Happy Birthday, Envisat!
In der Nacht vom 28. Februar auf den 1. März 2002 erhob sich der größte jemals gebaute Erdbeobachtungssatellit vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch Guayana in die Erdumlaufbahn. Seit zehn Jahren behält Envisat unseren Planeten im Auge.
Die Mission hat ihre geplante Laufzeit inzwischen verdoppelt und der Satellit hat die Erde mehr als 50.000 Mal umkreist.
Mit den zehn hochmodernen optischen und Radar-Instrumenten an Bord des Satelliten können die Landmassen der Erde, die Atmosphäre, die Ozeane und die Polkappen kontinuierlich beobachtet werden. Etwa 2.000 wissenschaftliche Veröffentlichungen beruhen auf diesen Daten.
Das größte Instrument des Satelliten ist das Advanced Synthetic Aperture Radar, das unabhängig vom Tageslicht eingesetzt werden kann, da es Wolken durchdringen und im Dunkeln sehen kann. Dies ist besonders über den Polargebieten nützlich, wo das Wetter oft schlecht ist und über längere Zeit Dunkelheit herrscht. So halfen die Radardaten bei der Beobachtung des arktischen Meereises, das sich letzten Sommer auf einem Rekordminimum befand.
Das MERIS (Medium Resolution Imaging Spectrometer) erfasst auf seinen Bildern Ozeanfarbe und Landoberfläche. Die MERIS-Bilder werden für die Erstellung hochauflösender Karten der globalen Landbedeckung im Rahmen des GlobCover-Projekts verwendet. Diese Karten dienen der Modellierung der Ausmaße und Auswirkungen des Klimawandels, dem Erhalt der Artenvielfalt und der Verwaltung natürlicher Ressourcen.
Spurengase in der Troposphäre und Stratosphäre werden global durch das Sciamachy-Spektrometer gemessen. So entstehen Karten der Luftverschmutzung durch Kohlendioxid, Methan und Stickstoffdioxid.
3D-Karten der Atmosphären-Chemie
Drei Instrumente an Bord des Envisat (MIPAS, SCIAMACHY und GOMOS) können, die Atmosphäre gleichzeitig so beobachten, wie es mit dem menschlichen Auge nicht möglich ist: Sie erzeugen detaillierte horizontale und vertikale Querschnitte durch die Atmosphäre, die die Verteilung zahlreicher chemischer Verbindungen darstellen. Die Sensoren erfassen Löcher in der immer dünner werdenden Ozonschicht und sehen den Smog über großen Industriestädten oder Waldbränden.
Wie ein Himmelsthermometer misst das AATSR (Advanced Along Track Scanning Radiometer) des Envisat die thermische Infrarotstrahlung, um die Temperatur der Land- und Meeresoberflächen zu erfassen. Diese Daten werden für die Erstellung des ATSR-Weltfeueratlas genutzt.
Daten werden auch für Dienstleistungen genutzt
Ein weiteres Instrument des Envisat-Satelliten ist das Radar-Altimeter, der die Oberflächentopografie mit einer Genauigkeit von wenigen Zentimetern bestimmt. Dieses Instrument ist in der Lage, Schwankungen der Meeresoberflächenhöhe (Ozeantopografie) und indirekt sogar die Höhe des Meeresbodens anzuzeigen.
Envisat produziert wichtige Daten zur Erdbeobachtung nicht nur für Wissenschaftler sondern auch für viele Dienstleistungen, wie etwa Überwachung des Meereises oder von Ölunfällen.
Obwohl der Betrieb von Envisat systematisch abzulaufen scheint, sind dennoch ein hohes Maß an Ingenieursleistung und wissenschaftlichen Kapazitäten notwendig, um die Mission am Laufen zu halten. Envisat verdankt sein Jahrzehnt des Erfolges einer über zehn Jahre andauernden Teamarbeit.
Eine der allerersten Herausforderungen für das Envisat-Team war die radikale Änderung des Einsatzszenarios nur wenige Monate vor dem Start aufgrund von Problemen mit dem ESA-Kommunikationssatelliten Artemis, der die Daten weiterleitet. Über die Jahre fand man schnelle Lösungen für alle Anomalien, die den Satelliten und seine Nutzlast beeinflussen, sowie technische Lösungen zur Verlängerung der Mission über die geplanten fünf Jahre hinaus.
Aufgrund der gesteigerten Nachfrage seitens der wissenschaftlichen Nutzergemeinschaft nach Envisat-Produkten wurde der Datenstrom an die Nutzer in den ersten fünf Jahren allmählich gesteigert. Über die Jahre wurden fortwährende Anpassungen der Einrichtungen am Boden im Hinblick auf Datenübertragung und Datenqualität vorgenommen.
Envisat - wichtiges Instrument der Geowissenschaften
2004 wurden die ersten wissenschaftlichen Ergebnisse der Mission auf dem Envisat-Symposium in Salzburg vorgestellt. Die etwa 1.000 Teilnehmer waren ein Zeichen dafür, dass sich die Envisat-Mission als eines der wichtigsten Werkzeuge für die Geowissenschaften etabliert hat.
Die vorgestellten Ergebnissen waren aus zahlreichen Bereichen, unter anderem ging es um atmosphärische Verschmutzung, Feuer, Bewegung des Meereises, Überwachung der Strömungsgeschwindigkeiten der Ozeane oder um die Kartierung von Vegetationsänderungen.
Drei Jahre später fand 2007 ein weiteres Symposium in Montreux in der Schweiz statt. In den Vorträgen ging es unter anderem um die ersten globalen Messungen der Treibhausgase, die die schnell wachsende Konzentration des Kohlendioxids demonstrieren, und die jahreszeitliche Schwankung der Methankonzentration.
2010 wurde die Umlaufbahn des Satelliten geändert, damit Envisat für mindestens drei weitere Jahre genutzt werden kann. Damit wurde die Versorgung mit wichtigen Erdbeobachtungsdaten gesichert bis die nächste Satellitengeneration - die Sentinels - vollständig einsatzbereit ist.
Die Sentinel-Missionen werden gegenwärtig im Rahmen des europäischen Umwelt- und Sicherheitsüberwachungsprojekts GMES entwickelt.
Sehen Sie weitere Envisat-Erfolge auf der Miniseite zu Envisat's zehntem Geburtstag.