Station, hier ist München!
Während die Raumstation 16 Mal am Tag die Erde umkreist, sorgt ein Team von Fachleuten im Columbus-Kontrollzentrum dafür, dass Europas größter Beitrag zum Weltraumlabor im Orbit 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche funktioniert: das Columbus-Modul.
Das Columbus-Kontrollzentrum, als Col-CC abgekürzt, befindet sich in Oberpfaffenhofen bei München im Deutschen Raumflugkontrollzentrum. In diesem großen Raum voller Monitore verfolgen Fachleute und Flugleitung alles, was im Columbus-Modul vor sich geht.
"Das Columbus-Kontrollzentrum, kurz Col-CC, ist eines von weltweit fünf Kontrollzentren, die für den Betrieb der Internationalen Raumstation zuständig sind. Es gibt zwei in den USA, eines in Japan, eines in Russland und das Col-CC in München.", sagt Michael Demel.
Das Team leiten
Michael Demel ist Flugdirektor. Er war der Increment-Leiter für den ersten Teil von Increment 70, der im September 2023 begann, während Alexander Stoelzle die Leitung ab Mitte Januar 2024 für den Rest von Increment 70 übernahm. Ein Increment ist die Zeit zwischen den Besatzungswechseln auf der Internationalen Raumstation und dauert in der Regel etwa sechs Monate; Increments überschneiden sich in der Regel mit Expeditionen auf der Raumstation.
"Der Flugdirektor an der Konsole ist der Leiter des Flugkontrollteams, mit dem wir für den sicheren Betrieb des ESA-Teils der Internationalen Raumstation, des Columbus-Moduls, verantwortlich sind. Wir arbeiten rund um die Uhr im Schichtbetrieb", sagt Demel über seine Rolle.
Er hat sich vom Praktikanten im Europäischen Astronautenzentrum (EAC) zum Betriebsingenieur als EUROCOM (European Communicator and Medical Operations) und nun zum Flugdirektor hochgearbeitet.
Auf die Frage, wie ein normaler Tag eines Increment-Leiters aussieht, spricht Demel über Planung, Management und mehr: "Ich bin der Flugleiter für das Increment, d.h. ich choreographiere und koordiniere die Abläufe rund um das Columbus-Modul, wobei ich über den Tag und die Woche hinausschaue, um das vorzubereiten, was wir vorhaben. Ich koordiniere die verschiedenen Teams hier am COL-CC und sorge dafür, dass wir einen Plan sowohl für die Crew an Bord der Raumstation als auch für die Teams hier unten auf der Erde haben."
Zu seinen Aufgaben gehört auch der Umgang mit Anomalien im Columbus-Modul. Wenn ein Fehler auftritt, kümmert sich der Flugdirektor zusammen mit dem Team um die Anomalie. Als Beispiel erzählt Demel von der Entfernung und dem Austausch eines Teils der Hardware am Columbus-Modul: "Als die Hardware an das Stromsystem in Columbus angeschlossen wurde, löste sie einen Kurzschluss in der Steckdose aus. Wir bekamen eine Meldung und machten uns an die Arbeit, um die Ursache herauszufinden. Dazu gehört auch, dass die Crew die Geräte inspiziert, ob etwas riecht oder ob es Rauch gibt. Dann werten wir die Daten aus, die wir von den Sensoren erhalten, und befolgen die Prozeduren zur Behebung der Anomalie".
Das europäische Kontrollzentrum verfügt über die gesamte Infrastruktur und die Teams, um den sicheren Betrieb des Columbus-Moduls zu gewährleisten.
Eine Teamleistung
Der Betrieb des Columbus-Moduls, das sowohl Astronautinnen und Astronauten als auch Experimente beherbergt, ist keine Aufgabe für eine einzelne Person. Es bedarf eines großen Teams engagierter Fachleute, um die Sicherheit der Besatzung an Bord zu gewährleisten und den Betrieb des europäischen Labors rund um die Uhr sicherzustellen. Die Arbeiten im Col-CC sind in Teams unterteilt, wie STRATOS, COL FLIGHT, COMET, COSMO und andere, zum Beispiel das Ground Control Team (GTC), das sich um die gesamte Infrastruktur am Boden und die Verbindungen im Col-CC kümmert.
STRATOS kümmert sich um die Wärme-, Strom- und Lebenserhaltungssysteme im Columbus-Modul, stellt sicher, dass alle Experimente mit Strom versorgt werden, und überwacht die Sensoren. Der Schwerpunkt liegt auf der Überwachung aller Sensoren an Bord und der Meldung von Problemen, die auftreten könnten.
COL FLIGHT wird die Position der Flugdirektorin oder des Flugdirektors genannt, die bzw. der für das Columbus-Flugkontrollteam verantwortlich ist und den europäischen Betrieb auf der Internationalen Raumstation leitet.
Das COMET-Team kümmert sich um die Nutzlastplanung und die Echtzeitplanung für das Columbus-Modul, stellt sicher, dass die Zeitpläne der Crew auf dem neuesten Stand sind, und kümmert sich um eventuelle Änderungen. Das Team weiß, wie lange jede Aufgabe dauert, einschließlich des Auspackens, des Aufbaus, der Durchführung des Experiments und möglicher Bedingungen, die es zu beachten gibt.
COSMO, die oder der Columbus Stowage and Maintenance Officer, überwacht die Ausrüstung und deren Organisation im Columbus-Modul. Wenn die Besatzung der Raumstation ein Paket finden muss, kann COSMO ihnen sagen, wo es sich befindet.
Neben den Teams im Col-CC gibt es auch sog. User Support Operation Centres (USOCS), die über ganz Europa verteilt sind. Ihre Aufgabe ist es, das Bindeglied zwischen den Forschenden am Boden und ihren Experimenten auf der Internationalen Raumstation zu sein.
Internationale Zusammenarbeit
COL-CC ist nicht das einzige Kontrollzentrum, das am Betrieb der Internationalen Raumstation beteiligt ist. Auch der Bereich EUROCOM spielt eine wichtige Rolle, wobei der Schwerpunkt auf der Unterstützung und Gesundheit der Besatzung liegt. Das Kontrollzentrum der NASA kennen Sie vielleicht unter dem Rufzeichen "Houston". Es befindet sich im Johnson Space Centre in Houston, Texas. Neben Europa und den USA gibt es auch ein Missionskontrollzentrum in Moskau für das russische Segment der Raumstation sowie ein Zentrum der japanischen Raumfahrtagentur (JAXA) für das KIBO-Modul.
Die internationale Kooperation ist ein wichtiger Aspekt der täglichen Arbeit am Col-CC: "Das wirklich Großartige an dieser Arbeit ist die internationale Zusammenarbeit. Wir arbeiten nicht nur in Europa, sondern auch über Länder und Ozeane hinweg zusammen.", sagt Michael Demel und führt weiter aus, warum nicht nur internationale Partner am Betrieb der Internationalen Raumstation beteiligt sind, sondern auch kommerzielle Partner hinzukommen: "Ein Beispiel ist die Bartolomeo-Plattform von Airbus, die sich an der Außenseite des Columbus-Moduls befindet, wofür sie mit uns gemeinsam an der Konsole arbeiten, wenn Arbeiten an ihren Nutzlasten durchgeführt werden. Ähnlich verhält es sich mit "ICE Cubes" von Space Application Service, das sich innerhalb des Columbus-Moduls befindet."
Geschichten aus dem All-Tag
Demel erinnert sich an eine interessante Anekdote der Huginn-Mission des ESA-Astronauten Andreas Mogensen: "Ja, da war diese Sache an seinem Geburtstag. Wir hatten einen Zwei-Wege-Videoanruf und das Team hier im Col-CC hatte sich Partyhüte aufgesetzt, um "Happy Birthday" zu singen. Die Besatzung der Raumstation war versammelt und Andreas wollte eine digitale Kerze auf einem kleinen Computer namens Astro Pi ausblasen. Doch als er sie ausblasen wollte, brannte sie immer wieder neu auf. Die Besatzung hat sich köstlich darüber amüsiert."
Die Geschichte und die Zukunft der Weltraumforschung
Col-CC wurde 2004 eingeweiht und unterstützte 2005 die erste astronautische Mission von Roberto Vittori. Der erste Hardware-Meilenstein war der Start des Columbus-Moduls im Jahr 2008, als es mit dem Space Shuttle Mission 122 transportiert wurde.
Seitdem hat das europäische Kontrollzentrum alle Aktivitäten rund um das Columbus-Modul koordiniert, ebenso wie die ATVs (Automated Transfer Vehicles), die Wissenschaft, Nahrung, Wasser, Treibstoff und Sauerstoff zur Raumstation gebracht haben.
Auch in Zukunft wird das Columbus-Kontrollzentrum den Beitrag der ESA zur Internationalen Raumstation für Experimente und die Besatzung an Bord unterstützen. Da sich die ESA und ihre internationalen Partner mit dem Gateway über die niedrige Erdumlaufbahn hinausbewegen, setzt das Columbus-Kontrollzentrum den Rahmen dafür, wie Experimente und astronautische Missionen im Weltraum unterstützt werden können.