter auf einen neuerlichen Kontakt mit der Landeeinheit und freuen sich auf das große Finale im nächsten Jahr: die kontrollierte Landung von Rosetta auf dem Kometen. 

Am 6. August 2014 erreichte Rosetta den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko und setzte nach einer anfänglichen Überprüfung und Auswahl des Landeplatzes am 12. November den Landeroboter Philae auf der Kometenoberfläche ab.

Nach der Landung in der Region Agilkia prallte Philae zunächst ab und kam erst nach einigen Hopsern an der Landestelle Abydos zum Stehen. Sein Flug über die Oberfläche wird nun in einer neuen Animation dargestellt. Die von Rosetta und Philae gesammelten Daten wurden verwendet, um die Rotation und Stellung der Landeeinheit zu rekonstruieren.

In dem Jahr, das seit der Landung vergangen ist, wurde gründlich analysiert, warum Philae auf der Oberfläche gehüpft ist.

Agilika
Agilika

Der Lander konnte nach der Landung anhand von drei Methoden befestigt werden: Eisschrauben, Harpunen und  ein kleiner Thruster. Die Eisschrauben wurden für einen relativ weichen Untergrund konzipiert, da Agilkia jedoch eine sehr harte Oberfläche aufweist, konnten sie nicht in den Boden dringen.

Die Harpunen funktionierten sowohl in weicherem als auch härterem Material. Sie sollten beim Kontakt abgefeuert werden und Philae im Boden verankern, während ein Thruster oben auf dem Lander diesen nach unten drücken sollte, um den Rückprall der Harpune auszugleichen.

Der Versuch, den Thruster am Vorabend zu laden, schlug fehl. Man nimmt an, dass sich eine Dichtung nicht geöffnet hat, wobei auch ein Sensorfehler nicht ausgeschlossen werden kann.

Bei der Landung haben dann die Harpunen selbst nicht ausgelöst. „Es sieht so aus, als läge das Problem entweder bei den vier „Brückendrähten“, die den Strom für die Zündung des Sprengstoffs, mit dem die Harpunen ausgelöst werden, abnehmen, oder beim Sprengstoff selbst, der sich im Laufe der Zeit vielleicht zersetzt hat“, erklärt Stephan Ulamec, Landermanager von Philae vom DLR.

„Wenn wir erneut zu Philae Kontakt aufnehmen, werden wir auf jeden Fall überlegen, ob wir einen neuen Versuch starten, die Harpune abzufeuern.“

Hierfür besteht ein wissenschaftlicher Grund: Die Harpunen enthalten Sensoren, die die Temperatur unter der Oberfläche messen könnten.

Der Klang von Philae hämmernd
Der Klang von Philae hämmernd

Trotz der ungeplanten Hopser konnte Philae 80% der vorgesehenen wissenschaftlichen Experimente durchführen, bevor er in den Morgenstunden des 15. November, als die Primärbatterie erschöpft war, in den Winterschlaf fiel. Am endgültigen Landeort von Philae in Abydos war nicht genug Sonnenlicht vorhanden, um die sekundären Akkus aufzuladen und die wissenschaftlichen Messungen fortzusetzen.

Es bestand die Hoffnung, dass genügend Energie für die Reaktivierung von Philae vorhanden wäre, als der Komet im August seine stärkste Annäherung an die Sonne erreichte. Tatsächlich meldete sich der Lander am 13. Juni, doch bis zum 9. Juli fanden nur acht sehr kurze Kontakte statt.

Das Problem bestand darin, dass es durch mehr Sonnenlicht auch zu einer verstärkten Aktivität auf dem Kometen kam, die Rosetta dazu zwang, sich mehrere hundert Kilometer von Philae entfernt in Sicherheit zu bringen.

Nachdem die Kometenaktivität in den letzten Wochen nachgelassen hatte, versuchte Rosetta erneut eine Annäherung. In dieser Woche erreichte sie 200 km, die Grenze für einen guten Kontakt mit Philae, und fliegt heute in den Umkreis von 170 km vom Landeroboter.

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Philae-Landung - Director's Cut.
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In der Zwischenzeit haben die Lander-Teams ihre Analyse der Daten, die sie während der Kontakte im Juni und Juli erhalten haben, fortgesetzt und hoffen nun auf Erkenntnisse zum Status von Philae, als er zum ersten Mal aus dem Winterschlaf erwachte.

„Wir haben bereits herausgefunden, dass einer der beiden Empfänger von Philae und einer der beiden Transmitter wahrscheinlich nicht mehr funktionierten“, so Koen Geurts, technischer Manager von Philae im Lander-Kontrollzentrum des DLR in Köln. „Nun scheint es, als hätte auch der andere Transmitter Probleme. Manchmal schaltete er sich nicht wie erwartet ab, oder er schaltete sich zu früh ab, sodass wir wahrscheinlich mögliche Kontakte verpasst haben.“

Das Team berücksichtigt die neuen Informationen, wenn es darum geht, die vielversprechendste Strategie festzulegen, um wieder regelmäßig Kontakt herzustellen.

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Jetzt, da sich der Komet aus der Umlaufbahn des Mars herausbewegt, fallen die Temperaturen.

„Wir denken, dass wir bis Ende Januar Zeit haben, bevor die Innentemperatur der Landeeinheit zu kalt wird: Unter –51ºC kann sie nicht funktionieren“, ergänzt Koen.

Komet am 31.10.2015 (NavCam)
Komet am 31.10.2015 (NavCam)

Mittlerweile liefert Rosetta weiterhin mit ihrer Instrumentensuite einzigartige Daten, wobei sie die Oberfläche, die Atmosphäre und die Plasmaumgebung des Kometen unglaublich detailliert analysiert. 

„Kürzlich haben wir unser erstes Jahr am Kometen gefeiert. Jetzt freuen wir uns auf die wissenschaftlichen Entdeckungen, die das nächste Jahr mit sich bringt“, so Matt Taylor, Rosetta-Projektwissenschaftler bei der ESA. 

„Für nächstes Jahr planen wir nochmals eine entferntere Exkursion, dieses Mal durch den Schweif des Kometen und über eine Distanz von 2.000 km. Gegen Ende der Mission können wir hoffentlich noch einige sehr enge Vorbeiflüge vornehmen, da wir den Orbiter schließlich auf dem Kometen absetzen wollen.“

Der Plan sieht vor, die Mission mit einer kontrollierten Landung Rosettas auf der Kometenoberfläche zu beenden. Diese Idee entstand vor etwa sechs Monaten, als eine Verlängerung der Mission bis September 2016 bekannt gegeben wurde.

Wenn sich der Komet von der Sonne entfernt, erhält die solarbetriebene Sonde Rosetta auf ihrer Umlaufbahn jenseits der Jupiterbahn nicht mehr genug Sonnenlicht, um ihren Betrieb aufrechtzuerhalten. Die Reise ist dann noch länger als während der vorherigen 31 Monate Winterschlaf im All, der im Januar 2014 zu Ende ging.

Überdies werden Rosetta und der Komet im September nächsten Jahres von der Erde aus gesehen sehr nahe an der Sonne sein, wodurch sich die Übermittlung wissenschaftlicher Daten und operativer Befehle sehr schwierig gestaltet.

Die Rosetta-Teams prüfen nun, welche Manöver in der Nähe des Planeten in den Wochen unmittelbar vor dem dramatischen Finale der Mission erforderlich sind.

„Wir besprechen immer noch, wie genau das Ende des Mission aussehen wird“, erklärt Sylvain Lodiot, Leiter des Rosetta-Flugkontrollteams. „Es ist ein sehr komplexes und schwieriges Szenario, ähnlich denen, die unsere Flugdynamik-Teams für das Absetzen von Philae berechnen mussten.

„Der Plan sieht momentan vor, dass wir die Raumsonde zunächst im August in hoch elliptische Orbits bringen müssen – vielleicht nur bis zu 1 km vom Kometen entfernt –  bevor wir sie wieder zu einem entfernteren Punkt bringen, von dem aus die letzte Annäherung erfolgt und Rosetta Ende September auf einen langsamen Kollisionskurs mit dem Kometen gebracht wird.“

Man erwartet, dass die wissenschaftlichen Beobachtungen bis kurz vor Ende der Mission fortgesetzt werden und dass die Instrumente an Bord der Sonde einzigartige Daten aus bislang ungekannter Nähe aufzeichnen können.

„Wir werden Rosetta bis zum Ende begleiten, doch nach ihrer Landung auf der Kometenoberfläche ist es sehr unwahrscheinlich, dass wir noch mit ihr kommunizieren können“, ergänzt Sylvain Lodiot.

„Die Landung der Sonde Rosetta auf dem Kometen ist ein passender Abschluss dieser unglaublichen Mission“, meint Patrick Martin, ESA-Missionsleiter für Rosetta.

Weitere Informationen:

 

Weitere Informationen zur Landung von Rosetta auf dem Kometen sind im Blog-Artikel verfügbar: From one comet landing to another: planning Rosetta’s grand finale

Mehr zur Animation: Reconstructing Philae's flight across the comet

Mehr über das akustische Experiment CASSE/MUPUS: The sound of Philae conducting science

 

Über Rosetta

Rosetta ist eine Mission der ESA, an der sich ihre Mitgliedstaaten und die NASA beteiligen. Das Landegerät Philae wurde von einem Konsortium unter Leitung von DLR, MPS, CNES und ASI bereitgestellt.

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