"Fliegende Untertasse" auf der Hannover Messe 2001
Es sieht aus wie eine fliegende Untertasse, ist aber keine, das "SpaceHouse". Das Modell des vom European Space Research and Technology Centre (ESTEC) in Zusammenarbeit mit Industriepartnern erarbeiteten Konzeptes zeigt exemplarisch den möglichen Einsatz kosmischer Technologien für umweltverträgliches Wohnen auf der Erde. Zu sehen ist es auf der Hannover Messe 2001, die vom 23. bis 28. April 2001 ihre Pforten geöffnet hat. Auf dem Stand der Kölner Firma MST Aerospace GmbH und der ESA in Halle 18 werden weitere innovative Materialien und Technologien präsentiert, die ursprünglich für Projekte der Raumfahrt entwickelt wurden und nun ihren Einsatz in irdischen Anwendungen finden sollen.
Kraftwerk in der Aktentasche
Wer ein Haus gebaut oder gekauft hat, ist in der Regel für den Rest seines Lebens an den Standort der Immobilie gebunden. Wie schön wäre es, bei einem Umzug das Heim mitnehmen zu können. Das in Hannover ausgestellte SpaceHouse könnte in Zukunft Abhilfe schaffen. Aus hochfestem und trotzdem leichtem Kohlefaser-Verbundmaterial konstruiert, soll es einmal für die dauerhafte menschliche Besiedlung des Mars dienen. Da der Flug des Menschen zu unserem Nachbarplaneten aber noch auf sich warten lässt, wurde das Konzept jetzt gewissermassen auf die Erde zurückgeholt. Das von der im sächsischen Coswig gelegenen Firma HTS GmbH zusammen mit Spezialisten des ESTEC, weiteren Partnern in der Wirtschaft und Mitarbeitern der Architekturfakultät der TU München auf das Reissbrett gebrachte Haus hat aber noch weitere kosmische Innovationen zu bieten. Die äussere Form ist vielfältig gestaltbar. Das Haus kann transportabel ausgelegt werden und es ist erdbebensicher. Ein Wasseraufbereitungssystem, wie es auch die Astronauten auf der Raumstation verwenden, sorgt für eine umweltfreundliche Wasserver- und Entsorgung. Die Energie wird über Solarzellen erzeugt.
Ein Highlight ist ein Solarzellen-Rollo, das über Regelungssysteme das Klima im SpaceHouse steuern und dabei gleichzeitig elektrische Energie gewinnen kann. Die Solarzellen sind nur etwa 10 bis 50 Mikrometer dick und auf einer extrem dünnen aber stabilen Folie aufgebracht. Designer können weitere vielfältige Anwendungen gestalten, z.B. einrollbare Sonnendächer oder mobile Anwendungen. Das Kraftwerk in der Aktentasche könnte also bald möglich werden.
TaVolo, der "schwebende" Tisch
Nicht nur den Architekten von Häusern stehen Raumfahrtmaterialien zur Verfügung, sondern auch den Innenarchitekten. Beim TaVolo-Tisch kommt wieder die Kohlefaser-Verbundtechnologie zum Einsatz. In Verbindung mit anderen Materialien wie Holz, Metall, Glas oder Stein sind vollkommen exotische Möbeldesigns möglich. Der scheinbar schwebende "beinlose" Tisch des ESTEC ist ein Beispiel dafür.
Weitere Anwendungsbeispiele demonstrieren auf dem Messestand die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten faserverstärkter Keramiken. Sie zeichnen sich u.a. durch geringe Dichte, hohe Steifigkeit und Festigkeit, geringe Temperaturausdehnung bei gleichzeitig guter Wärmeleitung sowie hohe Verschleiss- und Oxidationsbeständigkeit aus.
FORTIS steuert Uhren aus dem All
Der Schweizer Uhrenhersteller FORTIS liefert schon seit Jahren Zeitmesser für Raumfahrtmissionen. Nun hat das Unternehmen, gefördert von der ESA und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) ein neuartiges globales Zeitsynchronisationsexperiment auf die Internationale Raumstation ISS gebracht. Unter dem Namen "Global Transmission Services" (GTS) sollen einmal weltweit Uhren mit dem entsprechenden Empfänger immer die lokal richtige Zeit anzeigen. Als nächster Schritt sind Uhren in Entwicklung, die auch Signale senden und so z.B. ein SOS-Signal absetzen können. Die Möglichkeiten dieses Systems werden auf dem Stand ebenfalls gezeigt.
16 Exponate zeigen Anwendungen kosmischer Technologien
Insgesamt 16 Exponate stellen die ESA und MST Aerospace in Hannover aus. Die Partner können inzwischen auf eine zehnjährige Zusammenarbeit im Rahmen des Technologietransfer-Programmes der ESA zurückblicken. An die Hundert speziell für Raumfahrtprogramme entwickelte Technologien und Materialien wurden in dieser Zeit an Partner in der Industrie vermittelt, wo sie zum Teil den Unternehmen neue Märkte mit Hunderten von Millionen Euro Umsatz eröffneten. Neben den bisherigen Publikationsangeboten von MST Aerospace und ESA in Form von Katalogen und den Websites der beiden Partner wird pünktlich zur Messe im Internet unter der Adresse www.technology-forum.com ein virtueller Marktplatz für Technologien und Know-How eröffnet. Hier können Interessenten nach Lösungen für ihr Problem suchen bzw. eigenes Know-How oder die Leistungen ihres Unternehmens anbieten. Ein Gastzugang ermöglicht bei Recherchen in der internen Suchmaschine kostenfrei einen ersten Überblick. Gegen Mitgliedsgebühren wird der volle Zugang zu allen Informationen gewährt.
Einen kompletten Eindruck von der Leistungsfähigkeit kosmischer Technik in irdischen Anwendungen erhält der Interessent am Besten bei einem persönlichen Besuch in Hannover in Halle 18. Es lohnt sich auf alle Fälle.