Die Fantastischen Vier heben ab
In diesem Monat befördert eine einzige Ariane-5-Rakete vier Galileo-Satelliten in den Erdorbit. Erstmalig werden vier Satelliten des Navigationssystems gleichzeitg in die Erdumlaufbahn gebracht. Das Europäische Missions-Kontrollteam trainiert intensiv für die komplexe Aufgabe dieses Raumflugs.
Am 17. November wird beim Arianespace-Flug VA233 ein speziell für diese Mission konzipiertes Nutzlast-Abtrennsystem eingesetzt, um vier identische Galileo-Navigationssatelliten gleichzeitig in den Orbit zu befördern.
Dies wird der achte Galileo-Start. Danach befinden sich 18 Galileo-Satelliten im All. Das komplette Galileo-System wird sich aus 24 operativen Satelliten und der Infrastruktur auf der Erde zusammensetzen, um Positionsdaten sowie Navigations- und Zeitdienste anzubieten.
Bislang erfolgten die Transporte ins All immer mit Soyuz-Raketen. Dabei wurde jeweils ein Satellitenpaar ins All geschossen.
Der Vierfachstart birgt einige technische Herausforderungen. Dazu zählt auch das neue Abtrennsystem, mit dem die vier Galileo-Satelliten im All platziert werden, und es gilt, nahezu simultan die Kontrolle über die vier unabhängigen Satelliten zu erlangen.
Komplexe Missionskontrolle – vierfach!
Die Ariane-5-Rakete erreicht nach ihrem dreieinhalb Stunden dauernden Aufstieg den mittleren Erdorbit.
Anschließend übernimmt ein kombiniertes Missions-Kontrollteam der ESA und der Französischen Raumfahrtagentur CNES die Steuerung, sobald sich die vier Satelliten von der Trägerrakete gelöst haben. Das Team begleitet das Raumfahrzeug durch die kritische Start- und frühe Orbitalphase, die für das erste Satellitenpaar neun Tage und für das zweite 13 Tage dauern wird.
“Wenn sich die vier Galileo-Satelliten in zwei Paare trennen, wird das Missionteam in zwei Schichten an der Konsole im CNES-Kontrollzentrum in Toulouse arbeiten. Jede Schicht betreut dann zwei der vier Raumfahrzeuge. Es wird also eine sehr intensive Zeit”, erklärt Liviu Stefanov, Co-Flight Director der ESA.
“Dabei handelt es sich um dasselbe Team, das bereits die vorherigen frühen Orbitalphasen von Galileo betreut hat. Wir kennen uns also einigermaßen gut mit den Satelliten an sich aus”, sagt Hélène Cottet, Lead Flight Director des CNES.
“Diese Mission unterscheidet sich dadurch, dass es sich diesmal um vier Raumfahrzeuge handelt, um die wir uns kümmern müssen – manchmal nacheinander und manchmal parallel. Wir haben viel Mühe und Aufwand in die Planung und das Training gesteckt, um diese ersten Stunden im All zu bewältigen.”
Das gemeinsame Team hat seit 2011 alle anfänglichen Flugoperationen im Galileo-Projekt abgewickelt – abwechselnd, entweder vom ESOC, dem Missionskontrollzentrum der ESA in Darmstadt, aus oder vom CNES-Kontrollzentrum in Toulouse.
Haupt-Ziel: der Orbit in 23.200 km Höhe
Die Trennung markiert den Beginn der kritischen Aktivitäten und Manöver, um sicherzustellen, dass alle vier Satelliten für den Rest der Mission für die Übergabe an das Galileo Control Centre beim DLR in Oberpfaffenhofen bereit sind.
Unter anderem ist sicherzustellen, dass alle Satelliten ihre Sonnenkollektoren ausgeklappt haben und ‘eingeschaltet’ sind, dass eine Datenverbindung über die Bodenstationen besteht, dass erschöpfende Integritätsprüfungen durchgeführt werden und dass die Raumfahrzeuge in eine stabile Position gebracht werden, die zur Erde weist, sodass sie für anschließende Manöver bereit sind.
Nach dem Abwurf führen alle Satelliten drei Düsenschübe in eintägigen Intervallen durch, um in ihre Übergabe-Orbits zu gelangen. Anschließend überträgt das gemeinsame CNES/ESA-Team die Kontrolle an das Galileo Control Centre in Oberpfaffenhofen.
“Nach ein paar Tagen erwarten wir, dass die Dinge sich beruhigen und dass wir uns auf das Manövrieren von zwei Satelliten konzentrieren können, während die anderen beiden ‘gebabysittet’ werden”, erklärt Tom Cowell von der ESA, einer der vier Spacecraft Operations Manager.
“Nach der Übergabe des ersten Satellitenpaars an Oberpfaffenhofen können wir die anderen beiden Raumfahrzeuge in Position bringen, wie wir es bereits bei den vorhergehenden paarweisen Starts gemacht haben.”
Auch nach der Übergabe unterstützen die Spezialisten der ESA und des CNES, mit Hilfe des CNES Network Operations Centre, das Projekt, mit der Bestimmung und Berechnung der Orbitalmanöver zur Ausrichtung der Satelliten, bis diese ihre endgültige Umlaufbahn in einer Höhe von etwa 23.200 km erreichen. Dies wird für Anfang 2017 erwartet.
Training, Simulation, Vorbereitung
Seit dem Sommer unterziehen sich alle Beteiligten dieses Galileo-Starts einem Training mit zahlreichen Simulationen. Die meisten davon drehen sich um die Notfallplanung.
Diese Woche wird die Trainingsphase mit einer intensiven dreitägigen Simulation in Toulouse abgeschlossen.
Im Anschluss an eine Netzwerk-Countdownübung am 14. November, startet am 17. November kurz nach Mitternacht der Countdown für den Start. Der Lift-off vom Europäischen Raumhafen in Kourou, Französisch Guiana, ist für denselben Tag um 13:06 GMT (14:06 CET) angesetzt.
“Das wird eine große Herausforderung, aber wir haben bereits 14 Galileo-Satelliten in den Orbit befördert. Unser gemeinsames Team vertraut also voll und ganz auf seine Fähigkeiten und Kenntnisse”, meint Hervé Côme, Co-Flight Director der ESA.
“Wir wissen, dass wir uns auf unser Teamwork und unser Expertenwissen verlassen können und freuen uns auf einen reibungslosen Lift-off bei Galileos erstem Vierfachstart.”