Klimawandel: "Die Menschen können auch die Folgen eindämmen"
Beim Klimagipfel in Paris treffen sich Politiker, um über die Zukunft der Erde zu verhandeln. Wie sieht die Zukunft der Erde aus? Was wird in den nächsten 100, in den nächsten 500 oder gar in den nächsten 1000 Jahren passieren? Im Rahmen einer Sonderausgabe von "Space" geben Experten darauf Antworten.
Euronews-Reporter Jeremy Wilks: "Was passiert aktuell? Wie geht es weiter mit unserem Planeten? Ich bin hier am Stand der Europäischen Weltraumorganisation ESA mit Jean-Nöel Thépaut, einem Meteorologen am Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen und Andrew Sheperd, er ist Professor für Erdbeobachtung an der britischen Universität Leeds. Willkommen meine Herren. Was wissen wir sicher darüber, was in Zukunft auf der Erde passieren wird?"
Jean-Nöel Thépaut: "Es ist schwierig für einen Wissenschaftler, etwas mit absoluter Sicherheit zu sagen. Sie sagen eher, es ist wahrscheinlich, es ist sehr wahrscheinlich, es ist höchst wahrscheinlich. Was wir mit Sicherheit sagen können, ist, was gerade passiert, was wir sehen. Die Temperatur ist angestiegen, der Meerespiegel auch, das Meereis geht zurück genauso wie die Gletscher."
Euronews: "Werden wir in 100 Jahren immer noch einen weißen Nordpol haben mit Eisbären, die dort leben?"
Andrew Shepherd: "Basierend auf unseren jetzigen Kenntnissen, werden sich die Verhältnisse in der nördlichen Hemisphäre sehr verändern. Das Meereis ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Das wissen wir sicher. Die polaren Eismassen der Arktis und von Grönland werden vom Weltraum gleich aussehen, große weiße Flächen, aber es wird weniger Eis sein. Es wird einiges Eis geschmolzen sein, in Folge steigt der Meeresspiegel. Die Menschen müssen sich an diese Veränderungen anpassen."
Euronews: "Wir haben gerade im Video gesehen, dass es jetzt eine ganze Menge Satelliten im All gibt. Wir haben aber erst seit ungefähr 30 Jahre wirklich gute Daten und seit zirka 200 Jahren gibt es Beobachtungen von der Erde aus. Wie sicher können wir sein, dass wir die richtigen Voraussagen machen, dass wir die Informationen bekommen, die wir über unseren Planeten brauchen?"
Jean-Nöel Thépaut: "Es gibt ein wenig mehr als 30 Jahre Beobachtungen aus dem All. Die Wettersatelliten starteten in den 1960er-Jahren, Mitte der 60er-Jahre. Davor gab es natürlich weniger. Also müssen wir diese Daten mit besseren Beobachtungen ersetzen, dann bekommen wir geologische Datensätze."
Andrew Shepherd: "In den vergangenen zehn Jahren haben wir wirklich gute Messungen der Polarregionen bekommen, dank der Cryosat-Mission der Europäischen Weltraumorganisation, die jetzt die gesamte Norpolareiskappe und die Südpolregion beobachtet. Wir dachten, dass die polaren Eismassen wie schlummernde Riesen unverändert bleiben, bis wir sie mit Satelliten beobachteten. Jetzt sehen wir, dass sie sich von Zeit zu Zeit verstärkt bewegen. Die Eisberge an einigen Orten in Grönland wandern fünf bis zehn mal schneller als noch vor 20 Jahren. Der Planet Erde sieht ganz anders aus als zu Zeiten der letzten verbindlichen Vereinbarung beim Kyoto-Protokoll 1997."
Euronews: "Hier auf diesem Klimagipfel werden Entscheidungen von Politikern getroffen. Aber wie wird das überwacht, wie können wir dafür sorgen, dass die Menschen auch das tun, was sie versprochen haben?"
Jean-Nöel Thépaut: "Es gibt bereits Gespräche auf der Ebene der Europäischen Kommission, ob wir einen zusätzlichen Sentinel-Satelliten, eine zusätzliche Mission brauchen, um die Kohlenstoffdioxid-Emissionen zu überwachen und sicherzustellen, dass das, was versprochen oder während des Klimagipfels entschieden wurde, auch tatsächlich passiert."
Euronews: "Wenn wir in die Zukunft blicken, 1000 Jahre weiter, gibt es andere Dinge, die passieren können, die möglich sind?"
Andrew Shepherd: "Ich glaube, die Modellprojektionen für die nächsten 1000 oder 10.000 Jahre sagen uns, dass es möglicherweise keine Eisdecke mehr in Grönland oder kein polares Meereis in der Arktik geben wird. Der Planet Erde würde völlig anders aussehen, wenn das passiert. Diese unwahrscheinlichen aber möglichen Szenarien sollten von den Menschen berücksichtigt werden. Aber natürlich wollen wir den Leuten keine Angst machen mit Sachen, die in 10.000 Jahren passieren könnten."
Euronews: "Wenn man unseren Planeten im Rahmen des Sonnensystems betrachtet. Da gibt es auf der einen Seite die Venus, ein schreckliches Beispiel dafür, dass Klimawandel schlecht ausgegangen ist, und auf der anderen Seite haben wir den Mars, eine Art gefrorene Wüste. Ist es da nicht komplett verrückt sich vorzustellen, dass wir unseren Planeten kontrollieren können?
Jean-Nöel Thépaut: "Nun, wir haben die Welt im Laufe des vergangenen Jahrhunderts durch einen enormen Ausstoß von Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre verändert. Wir sollten auch in der Lage sein, die Folgen einzudämmen."
Andrew Shepherd: "Ja, ich habe Vertrauen in die Technik. Die Technik hat viele erstaunliche Dinge im 20. Jahrhundert bewirkt. Es gibt keinen Grund, warum das nicht auch gelöst werden kann. In Zukunft muss es andere Energiequellen geben, das ist absolut klar. Alle Menschen, die damit befasst sind, wissen das, und sie investieren alles, was möglich ist, um dieses Problem zu lösen."