ExoMars-Start in Reichweite
Mit einer ersten Fahrtsimulation des ExoMars-Rovers Rosalind Franklin von seiner Landeplattform ist ein unglaubliches Jahr voller Vorbereitungen zu Ende gegangen. Nun steuert die Mission zielstrebig auf ihren Start im September zu.
Der ESA Rosalind Franklin Rover beginnt das Jahr nach monatelangen erfolgreichen Wartungs- und Funktionstests. Alle Instrumente sind flugtauglich, lediglich einige kleinere Anpassungen müssen noch in diesem Monat vorgenommen werden.
„Der Rover ist bereit und zusammen mit dem erfolgreichen Abwurftest der Fallschirme sind wir zuversichtlich, dass wir den Starttermin im September einhalten können“, sagt Pietro Baglioni, Leiter des ExoMars-Rover-Teams der ESA
Die Himmelsmechanik erlaubt es dem Raumfahrzeug nämlich nur alle zwei Jahre für etwa zehn Tage, den Mars von der Erde aus in kürzester Zeit – etwa neun Monate – zu erreichen.
Der Rover befindet sich jetzt in einem hochsterilen Reinraum auf dem Gelände von Thales Alenia Space in Turin, Italien, direkt neben seiner Reisegefährtin, der Landeplattform Kazachok. Nach einer letzten Überprüfung im April werden alle Komponenten des Raumfahrzeugs – Rover, Abstiegsmodul, Landeplattform und Trägermodul – zum Startplatz in Baikonur, Kasachstan, transportiert und auf den Start vorbereitet werden.
„Erst kurz vor der letzten Reise auf der Erde werden wir die endgültige Version der Software hochladen, die es dem Rover ermöglichen wird, den Mars autonom zu erkunden“, erklärt Baglioni.
Erste „Schritte“ auf dem Mars
Nach der nervenaufreibenden Landung auf der Marsoberfläche wird der lang erwartete Moment der ExoMars-Mission kommen, in dem der Rover die Landeplattform verlässt und zum ersten Mal auf den Marsboden fährt. Das Verlassen von Kazachok ist ein sorgfältig choreografierter Ablauf, der von den Ingenieur*innen auf der Erde geprobt wird.
Der Zwilling des ESA-Rovers Rosalind Franklin hat bei den jüngsten Tests auf einem Mars-Geländesimulator bei ALTEC in Turin erfolgreich die Plattform verlassen.
Während dieser Übungen fährt der Rover nur etwa 15 Minuten lang, der gesamte Prozess auf dem Mars wird jedoch einige Tage dauern. Nach der Landung wird der Rover neben anderen Tests mehr als eine Woche lang damit beschäftigt sein, seine Räder und seinen Mast auszuklappen.
„Das Verlassen der Landeplattform ist ein langer und kritischer Vorgang. Wir müssen behutsam vorgehen und ihn aus Sicherheitsgründen wie in Zeitlupe herunterfahren lassen“, erklärt Andrea Merlo, Leiter der ExoMars-Robotikabteilung von Thales Alenia Space.
Die Landeplattform hat zwei Ausfahrtrampen: eine vorne und eine hinten. Der Rosalind Franklin Rover ist so konstruiert, dass er selbst starke Steigungen auf den Rampen überwinden kann. Es ist jedoch Sache der Bodenkontrolle auf der Erde zu entscheiden, welcher Weg der sicherste ist, um loszufahren.
„Sobald die sechs Räder auf der Marsoberfläche aufkommen, beginnt die Geschichte dieses Rovers auf dem Mars. Wir sind bereit und freuen uns auf die eigentliche Mission“, sagt Merlo.
Amalia und Rosalind
Der Zwilling des ExoMars-Rovers, bisher trocken als Ground Test Model genannt, hat einen neuen Namen erhalten: Amalia. Er stammt von Professorin Amalia Ercoli Finzi, einer renommierten Ingenieurin mit umfassender Erfahrung auf dem Gebiet der Raumfahrtdynamik.
Finzi war die erste Frau, die in Italien einen Abschluss in Luftfahrttechnik gemacht hat. Sie war nicht nur als wissenschaftliche Beraterin für die ESA und die NASA tätig, sondern hat auch den Bohrer für den Rosetta-Lander Philae entworfen und sich bereits vor 20 Jahren für die Entwicklung des ExoMars-Bohrers eingesetzt.
„Ich fühle mich sehr geschmeichelt und geehrt, dass dieses wesentliche Element der ExoMars-Mission nach mir benannt wurde. Der Mars wartet auf uns“, freute Finzi, nachdem sie diese Nachricht erhalten hatte.
Die Ingenieur*innen nutzen den Rover Amalia, um verschiedene Szenarien nachzustellen und Entscheidungen zu treffen, damit der Rover Rosalind in der rauen Marslandschaft sicher ist. Das Modell entspricht genau den Anforderungen an den richtigen Rover auf dem Roten Planeten.
„Jetzt geht der Spaß erst richtig los. Wir werden Amalia nutzen, um riskante Aufgaben auszuführen, vom Herumfahren an den Hängen des Mars auf der Suche nach dem besten Weg für wissenschaftliche Arbeiten bis hin zum Bohren und Analysieren von Gestein“, erklärt Merlo.
Der Rover Amalia hat bisher gezeigt, dass er Bodenproben bis zu einer Tiefe von 1,7 Metern entnehmen und alle Instrumente bedienen kann, während er wissenschaftliche Daten an das Rover Operations Control Centre (ROCC) sendet, die operative Zentrale, von der aus der Einsatz des in Europa gebauten Rovers auf dem Mars koordiniert wird.
Hervorragende Teamarbeit
Die Anstrengungen, rechtzeitig an der Startlinie zu sein, waren enorm - mit Doppelschichten und ohne Zeit für Pausen, inmitten der COVID-19 Pandemie. Aber das Team wollte unbedingt ans Ziel gelangen.
„Die Zusammenarbeit zwischen der europäischen und der russischen Industrie, die Koordination zwischen den Raumfahrtorganisationen und die Arbeit der technischen Teams waren bemerkenswert“, lobt Pietro Baglioni.
Die Teams haben wichtige Probleme parallel gelöst, z. B. das Fallschirmsystem und die Elektronik des Abstiegsmoduls, mit genügend Spielraum für einen Start im September 2022. Die Vorbereitungen für den Start in Baikonur haben begonnen und im ESA-Kontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt steht ein eigenes Team bereit.
Der ESA-Roscosmos Trace Gas Orbiter wartet inzwischen auf die Ankunft von ExoMars am Roten Planeten. Zusätzlich zu seiner eigenen wissenschaftlichen Mission überträgt der Orbiter Daten des NASA-Perseverance-Rovers. Ebenfalls auf der Marsoberfläche unterwegs ist seit 2021 der chinesische Rover Zhurong.
„Nicht mehr lange und der europäische Rover kann 2023 mit einem wissenschaftlichen Labor der Spitzenklasse an Bord endlich zu den anderen Marsfahrzeugen stoßen“, sagt Baglioni.
Hinweise für Redakteur*innen
Das ExoMars-Programm ist ein gemeinsames Projekt von ESA und Roscosmos. In Europa ist Thales Alenia Space der industrielle Hauptauftragnehmer, Leonardo liefert den Bohrer und OHB die komplexen Labormechanismen. Neun verschiedene Instrumententeams aus ESA-Mitgliedstaaten, der NASA/JPL und des IKI/Roskosmos liefern die Nutzlast. Astrium Ltd. (ASU) ist für das Rover-Fahrzeug verantwortlich. Zum Programm gehört auch der Trace Gas Orbiter, der seit 2016 den Mars umkreist.
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