Swarm: Im Formationsflug durch das Erdmagnetfeld (Special)
Am 22. November 2013 soll vom russischen Weltraumbahnhof Plessezk eine Rockot-Trägerrakete mit drei ESA-Satelliten starten. Das Swarm genannte Trio wird auf polare Umlaufbahnen gebracht, um das Magnetfeld der Erde über vier Jahre lückenlos und mit bisher nicht gekannter Genauigkeit dreidimensional zu kartieren. Profitieren werden davon neben den Geoforschern viele andere Wissenschaftszweige. Gebaut wurden die Flugkörper in Deutschland. An der wissenschaftlichen Konzeption und künftigen Auswertung der gewonnenen Daten hat das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam großen Anteil.
Man kann es kaum glauben: Obwohl das Magnetfeld der Erde seit etwa 150 Jahren intensiv erforscht und vermessen wird, gibt es noch weiße Flecken. Dabei ist das unsichtbare Feld von lebensrettender Bedeutung, denn es schützt uns Menschen vor energiereicher Strahlung aus dem Weltraum.
Trotz des Schutzschildes dringen manchmal Teilchenschauer bis in die Atmosphäre vor. Die Folgen können vielfältig sein: Stromnetze brechen zusammen, Computer spielen verrückt, Navigationsnetze werden gestört.
Klar ist: Zwischen den äußeren Einflüssen und den irdischen Magnetfeldänderungen verbergen sich vielschichtige, schwer fassbare Prozesse. In jüngster Zeit setzte sich die Erkenntnis durch, dass alles noch wesentlich komplizierter ist, als man es je vermutet hätte. Weil alles mit allem zusammenhängt. Mit Hilfe der Swarm-Daten wollen die Geoforscher nun die genauen Zusammenhänge herausfinden.
Ein Schwarm umrundet die Erde
Globale Erkundungsdienste können heute nur Raumflugkörper leisten. Geowissenschaftliche Satelliten zur Erforschung des Sonnenwindes und seiner Wechselwirkung mit der äußeren Magnetosphäre der Erde haben bereits das Erdmagnetfeld vermessen, wie beispielsweise ISEE 2 (ESRO/ESA, 1977), Ørsted (Dänemark, 1999), Cluster (ESA, 2000), THEMIS (NASA, 2007) und der vom GFZ initiierte CHAMP (2000). Diesen Satelliten blieb jedoch ein globaler Rundumblick verwehrt.
Die Europäische Weltraumorganisation ESA entschloss sich deshalb auf Vorschlag dreier renommierter Wissenschaftler – Eigil Friis-Christensen (damals Dänisches Raumfahrtzentrum), Hermann Lühr (GFZ Potsdam) und Gauthier Hulot (IPGP, Paris) – eine Mission mit drei räumlich versetzt arbeitenden Satelliten in ihr „Planet Living“-Programm aufzunehmen, die lückenlos und hochpräzis magnetische Feldmessungen über eine Periode von mindestens vier Jahren generieren.
Sie sollen unseren Heimatplaneten in Formation wie ein Schwarm umrunden, weshalb die Mission auch den Namen Swarm (englisch für Schwarm) erhielt. Ausgerüstet sind die drei identischen Satelliten mit den präzisesten Magnetometern, die jemals gebaut wurden. Aufgrund ihrer geschickt gewählten Umlaufbahnen können sie das Magnetfeld erstmals komplett und dreidimensional vermessen. Parallel dazu wird auch eine 3D-Karte des elektrischen Feldes erstellt. Beide Felder sind eng miteinander verbunden. Durch die Verknüpfung der Daten hoffen die Geoforscher auf vollkommen neue Erkenntnisse.
Swarm-Projektbüro für Deutschland in Potsdam
Die bearbeiteten Daten der drei Satelliten werden über das Zentrum für Erdbeobachtung der ESA in Italien an die Nutzergruppen weitergeleitet. Eine zentrale Rolle bei der Datenauswertung spielt hierbei das GFZ in Potsdam. Es hat nicht nur die Mission mit initiiert, sondern liefert auch Softwareprodukte zur Datenbearbeitung und -auswertung. Zur Koordinierung der deutschen Nutzer und deren Unterstützung hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am GFZ das Swarm-Projektbüro Deutschland eingerichtet. Es wird mit den interessierten deutschen Firmen und Forschungseinrichtungen ein gemeinsames Nutzungskonzept erarbeiten und Öffentlichkeitsarbeit betreiben.
Weitere Informationen zu Swarm finden Sie in der folgenden Link-Sammlung: