Raumfahrttechnologie dient als Inspiration für Elektromobilität
Die von der ESA geförderte Modelon GmbH wandelt Ideen innerhalb kürzester Zeit in virtuelle Prototypen um und unterstützt damit Automobilhersteller bei der Entwicklung von elektrischen Fahrzeugkonzepten und der Verbesserung von Sicherheitssystemen.
„Eine durch Nachbildungen und Simulationen ermöglichte Voransicht von Produkten kann Unternehmen einen erheblichen Anstoß geben“, erklärt Johannes Gerl, Gründer und Geschäftsführer des deutschen Startup-Unternehmens Modelon GmbH. „Es werden weniger Prototypen benötigt, wodurch sich der Entwicklungsaufwand reduziert. Zusätzlich minimiert sich dadurch häufig auch die Produkteinführungszeit.“
Die Modelon GmbH wurde während ihrer Aufbauphase vom ESA Business Incubation Centre (BIC) Bavaria unterstützt. Heute werden ihre Modelica-Simulations-Bibliotheken von Industrieunternehmen verschiedener Länder dazu genutzt, das Verhalten von komplexen Automobil- und Energiesystemen nachzubilden.
Diesen Simulationsansatz setzen Automobilhersteller bereits bei der Entwicklung zahlreicher neuer Designs für die Elektromobilität ein sowie für eine gesteigerte Effizienz bei hybriden und elektrischen Automobilen.
Zu den Abnehmern zählen große Automobilhersteller
Bei Toyota in Japan nutzen Ingenieure die Simulations-Bibliotheken von Modelon für die Entwicklung von neuartigen Elektromobilitätskonzepten, wie zum Beispiel den i-Real – ein Fahrzeugmodell für eine einfache Fortbewegung in den Städten und für Kurzstrecken.
Das elektrische Leichtfahrzeug i-Real gleicht in seiner Gestaltung einem Stuhl mit zwei Steuerhebeln. Für seine Modellierung, Simulation und Optimierung nutzt Toyota die Vehicle Dynamic Libraries von Modelon, eine Bibliothek für Fahrzeugdynamikdaten.
Zu den weiteren Kunden zählt auch der schwedische Fahrzeughersteller Volvo Cars. Volvos Ingenieure setzen die Modelon-Bibliotheken ein, um die Sicherheitssysteme von Kraftfahrzeugen zu verbessern. Reale Probeläufe mit physikalischen Prototypen sind zeitaufwändig, kostenintensiv und stellen häufig ein Sicherheitsrisiko für die Testfahrer dar.
„Wenn das Fahrzeugverhalten von einem mathematischen Modell simuliert werden kann, entsteht eine großartige Plattform für die aktive Entwicklung von Sicherheitssystemen“, sagt Per Ola Fuxin, Leiter der Abteilung Active Safety Functions bei Volvo Cars.
„Unser Hauptziel ist es, dass unsere Kunden durch den Gebrauch von virtuellen Simulationsmethoden Kosten einsparen und die Anzahl an realen Prototypen minimieren können, so dass sich letztendlich ihr Entwicklungsaufwand reduziert“, sagt Magnus Gäfvert, Geschäftsführer von Modelon AB. „Neben Toyota und Volvo nehmen mittlerweile auch einige weitere Automobilhersteller unsere Simulations-Bibliotheken in Anspruch. Wir haben aber auch Kunden aus anderen Branchen. So werden unsere Bibliotheken unter anderem für eine verbesserte Energieeffizienz von Flugzeugen und für die Modellierung von Brennstoffzellen oder Wasseraufbereitungslösungen eingesetzt. Darüber hinaus haben wir mit Saab Aeronautics zusammengearbeitet, um Modelica-Bibliotheken zur Simulation von Flugzeugsystemen zu entwickeln.“
Vom Weltall auf die Straße
Die Ingenieur-Projekte und Softwareentwicklungen von Modelon basieren auf der systemeigenen Modelica-Simulationssprache, eingeführt von Dr. Hilding Elmqvist vom schwedischen Unternehmen Dynasim, und dem Simulationsstandard Functional Mock-Up Interface (FMI). Beide wurden unter der technologischen Leitung des Instituts für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt.
Ein Großteil des geistigen Eigentums von Modelon basiert auf den wissenschaftlichen Grundlagen von ursprünglich für den Weltraum entwickelten Technologien, die nun in kommerzielle und nicht weltraumbezogene Produkte umgewandelt werden.
Beispielsweise wurde innerhalb der Vapor Cycle Library eine Weltraumtechnologie auf die Automobilindustrie übertragen: Die Hitze emittierter Abgase generiert elektrische Energie.
Die deutsche Außenstelle der Modelon AB wurde 2009 gegründet und während der Aufbauphase vom Business Incubation Centre (BIC) Bavaria der ESA unterstützt. Mittlerweile ist ihre Struktur drei Büros in München, Stuttgart und Hamburg mit 33 Mitarbeitern angewachsen.
Unterstützung durch das ESA Business Incubation Centre Bavaria
Die Modelon GmbH ist Teil der internationalen Modelon-Unternehmensgruppe mit Geschäftsstellen in Schweden, Deutschland und den USA.
„Modelon ist ein weiterer Startup-Erfolg unseres Zentrums zur Förderung von Unternehmensgründungen“, erklärt Thorsten Rudolph, Geschäftsleiter des Anwendungszentrums GmbH Oberpfaffenhofen, verantwortlicher ESA-Vertragspartner zur Leitung des BIC Bavaria.
Die sieben ESA-BICs in den Niederlanden, Italien, Deutschland (ESA BIC Bavaria und ESA BIC Darmstadt), Großbritannien und Belgien unterstützen jährlich 60 Startup-Unternehmen wie Modelon, bisher waren es insgesamt mehr als 180.
Im Rahmen des ESA Technologietransfer-Programms unterstützen die BICs Unternehmer, weltraumbezogene Geschäftsideen zu kommerzialisieren, um neue Produkte und Dienstleistungen in nicht weltraumbezogenen Bereichen zu entwickeln.
„Die Unternehmer wenden sich mit ihren Unternehmensideen an uns und wir leisten kommerziellen und technischen Support während ihrer Gründungsphase. Derzeit fördern wir in unserem Zentrum noch 15 weitere neue Startups“, fügt Thorsten Rudolph hinzu.