Swarm deckt auf, warum Satelliten den Kontakt verlieren können
Raumfahrtingenieure waren erstaunt darüber, warum GPS-Navigationssysteme mit Satelliten in niedrigen Umlaufbahnen, wie beispielsweise die ESA Swarm-Satelliten, manchmal ausfallen, wenn sie den Äquator zwischen Afrika und Südamerika überfliegen. Dank Swarm konnte nun festgestellt werden, dass vermutlich „Gewitter“ in der Ionosphäre hierfür verantwortlich sind.
Das Swarm-Satellitentrio, das 2013 ins All geschossen wurde, misst und entflicht die unterschiedlichen Magnetfelder, die vom Erdkern, -mantel, der Erdkruste, den Ozeanen, der Ionosphäre und Magnetosphäre ausgehen – ein Vorhaben, das mindestens vier Jahre in Anspruch nimmt.
Wie zahlreiche andere Satelliten, sind die drei ESA Swarm-Satelliten als Teil ihres Positionierungssystems mit GPS-Empfängern ausgestattet, sodass die Bodenkontrolle sie im korrekten Orbit halten kann. Außerdem wird über GPS festgelegt, an welchen Positionen die Satelliten ihre wissenschaftlichen Messungen durchführen sollen.
Manchmal verlieren die Satelliten jedoch ihre GPS-Verbindung. Tatsächlich wurde sie in den ersten beiden Betriebsjahren insgesamt 166 Mal unterbrochen.
In einer kürzlich veröffentlichten Studie wird beschrieben, wie Swarm aufgedeckt hat, dass ein direkter Zusammenhang zwischen diesen Ausfällen und ionosphärischen „Gewittern“ besteht, die etwa 300–600 km über der Erdoberfläche auftreten.
Prof. Claudia Stolle vom GFZ in Potsdam erklärt: “Ionosphärische ‚Gewitter’ sind bereits bekannt. Jetzt können wir den direkten Zusammenhang zwischen diesen Gewitterstürmen und dem Verlust von GPS-Verbindungen nachweisen.
“Dank Swarm ist dies erstmals möglich, da hochauflösendes GPS und ionosphärische Strukturen vom selben Satelliten erkannt werden können.”
Solche „Gewitter“ treten auf, wenn die Elektronen in der Ionosphäre großen und schnellen Änderungen ausgesetzt sind. Vor allem kommt dies in der Nähe des magnetischen Äquators der Erde vor, typischerweise nur wenige Stunden zwischen dem Sonnenuntergang und Mitternacht.
Wie der Name bereits andeutet, befindet sich die Ionosphäre in einem Bereich, in dem Atome vom Sonnenlicht aufgespalten werden, was zu freien Elektronen führt. Gewitterstürme verteilen diese freien Elektronen und erzeugen kleine Blasen mit nur wenig oder keinem ionisierten Material. Solche Blasen stören GPS-Signale, sodass die Swarm GPS-Empfänger den Kontakt verlieren.
Es hat sich herausgestellt, dass 161 solcher Signalverluste gleichzeitig mit „ionosphärischen Gewittern“ vorkamen. Die restlichen fünf traten über den Polarregionen auf und gingen auf verstärkte Sonnenwinde zurück, die zu einem Schwingen der Erd-Magnetosphäre führen.
Das Geheimnis um die mysteriösen Ausfälle ist nun gelüftet. Dies sind nicht nur gute Neuigkeiten für Swarm, sondern auch für alle anderen Satelliten mit einem niedrigen Orbit, bei denen das selbe Problem auftritt. Dank dieser neuen Erkenntnisse können zukünftige GPS-Systeme so optimiert werden, dass die Signalverluste begrenzt werden.
Christian Siemes, der bei der ESA an der Mission mitarbeitet, meint: “Angesichts dieser neuen Erkenntnisse können wir die Swarm GPS-Empfänger so einstellen, dass sie stabiler laufen und seltener ausfallen.
“Am wichtigsten ist, dass wir die Änderungen im GPS-Signal messen können. Das ist nicht nur für die Entwickler von GPS-Instrumenten wichtig, sondern auch um unser wissenschaftliches Verständnis der Dynamik in der oberen Atmosphäre zu vertiefen.”
Der Swarm Missionsleiter der ESA, Rune Floberghagen, ergänzt: “Hier sehen wir ein gutes Beispiel dafür, wie aus einer technischen Herausforderung plötzlich aufregende Forschungsarbeit wird, die ja den eigentlichen Kern einer Erderkundungsmission wie Swarm ausmacht.
“Diese neuen Erkenntnisse zeigen, dass GPS als Werkzeug eingesetzt werden kann, um die Dynamik der Vorgänge in der Ionosphäre in Bezug zu den Aktivitäten der Sonne zu verstehen. Vielleicht sind wir eines Tages auch in der Lage, die Gewitter in der Ionosphäre mit den Blitzen, die wir hier vom Boden aus beobachten können, in Verbindung zu bringen.”
Die Swarm-Satellitenkontellation wird vom Europäischen Satellitenkontrollzentrum der ESA, ESOC in Darmstadt gesteuert.