Mars500-Crew bereitet Öffnen der Luke vor
Die 520-tägige Isolation der Crew des Mars500-Projekts endet am 4. November. Dann wird die Luke ihres „Raumschiffs“ erstmalig seit Juni letzten Jahres wieder geöffnet. Die Wissenschaftler warten bereits ungeduldig auf letzte Proben, während die Crewmitglieder die Stunden bis zur Wiedererlangung ihrer Freiheit zählen.
Während der siebzehnmonatigen simulierten Marsmission haben die sechs Männer eine schier unüberschaubare Anzahl an Experimenten durchgeführt. Sie haben ihre Gehirn- und Körperfunktionen überwacht und aufgezeichnet, alle erdenklichen Proben abgegeben und ihren Wohnbereich in Ordnung gehalten.
Bereits jetzt sind die Wissenschaftler mit der Qualität ihrer einzigartigen Datensammlung äußerst zufrieden und freuen sich auf die Auswertungen.
Diese Auswertung der wissenschaftlichen Ergebnisse wird eine Weile dauern, aber die wichtigste Frage ist bereits beantwortet - jedenfalls fast: „Die Antwort lautet ja“, so Patrik Sundblad, ESA-Experte für Humanbiologie.
„Ja, die Mannschaft kann die unvermeidliche Isolation während eines Fluges zum Mars und zurück überstehen. Vom psychologischen Standpunkt aus sind Menschen dazu in der Lage.
Natürlich gab es Höhen und Tiefen, aber darauf waren wir vorbereitet. Wir hatten im Vorfeld mit wesentlich mehr Problemen gerechnet, aber der Crew ging es überraschend gut.
Der mentale Tiefpunkt kam im August: Das war die monotonste Phase der Mission, Freunde und Verwandte der Crewmitglieder waren im Urlaub und sendeten weniger Nachrichten, außerdem war das Essen ziemlich eintönig.“
Gegen Ende der Mission verbesserte sich auch die Stimmungslage der Crew wieder, im Anschluss an die Urlaubszeit setzte auch der übliche Nachrichtenfluss wieder ein, und vor allem war ab dem 15. September Schluss mit der künstlichen Verzögerung bei der Kommunikation.
Motivation ist alles
„Die Simulation war sehr wirklichkeitsnah, das war ein entscheidender Faktor für den Erfolg des Experiments“, merkt Patrik Sundblad an.
„Es war sehr wichtig für die Crew, die Marsmission auf der Erde möglichst realitätsnah simulieren zu können.“
„Bei dem anstrengenden Langzeitexperiment war für die Crew sicherlich hilfreich zu wissen, dass diese Mission dazu beiträgt eine reale Marsmission möglich zu machen.“
Echte Marsreisende bekommen es allerdings mit zusätzlichen psychischen Herausforderungen zu tun. Sie schweben in ständiger Gefahr, weil sie im Notfall nicht einfach ihr Raumschiff verlassen können.
Wenn Menschen so weit reisen, dass die Erde nur noch ein Punkt am Himmel ist, kann dies neben anderen Stressfaktoren zu Trennungsängsten führen.
Weitere Herausforderungen sind Schwerelosigkeit und Strahlung.
Einige Faktoren können auch auf der Erde untersucht werden, etwa in Studien, während derer die Probanden strenge Bettruhe einhalten oder Crews den langen, dunklen Winter völlig isoliert in der Antarktis verbringen.
„Zum Teil verwenden wir bei Mars500 dieselben psychologischen Fragebögen wie im Rahmen der Überwinterung in der Concordia-Station oder der Bettruhe-Experimente“, erläutert Patrik Sundblad. „So sind extrem interessante Vergleiche möglich.“
Bei Mars500 ging es jedoch keineswegs nur darum, sechs Menschen völlig von der Außenwelt zu isolieren – die Mission sollte zudem die internationale Zusammenarbeit stärken und der Überprüfung der notwendigen Infrastruktur im Umfeld der Mission dienen.
„Die Crewmitglieder haben sowohl einzeln wie auch im Team sehr gute Arbeit geleistet, und auch die weltweite Zusammenarbeit außerhalb der Wohn- und Arbeitsmodule verlief hervorragend“, unterstreicht Patrik Sundblad.
„Russland, China und Europa haben dieses einzigartige Experiment gemeinsam zum Erfolg geführt.“
„Das ist übrigens auch eine wichtige Lehre für alle zukünftigen Marsmissionen: Dabei ist nicht nur das Raumschiff und dessen Besatzung von zentraler Bedeutung, sondern auch die enge Zusammenarbeit zwischen sämtlichen Teams und den internationalen Weltraumagenturen auf der Erde.“