Mars Express: Schützenhilfe bei Phoenix-Landung
Landungen auf dem Mars gelten generell als riskant. Am 25. Mai wird der NASA-Raumsonde Phoenix den Roten Planeten erreichen und eine direkte Landung vornehmen. Vor Ort verfolgen drei Sonden der NASA und ESA die kritische Phase. Europas Mars Express wird dabei als Relaissatellit die Landeoperation unterstützen. Die nötigen Bahnkorrekturen für die ESA-Sonde laufen bereits.
Phoenix wird mit einer Geschwindigkeit von mehr als 20 000 Stundenkilometern in die Atmosphäre des Roten Planeten eintauchen und kurz darauf einen Landeplatz in der Nordpolarregion ansteuern. Während der 13-minütigen Eintritts-, Abstiegs- und Landephase (EDL - Entry Descent and Landing) übermittelt der Phoenix-Lander ununterbrochen Messdaten. Die im Orbit operierenden NASA-Sonden Mars Odyssey und Mars Reconnaissance Orbiter leiten den von Phoenix empfangenen Datenstrom unmittelbar zur Erde weiter.
Auf Bitte der NASA wird die ESA-Sonde Mars Express die höchst schwierige EDL-Phase mit überwachen und absichern helfen, damit die Datenübertragung zur Erde auch dann gewährleistet ist, wenn beide NASA-Orbiter ausfallen sollten. Um den amerikanischen Lander während der gesamten EDL-Phase optimal im Blick behalten zu können, muss der Kurs des europäischen Spähers optimiert werden. Die Missionskontrolleure des Europäischen Satellitenkontrollzentrums (ESOC) in Darmstadt haben daher bereits im November/Dezember 2007 damit begonnen, die Flugbahn des ESA-Orbiters entsprechend anzupassen. Im Mai können – wenn die endgültige Anflugbahn von Phoenix klar ist – bei Bedarf weitere Bahnkorrekturen erfolgen.
Phoenix fest im Visier
Mars Express ist mit einem speziellen System für die Kommunikation mit Sonden auf der Planetenoberfläche ausgestattet. Es trägt den Namen MELACOM – Mars Express Lander Communications. Dies war ursprünglich für den verloren gegangenen Lander Beagle 2 vorgesehen, kann aber nun zur Kommunikation mit Phoenix genutzt werden.
Die Flugexperten des ESOC haben speziell für diesen Zweck neue Programme für Bahn- und Lagemanöver von Mars Express erstellt. Ein spezieller Flugmodus – der sogenannte „EDL pointing mode“ – sorgt dafür, dass das Landerkommunikationssystem des ESA-Orbiters (MELACOM) während der gesamten EDL-Phase immer auf Phoenix gerichtet bleibt. Um dies zu erreichen, muss Mars Express fast drei Mal schneller rotieren als ursprünglich vorgesehen. Die gesamte Prozedur wurde bereits erfolgreich durchgespielt.
Das Mars Express-Team der ESA hat auf Bitten der Amerikaner beim ESOC noch einen weiteren Flugmodus entwickelt, den „lander pointing mode“. Dieser Modus dient dem möglichen längeren Einsatz der europäischen Sonde als Relaissatellit zwischen dem am Marsboden agierenden Phoenix-Lander und dem Deep Space Network der NASA auf der Erde. Mars Express könnte Steuerbefehle zum Lander übermitteln und Phoenix-Daten von der Marsoberfläche zur Erde weiterleiten. Europas Orbiter fungiert damit nicht nur als wertvolles Sicherheitsnetz für die Kommunikation, er verbessert sicherlich auch die wissenschaftlichen Erträge der Mission.
Präzise Analyse der Flug- und Abstiegsbahn
Damit nicht genug: Die ESA-Sonde wird mit ihren Spektrometern SPICAM und PFS (Planetary Fourier Spectrometer) auch die Marsatmosphäre im Umfeld der Landezone unter die Lupe nehmen, sowohl im UV- als auch im Infrarotbereich. Geklärt werden soll, wie sich die Atmosphäre auf die Abstiegsbahn auswirkt. Außerdem wird vor Ankunft des Landers die Kohlendioxidverteilung in 50 bis 150 Kilometer Höhe eingehend analysiert.
Die Mars Express-Missionsspezialisten prüfen zudem, ob sich durch Instrumente wie SPICAM und die hochauflösende HRSC-Kamera die atmosphärische Wärmespur des Phoenix-Abstiegs untersuchen lässt. Vielleicht gelingen mit der HRSC-Kamera ja Aufnahmen vom Eintauchen des Landers in die Atmosphäre oder sogar Schnappschüsse vom Feuerball des Hitzeschilds?
Und schließlich stellt die ESA auf Bitten der Amerikaner auch ihre beiden Deep-Space-Antennenkomplexe in Cebreros (Spanien) und New Norcia (Australien) bereit. Die zwei 35-Meter-Ohren sollen in Kooperation mit amerikanischen Bodenstationen die Flugbahn des Phoenix mit einem hoch entwickelten Peilverfahren präzise vermessen. Dazu nutzen sie das so genannte Delta-DOR-Verfahren (Delta – Differential One-Way Range), eine ausgeklügelte interferometrische Vermessung der Flugbahn.
Damit kommen die auf den beiden ESA-Antennenstationen New Norcia und Cebreros installierten Delta-DOR-Geräte zum ersten Mal zur Unterstützung der NASA zum Einsatz.
„Als Mars Express 2003 den Roten Planeten anflog, hat uns die NASA bei der Einpeilung der Flugbahn unterstützt“, erläutert Peter Schmitz, der stellvertretende Mars Express Spacecraft Operations Manager der ESA. „Jetzt ist es an uns, den Amerikanern einen Gefallen zu tun.“
Weitere Informationen:
Michel Denis
ESA Mars Express Spacecraft Operations Manager
E-Mail: Michel.Denis @ esa.int