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Fakten über „The Burn“

31/12/2019 894 views 7 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Der ESA-Kurzfilm „The Burn" führt uns während eines kritischen Moments einer zukünftigen Mission in das Herz des europäischen Kontrollzentrums.

Gedreht wurde der Film im ESA-Satellitenkontrollzentrum in Darmstadt. Viele der Akteure, die in diesem Film vorkommen, arbeiten auch in Wirklichkeit als Raumfahrtingenieure und Flugdynamikspezialisten bei der ESA. „The Burn“ veranschaulicht die Bedeutung jahrzehntelanger Investitionen in eine moderne Infrastruktur für den Missionsbetrieb und gut ausgebildete Teams, um Europas gewagteste Raumfahrtmissionen zu fliegen.

Kurzfassung des Films

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Der ESA-Kurzfilm „The Burn"
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Achtung, Spoiler! Der nachfolgende Text enthält Einzelheiten über den Film. Deshalb empfehlen wir Ihnen, sich zunächst „The Burn“ anzusehen, bevor Sie weiterlesen.

Die Handlung findet im Jahr 2029 im ESA-Satellitenkontrollzentrum in Darmstadt statt und erzählt die Geschichte eines Kontrollteams, das scheinbar eine Mission verliert, weil die Raumsonde nicht in die Umlaufbahn des Mondes eintritt und ihr Ziel verfehlt.

Die Geschichte nimmt ihren Anfang im Briefing-Raum, in dem der Spacecraft Operations Manager (SOM) das Team zusammenbringt, um mit ihm die bevorstehende Aufgabe noch einmal durchzugehen. Das Ziel besteht darin, die Raumsonde durch eine einzige, sehr präzise Triebwerkszündung zu verlangsamen, damit sie von der Schwerkraft des Mondes "eingefangen" wird und in die Mondumlaufbahn eintreten kann.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Triebwerkszündung stattfindet, während sich die Sonde von der Erde aus gesehen hinter dem Mond befindet. Das Kontrollteam hat zu diesem Zeitpunkt keinen Kontakt zur ihr.

"Es gibt nur eine Gelegenheit, es richtig zu machen."
"Es gibt nur eine Gelegenheit, es richtig zu machen."

"In 10 Minuten im Kontrollraum"

Das Team nimmt im Hauptkontrollraum seine Plätze ein, um mit der Zündung zu beginnen. SOM, Kontroll-Team und Flugdynamik-Experten in den verschiedenen Räumen des Kontrollzentrums sind in ständigem Kontakt untereinander und tauschen zusätzlich Informationen mit den Ingenieuren in der ESA-Bodenstation New Norcia in Australien aus.

Als die Zündung beginnt, läuft alles nach Plan. Wie erwartet, verliert das Team die Verbindung zur Raumsonde, als diese sich hinter dem Mond befindet. Alle warten gespannt auf die Rückkehr des Signals, als das Raumschiff auf der anderen Seite wieder auftaucht, aber es bleibt aus.

Die Ingenieure in der Bodenstation von New Norcia melden lediglich einen Signalimpuls, der für eine kurze Zeit kommt und wieder verschwindet. Es muss daran liegen, dass sich das Raumschiff dreht und die Erde nicht lokalisieren kann - aus irgendeinem Grund ist es in den abgesicherten Modus übergegangen.

"Komm schon.... hör auf, dich zu drehen..."
"Komm schon.... hör auf, dich zu drehen..."

Es werden Kommandos an das Raumschiff gesendet, um die Drehung zu stoppen - glücklicherweise stabilisiert sich die Sonde.

Aber was ist mit der Zündung? Das Flugdynamik-Team berechnet neue Parameter, um die Zündung nach der ungeplanten automatischen Abschaltung der Triebwerke zu vervollständigen. Allerdings gibt es ein Problem.

Zu diesem Zeitpunkt braucht die Sonde noch 20 Minuten, um wieder auf Kurs zu kommen, aber dafür reicht der Treibstoff nicht aus. Das Team hat die Zündung für den Einschuss in den Orbit verpasst und die Sonde ist nicht in die richtige Umlaufbahn gelangt - das Raumschiff verlässt den Mond-Orbit.

Doch plötzlich beglückwünscht der Flugdirektor das Team! Alles war nur eine Simulation, ein Training. Nun gilt es, herausfinden, wie sie solche Situationen in der Realität vermeiden können. Während der Simulation wurde das Raumschiff von einer Sonneneruption getroffen, als es nicht mehr in Sichtweite war. Dabei wurden die beiden Sternen-Navigationskameras geblendet und die Sonde wusste nicht mehr, in welche Richtung sie flog.

"Wir werden den Mondorbit nicht erreichen..."
"Wir werden den Mondorbit nicht erreichen..."

Zwar haben sie das simulierte Raumfahrzeug verloren, aber mit jeder Übung stellt das Team sicher, dass sich das echte Raumschiff später in sicheren Händen befindet, weil es sich im Voraus auf jede mögliche Situation vorbereitet.

Die Simulationen laufen in der Regel über mehrere Tage, bevor kritische Missionen durchgeführt werden. Zusammen mit der hochmodernen Kontrollinfrastruktur, aktuellen Softwaresystemen und dem größten Deep-Space-Antennennetz in Europa wurde noch keine Mission verloren.

Was ist geschehen?

"Es weiß nicht, wo die Erde ist"
"Es weiß nicht, wo die Erde ist"

In dieser Simulation fand ein sehr unwahrscheinliches Ereignis statt: eine Sonneneruption schaltete die beiden Sternen-Navigationskameras des Raumschiffs außer Gefecht. Diese dienen dazu, die Position der Sterne am Himmel zu messen und funktionieren wie eine Landkarte, da die Raumsonde diese Informationen zur Orientierung nutzt.

In der Regel weiß ein solches Raumschiff (mit Hilfe der Sonnensensoren) auch ohne die Sternen-Navigationskameras, wo die Sonne steht und wo sich die Erde in Relation zur Sonne befindet - denn diese Information wird normalerweise in seinem Speicher abgelegt. Allerdings ist ihm seine eigene Position in Relation zur Erde nicht bekannt. Nach Verlust der festen „Positionsreferenz“ fängt das Raumschiff an, sich zu drehen.

"Das Signal ist stark und stabil."
"Das Signal ist stark und stabil."

Stellt man sich eine Linie zwischen Sonne und Erde vor – dann fängt das Raumschiff an, sich um diese Linie zu drehen. Dabei wird das Signal bei jeder Rotation einmal die Erde streifen. Auf der Erde erscheint dies als Bake und gibt dem Betreiber die notwendigen Informationen, um die Drehung des Raumschiffs zu stoppen - genau in dem Moment, wenn die Antenne auf die Erde gerichtet ist.

Diese Strategie wird normalerweise für Raumfahrzeuge verwendet, die während des normalen Betriebs in die Tiefen des Weltraums fliegen, wie z.B. Juice, Solar Orbiter und BepiColombo. Bei relativ nahen Raumfahrzeugen, die sich dem Mond nähern, wäre solch ein Ausfall in der Realität eher unwahrscheinlich.

New Norcia Bodenstation für interplanetare Missionen
New Norcia Bodenstation für interplanetare Missionen

Erstens kommen Sternen-Navigationskameras üblicherweise nur dann zum Einsatz, wenn das Raumschiff stabil ist - und somit Sterne beobachtet werden können - und nicht während einer Zündung. Zweitens können die Betreiber die so genannten Rundum-Antennen einsetzen, um im Falle der eher seltenen Situation, dass das Raumfahrzeug die Orientierung verliert, den Kontakt mit ihm aufrechtzuerhalten.

Das Scheitern einer Deep-Space-Mission würde jedoch aufgrund der Distanzen eine große Verzögerung der Kommunikation nach sich ziehen. Die Darstellung solch einer Situation würde also einen recht langen Film ergeben. Daher haben wir uns für ein Szenario entschieden, das im tiefen Weltraum auftreten könnte, und es auf eine nahe gelegene Mondmission angewandt.

Probleme während eines Orbit-Einschusses sind allerdings nicht ungewöhnlich. Im Jahr 2003 konnte die japanische 'Nozomi'-Sonde nicht in die Marsumlaufbahn eintreten, da die Elektronik durch eine Sonneneruption beschädigt wurde.

Und im Jahr 1999 scheiterte der Mars-Climate-Orbiter aufgrund eines Rechenfehlers in der Umlaufbahn um den Mars. Die japanische Venus-Sonde 'Akatsuki' konnte 2010 aufgrund technischer Probleme mit dem Antriebssystem nicht in die Venus-Umlaufbahn gebracht werden.

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