Kürzere Seewege durch schmelzendes Eis in der Arktis
Das schmelzende Meereis während der Sommermonate öffnet zwei wichtige Seerouten durch das Nordpolarmeer. Satellitendaten zeigen, dass wir einem weiteren Jahr mit unterdurchschnittlicher Meereisbedeckung in der Arktis entgegensehen.
2008 konnten Satelliten zum ersten Mal seit Beginn der Satellitenmessungen in den 1970er Jahren beobachten, dass die Nordwestpassage und die Nordseeroute (auch als Nordostpassage bekannt) gleichzeitig eisfrei waren - ein Ereignis, das sich dieses Jahr wiederholte.
Über die im Kanadisch-Arktischen Archipel gelegene Nordwestpassage kann der Seeweg von Europa nach Asien verkürzt werden. Die Eröffnung dieses Seewegs könnte jedoch auch zur Geltendmachung von Souveränitätsansprüchen führen und die Migration von Meerestieren über den Arktischen Ozean auslösen.
Im Jahr 2007 erreichte das arktische Meereis seinen Tiefststand, seit Beginn der Satellitenmessungen in den 70er Jahren. Noch im selben Jahr war die seit Menschengedenken unpassierbare Nordwestpassage zum ersten Mal offen.
Ungewöhnliche Wetterbedingungen trugen 2007 zu dieser Rekordschmelze bei: Die Wolkendecke über dem zentralen Nordpolarmeer riss auf, und Windmuster drückten warme Luftmassen in die Region, wodurch das Meereis noch schneller schmolz. Die diesjährigen Wettermuster unterscheiden sich zwar, aber die frühe Öffnung der Passage lässt darauf schließen, dass das Meereis in diesem Jahr einen Negativrekord erreichen könnte.
„Das Minimum der Meereisbedeckung liegt noch drei bis vier Wochen vor uns, und hängt stark von den Wetterbedingungen ab, die in diesen Wochen über der Arktis herrschen“, so Leif Toudal Pedersen, ein leitender Wissenschaftler des Dänischen Meteorologischen Instituts.
„Dieses Jahr lässt erneut erkennen, dass wir uns in einer Phase mit deutlich weniger Sommereis als früher befinden, unabhängig davon, ob wir dieses Jahr ein absolutes Minimum erreichen oder nicht. Die letzten fünf Sommer waren die Negativrekordjahre, in Bezug auf Sommereisausdehnung.“
Jedes Jahr bildet sich im Nordpolarmeer eine riesige schwimmende Eisschicht, die wieder schmilzt; die Geschwindigkeit des Eisschwunds hat jedoch zugenommen.
In den vergangenen 30 Jahren haben Satelliten, die die Arktis beobachten, festgestellt, dass das Meereis-Minimum zum Ende des Sommers von etwa 8 Millionen km2 in den frühen 1980ern auf weniger als 4,24 Millionen km2 im Jahr 2007 gesunken ist. Bevor es die Satellitentechnik gab, war es schwierig, das Meereis zu messen: Die Arktis ist unzugänglich und neigt zu langen Schlechtwetter- und Dunkelperioden.
Die Radarinstrumente an Bord von Erdbeobachtungssatelliten, wie z. B. das ASAR auf Envisat, eigenen sich besonders gut für die Überwachung von Polarregionen, da sie auch Bilder bei bewölktem Himmel und Dunkelheit aufnehmen können.
Die ESA beabsichtigt, die Lage in der Arktis in den kommenden Wochen zu beobachten, unterstützt durch Daten von Envisat und den Earth Explorer-Satelliten der ESA, beispielsweise CryoSat und SMOS.
Die ESA-Umweltsatelliten Envisat und CryoSat werden am Europäischen Satellitenkontrollzentrum ESA / ESOC in Darmstadt kontrolliert.