ATV schließt Andockmanöver erfolgreich ab
Am 12. August dockte das fünfte und letzte Automatische Transferfahrzeug (ATV) der ESA an die Internationale Raumstation (ISS) an und stellte mit dem automatischen Manöver fehlerlose Technologie und menschliches Können unter Beweis. Der Raumfrachter George Lemaître wird die ISS für die kommenden sechs Monate mit Vorräten versorgen und ein Reboost-Manöver durchführen.
Das vollautomatische Andocken vollzog sich um 15:30 UHR MESZ nur wenige Augenblicke, nachdem der ausgefahrene Adapter des Frachters mit dem hinteren Dockingport des russischen Swesda-Moduls in Berührung kam.
Auf den Kontakt folgte das automatische Verriegeln und Schließen mehrerer Haken, wodurch eine feste mechanische Verbindung mit der ISS sichergestellt werden konnte. Anschließend wurden Daten- und elektrische Verbindungen aufgebaut, die das ATV an das Stromnetz des orbitalen Außenpostens anschlossen und eine direkte Kommunikationsverbindung zwischen den ISS-Computern und dem ATV ermöglichen.
Vor dem Andocken führte das ATV über Stunden mehrere automatische Manöver aus, während derer es sich selbst über eine Strecke mit mehreren Wegpunkten beförderte. Die Wegpunkte begannen etwa 40 Kilometer hinter und knapp unter der Raumstation.
Das ATV navigiert sich selbst
„Ab 39 Kilometer Entfernung bis gerade einmal 250 Meter vor der Raumstation navigierte sich das ATV selbst mithilfe von relativen Satellitennavigationssignalen, die der ISS und dem ATV dazu dienten, ihre Positionen über GPS abzugleichen“, erklärt Jean-Michel Bois, Leiter des ESA-Betriebsteams im ATV Control Centre im französischen Toulouse. Der Missionsbetrieb erfolgte in Zusammenarbeit mit der französischen Weltraumagentur CNES.
„Für die Navigation über die letzten 250 Meter nutzte das ATV einen Videometer und einen Telegoniometer, die mittels Laserimpulsen die Distanz und Ausrichtung zur Station berechnen.“
Der Prozess lief rundum fehlerfrei und wurde sowohl vom Bodenteam als auch von den Kollegen auf der ISS, dem Astronauten Alexander Gerst und dem Kosmonauten Alexander Skworzow, strengstens überwacht.
„Der europäische Raumfrachter Georges Lemaître hat erfolgreich an die ISS angedockt und die gesamte Crew möchte den brillanten Ingenieurteams am Boden und im ATV Control Center in Toulouse sowie in Moskau herzlich gratulieren. Außerdem bedanken wir uns bei all jenen, die in den letzten 20 Jahren daran mitgewirkt haben, einen der modernsten Versorgungstransporter zu entwickeln, die je von der Erde aus ins All geschickt wurden“, so Alexander Gerst, ESA-Astronaut an Bord der ISS.
„Dies ist zwar das letzte ATV, das ins All fliegt, doch das gewonnene Know-how und seine Technologie werden schon 2017 wieder im Weltraum zum Einsatz kommen. Dann wird die NASA mit dem ersten European Service Module (ESM) an einer Orion-Kapsel den Weg für die neue Generation der Weltraumforschung ebnen.“
Am Tag nach dem Andocken hat die Crew die Klappe des Transporters geöffnet und einen Ventilator zu installiert, der die Luft im Innenraum auffrischt, bevor das neue Lager für den täglichen Gebrauch genutzt werden kann.
Eine der wichtigsten Funktionen des ATV ist der Einsatz seiner Triebwerke, um die ISS mittels eines sogenannten Reboost wieder auf ihre ursprüngliche Höhe anzuheben. Ein Test-Antriebsmanöver hat gestern, zwei Tage nach dem Andocken, erfolgreich stattgefunden.
Das Team hat ganze Arbeit geleistet
„Die in Europa entwickelte Dockingtechnologie hat nun zum fünften und letzten Mal absolut fehlerfrei funktioniert, daher war die endgültige Ankunft des europäischen Raumfrachters gar nicht mehr allzu spannend“, meint Massimo Cislaghi, ATV-5-Missionsleiter.
„Den wichtigsten Teil haben jedoch die Weltraumcrew und die ESA-, CNES- und Weltraumteams am Boden beigetragen, die erstklassige Arbeit geleistet haben. Ihrem Engagement während der gesamten Projektlaufzeit ist es zu verdanken, dass ATVs nun allgemein als die verlässlichsten und betriebssichersten Weltraumfahrzeuge bekannt sind, die je gebaut wurden.“
Das ATV, das nach dem belgischen Wissenschaftler und Begründer der Urknall-Theorie Georges Lemaître benannt wurde, startete am 30. Juli um 01:47 UHR MESZ (29. Juli um 23:47 Uhr GMT) an Bord einer Ariane-5G-Trägerrakete vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guayana.
Der Transporter ist mit einer 6602 Kilogramm schweren Fracht beladen, darunter 2680 Kilogramm Trockenladung sowie 3922 Kilogramm Wasser, Treibstoffe und Gase.
Zur Fracht zählt auch eine komplexe wissenschaftliche Hardware, darunter ein Schmelzofen (der elektromagnetische Levitator, kurz EML), mit dem Experimente zur Verbesserung von industriellen Metalllegierungsverfahren durchgeführt werden sollen. Der Ofen ermöglicht einen feineren Metallguss und präzisere Messungen als auf der Erde, wo die Ergebnisse von der Schwerkraft beeinflusst werden.