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Rosettas Komet
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Wie Rosettas Komet seine Form bekam

01/10/2015 1728 views 10 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Zwei Kometen prallten mit niederiger Geschwindigkeit im frühen Sonnensytsem zusammen und gaben dem Kometen 67P Tschurjumov-Gerassimenko dadurch seine unverwechselbare “Quietsche-Entchen”-Form, sagen Rosetta-Wissenschaftler.

Der Ursprung dieser eigentümlichen Form des Kometen war eine der großen Fragen seit Rosetta sein unerwartetes Aussehen im Juli 2014 enthüllte.

Hauptsächlich zwei Ideen kamen auf: fügten sich zwei Kometen zu einem zusammen oder formte lokal begrenzte Erosion eines einzigen Objektes den “Hals”?

Jetzt haben die Wissenschaftler eine eindeutige Antwort auf das Rätsel. Mithilfe von hochauflösenden Bildern, die zwischen dem 6. August 2014 und dem 17. März 2015 aufgenommen wurden, um die Material-Schichten auf dem gesamten Kometenkern zu sehen, konnte man zeigen, dass die Form einer sachten Kollision  zweier  eigenständiger  Kometen entstammt.

Schichtstrukturen auf der Kometenoberfläche
Schichtstrukturen auf der Kometenoberfläche

 “Die Aufnahmen zeigen deutlich, dass die äußere Hülle beider Kometenteile in Schichten aufgebaut ist. Wir glauben, dass sich diese Schichtstruktur mehrere hundert Meter in die Tiefe,“ erklärt Matteo Massironi, Erstautor von der Universität Padova, Italien, und Partner-Wissenschaftler des OSIRIS-Teams.

“Sie können sich die Schichten ein wenig wie bei einer Zwiebel vorstellen, außer dass wir in diesem Fall von zwei getrennten, unterschiedlich großen  Zwiebeln ausgehen, die unabhängig voneinander gewachsen sond, bevor sie sich zusamengschlossen haben.”

Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachzeitschrift Nature veröffentlicht und beim European Planetary Science Congress in Nantes, Frankreich, am Montag präsentiert.

Um zu ihrem Ergebnis zu kommen, benutzten Massironi und seine Kollegen die Bilder zunächst um mehr als hundert Terassen  auf der Kometenoberfläche sowie parallele Schichtstrukturen, die man auf freiliegenden Felswänden und in Vertiefungen sehen konnte, zu identifizieren. Danach erstellten sie ein 3D Modell um die Richtungen zu bestimmen, in die sie verlaufen und um zu visualisieren, wie sie sich unter die Oberfläche erstrecken.

Die zwei Teile des Kometen
Die zwei Teile des Kometen

Es wurde schnell klar, dass die Strukturen alle einheitlich auf beiden Kometenteilen  orientiert sind und an einigen Stellen bis 650m in die Tiefe reichen.

 “Das war der erste Hinweis darauf, dass die zwei Teile unabhängig von einander waren. Hinzu kam die Beobachtung, dass die Schichten nahe des Kometenhalses in entgegengesetzte Richtungen geneigt waren ,“ so Massironi.

 “Um sicher zu sein, untersuchten wir auch den Zusammenhang zwischen der lokalen Anziehungskraft und der Ausrichtung der Schichtstrukturen auf der gesamten rekonstruierten Kometenoberfläche.”

Im Allgemeinen bilden sich Materialschichten im rechten Winkel zur Anziehungskraft eines Objektes. Das Team benutzte Computer-Modelle um die Stärke und die Richtung der Gravitation jeder Schicht zu berechnen.

In einem Fall modellierten die Wissenschaftler den Kometen als einen einheitlichen Körper mit dem Masseschwerpunkt nahe des Halses. In einem weiteren Fall arbeiteten sie mit zwei getrennten Kometen, die jeweils ihren eigenen Masseschwerpunkt hatten.

Das Team fand heraus, dass in dem Modell mit zwei separaten Objekten die Orientierung einer Schichtstruktur und die Richtung ihrer lokalen Anziehungskraft eher senkrecht zueinander standen als in dem Modell mit einem einzigen kombinierten Kern.

Seth
Seth

“Das deutet darauf hin, dass die überlagerten Schichtstrukturen des Kometenkopfes und des Körpers unabhängig voneinander entstanden sind und sich die beiden Objekte später zusammengeschlossen haben, “ fasst Massironi zusammen.

 “Hinzu kommen die frappierenden strukturellen Ähnlichkeiten zwischen den beiden Kometenteilen, die darauf hinweisen, dass sie trotz ihrer anfangs unterschiedlichen Entstehung durch einen ähnlichen sog. Akkretionsprozess geformt wurden,” fügt Bjorn Davidsson, Co-Autor von der schwedischen Unibverität Uppsala hinzu.

 “Solche Überlagerungen wurden auch auf der Oberfläche anderer Kometen während vorheriger Missionen beobachtet, die an Kometen vorbeigeflogen sind. Sie könnten eine ähnliche Entstehungsgeschichte haben.”

Das Team stellte außerdem fest, dass Erosion, auch wenn sie nicht die Ursache für die zweiteilige Form des Kometen ist, dennoch eine wichtige Rolle für die heutige Entwicklung des Kometen spielt.

Anubis
Anubis

Lokale Unterschiede, die man in der Oberflächenstruktur entdeckt hat,  sind  wahrscheinlich das Resultat verschiedener Grade von Sublimation – wenn sich Eis direkt in Gas umwandelt –gefrorener Gase, eingebettet in einzelne Schichten, die nicht unbedingt gleichmäßig über den Kometen verteilt sind.

 “Wie der Komet seine Form erhalten hat, war eine der Hauptfragen seit wir ihn zum ersten Mal gesehen haben. Dank dieser detaillierten Studie können wir nun mit Sicherheit sagen, dass es sich um ein  Kontakt-Doppelsystem handelt,” sagt Holger Sierks, OSIRIS Hauptwissenschaftler am Max Planck Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen.

 “Dieses Ergebnis trägt einmal mehr zu unserem Verständnis des Kometen bei – wie er entstand und wie er sich entwickelte, “ so Matt Taylor, leitender Rosetta-Wissenschaftler der ESA.

 “Rosetta wird den Kometen noch ein weiteres Jahr lang beobachten um ein Maximum an Informationen über diesen Himmelskörper und seinen Platz in der Geschichte unseres Sonnensystems zu sammeln.”

Hinweis für Redakteure

“The two independent and primitive envelopes of the bilobate nucleus of comet 67P/C-G,” by M. Massironi et al., wurde am 28.09.15 als Advanced Online Publication on www.nature.com publiziert.

Dr. Massironi präsentierte die Studie beim European Planetary Science Congress in Nantes, Frankreich, auf einer Pressekonferenz.

Kontakt für weitere Informationen:

Markus Bauer








ESA Science and Robotic Exploration Communication Officer









Tel: +31 71 565 6799









Mob: +31 61 594 3 954









Email: markus.bauer@esa.int

Matteo Massironi
Universität Padua, Italien
Email: matteo.massironi@unipd.it

Holger Sierks
OSIRIS Principal Investigator
Max Planck Institut für Sonnenystemforschung
Tel: +49 551 384 979 242
Email: sierks@mps.mpg.de

Matt Taylor
ESA Rosetta Project Scientist
Email: matt.taylor@esa.int

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