Ein Kannibalenstern frisst seinen Artgenossen
09 September 2005
Das Weltraumteleskop Integral der ESA hat seine erste Entdeckung eines schnell drehenden Sterns gemacht, der dabei ist, seinen kleineren Nachbarn zu verschlucken.
Dabei handelt es sich um keinen gewöhnlichen Stern. Er war ursprünglich mindestens achtmal massiver als die Sonne und ist zu einem superdichten Neutronenstern mit nur 20 Kilometern Durchmesser zusammengefallen. Ein Teelöffel seines Materials würde rund eine Milliarde Tonnen wiegen.
Der Neutronenstern ist zwar viel zu klein, als dass wir ihn mit einem normalen Teleskop erkennen könnten, aber er ist im Röntgenlicht sichtbar. Integral hat ihn bei einer routinemäßigen Abtastung des Himmels am 2. Dezember 2004 entdeckt, als er plötzlich stark aufflackerndes Röntgenlicht abgab.
Messungen Integrals und des NASA-Satelliten „Rossi X-ray Timing Explorer“ zeigen uns, dass der Kannibalenstern ein so genannter Pulsar ist, ein sich sehr schnell um seine eigene Achse drehender Neutronenstern. Und hier haben wir es sogar mit einem der am schnellsten kreiselnden Pulsare zu tun, die je beobachtet wurden. Zurzeit dreht er sich mit einer Schwindel erregenden Geschwindigkeit etwa 600-mal pro Sekunde – und wird dabei sogar immer schneller.
Der Grund für diese Beschleunigung ist das auf die Oberfläche aufprallende Gas, das der Stern seinem Gefährten entreisst. Dieser rasende Zustrom heizt ihn bis auf nahezu eine Milliarde Grad Celsius auf und bewirkt die Abgabe riesiger Mengen von Röntgen- und Gammastrahlung.
Sein Gefährte ist inzwischen auf einen Bruchteil der Größe unserer Sonne zusammengeschrumpft und ist vielleicht nur noch so klein wie 40-mal die Masse Jupiters. Die beiden Sterne sind sich so nahe, dass sie zusammen in den Radius der Sonne passen würden. In seinem Kampf ums Überleben flitzt der schrumpfende Nachbar in nur 2,5 Stunden einmal um den Neutronenstern.