N° 19–2005: Europas neue Marsambitionen
11 April 2005
Europäische Weltraumwissenschaftler haben als nächste wissenschaftliche Mission zum Mars im Rahmen des ESA-Explorationsprogramms Aurora nachdrücklich eine Mission mit einem Rover empfohlen, die eine eingehende Analyse des Umfelds des Roten Planeten durchführen und die Suche nach Spuren vergangenen oder gegenwärtigen Lebens fortsetzen würde. Bei einem Start im Juni 2011 würde eine solche Mission nach zwei Jahren Flugzeit im Juni 2013 den Mars erreichen. Dem Rat der ESA auf Ministerebene soll auf seiner Tagung im Dezember dieses Jahres ein detaillierter Vorschlag unterbreitet werden.
Diese Empfehlung wurde von europäischen Wissenschaftlern auf einer internationalen Raumfahrt-Arbeitstagung in der Aston University im englischen Birmingham abgegeben. Zu dieser vom britischen Particle Physics and Astronomy Research Council (PPARC) organisierten Arbeitstagung der ESA haben sich am 6. und 7. April Weltraumwissenschaftler, Vertreter der Raumfahrtagenturen Europas und Nordamerikas und andere internationale Raumfahrtexperten zusammengefunden, um über die Optionen für robotische Missionen bis 2013 im Rahmen der ersten Phase des Programms Aurora zu beraten.
Erörtert wurden drei Missionsanwärter: BeagleNet, ExoMars und deren Variante ExoMars-Lite. Weitere Themen waren die für die Entwicklung eines nachhaltigen, langfristigen Programms zur Erforschung des Mars notwendigen Vorbereitungsarbeiten und die Anstrengungen bis 2011 hinsichtlich der Erfordernisse einer Mission zur Rückführung einer Mars-Bodenprobe im Rahmen eines Aurora-Gesamtfahrplans.
Nach der Präsentation jedes der drei Missionsanwärter in wissenschaftlicher und technologischer Hinsicht nahmen die Wissenschaftler anhand von Schlüsselkriterien eine Beurteilung vor. Auf der Arbeitstagung wurde Einvernehmen über eine erste robotische Mission im Rahmen des Aurora-Programms erzielt, die wesentliche Technologien und Ziele aller drei Missionsanwärter einschließt. Diese Empfehlung wird die Grundlage für einen detaillierten Vorschlag der Wissenschaft bilden, der dem ESA-Rat auf Ministerebene auf seiner Tagung im Dezember unterbreitet werden soll.
Die empfohlene Mission sieht den Start einer Sonde mit mindestens einem Rover zur wissenschaftlichen Erkundung des Marsumfelds vor; der Start soll mit einem Sojus-Träger erfolgen. Die Datenübermittlung zwischen der Sonde und der Erde würde über NASA-Raumfahrzeuge gewährleistet. Der Rover würde mit einer Reihe wissenschaftlicher Instrumente ausgerüstet, die nach Spuren vergangenen oder gegenwärtigen Lebens auf dem Mars suchen, die Wassermengen unter der Oberfläche und deren geochemische Zusammensetzung sowie das vertikale Verteilungsprofil der vorhandenen Substanzen charakterisieren und mögliche Oberflächen- und Umweltgefahren für künftige bemannte Missionen feststellen sollen. Nach den allgemein wie wissenschaftlich faszinierenden bisherigen Ergebnissen des Mars-Express-Orbiters der ESA soll die empfohlene Mission auch spezielle Instrumente zur Messung seismischer Phänomene einschließen, die durch Vulkane, hydrothermische Vorgänge oder Marsbeben versucht werden könnten. Der Rover würde außerdem einen Bohrer, der bis zu 2 m tief in den Marsboden vordringen kann, und ein Experiment vom Typ Beagle 2 zur Untersuchung organischer Moleküle wie etwa ein Gasanalyse-Paket mitführen, das stabile Isotope in der Atmosphäre, im Gestein und im Boden unter die Lupe nehmen soll. Für das Eintritts-, Abstiegs- und Landesystem würden Schlüsseltechnologien einschließlich Luftkissen und eventuell auch Bremsraketen zum Einsatz kommen. Nach dem Start mit einer Sojus-Fregat 2b von Europas Raumflughafen in Kourou (Französisch-Guayana) im Juni 2011 würden die Sonde und der Rover nach zweijähriger Flugdauer im Juni 2013 auf der Oberfläche des Mars eintreffen.
Mit Blick auf die Zeit nach 2011 bekräftigten die Wissenschaftler ihren Willen zur Zusammenarbeit an einer für 2016 geplanten internationalen Mission zur Rückführung einer Mars-Bodenprobe, die sich durch die Entnahme und Untersuchung der Bodenprobe, Mobilität und Planetenschutz auszeichnen würde, sozusagen als logische Folge aus der im Durchführungsplan des ESA-Programms Aurora empfohlenen Mission.
Zu der Arbeitstagung erklärte der Vorsitzende des Beratenden Ausschusses für das Explorationsprogramm der ESA, Prof. Jean-Pierre Swings: „Auf dieser Tagung kamen zahlreiche Wissenschaftler unterschiedlichster Fachgebiete zusammen, um Empfehlungen zu einer der aufregendsten kommenden Missionen der europäischen Raumfahrt auszusprechen. Wir können dabei auf dem Erfolg unserer Mission Mars Express aufbauen und gleichzeitig neue Technologien einsetzen, die die Grundlage für die künftige Entwicklung des Programms Aurora bilden werden.“
Dr. Mark Sims von der Universität Leicester, Vorsitzender des beratenden Ausschusses für Aurora beim PPARC, zeigte sich erfreut über die starke Einbeziehung Großbritanniens: „Für Europas Planetenexploration ist dies ein großer Schritt nach vorn, und Großbritannien hat einen bedeutenden Anteil daran. Britische Wissenschaftler haben sich stark dafür eingesetzt, daß das Aurora-Programm auch vom wissenschaftlichen und industriellen Know-how in Großbritannien profitieren und die empfohlene Mission auf den mit Beagle 2 und Huygens gewonnenen Erfahrungen aufbauen kann. Wir freuen uns darauf, zu dieser wissenschaftlichen Entdeckungsmission zum Roten Planeten einen so wichtigen Beitrag zu leisten.“
Anmerkungen für die Redakteure
1. Zwar lag der Schwerpunkt der Arbeitstagung auf robotischen Missionen mit einem Start bis spätestens 2011, es wurden jedoch auch die für die Entwicklung eines soliden Mars-Explorationsprogramms notwendigen Vorbereitungstätigkeiten erörtert, unter Berücksichtigung der Frage, wie die bis 2013 in Angriff genommenen Tätigkeiten mit dem Gesamtplan für eine Mission zur Rückführung einer Bodenprobe im Jahr 2016 in Einklang gebracht werden können.
2. Den voraussichtlichen Synergien zwischen europäischen Missionen und dem internationalen Kontext der Marsexploration wurde ebenfalls Beachtung geschenkt. Zusammenarbeit auf internationaler Ebene dürfte dem Programm zusätzliche Flexibilität verleihen, den Finanzierungsbedarf verringern und die Technologieentwicklung optimieren.
3. Bei der Beurteilung wurden folgende Kriterien in Betracht gezogen:
· der wissenschaftliche Wert des Missionsvorschlags in bezug auf die Ziele des Explorationsprogramms Aurora,
· die Abwägung der wissenschaftlichen Qualität der Mission und ihrer Kosten,
· die zeitliche Einbindung der Mission in den internationalen Kontext, d. h. ESA-Starts ergänzend zu geplanten NASA-Starts,
· die Bedeutung der Missionstechnologie für ein langfristiges europäisches und internationales Programm zur Exploration sowohl des Mars als auch des übrigen Sonnensystems.
4. Dem Kriterium der zeitlichen Einbindung der Mission wurde hierbei die größte Bedeutung beigemessen, damit rechtzeitig für die Mission zur Rückführung einer Bodenprobe, auf dem Erfolg von Mars Express aufbauend, Erfahrungen gesammelt und wissenschaftliches und technisches Know-how erworben werden können.
Informationen zum ESA-Programm Aurora unter: http://www.esa.int/SPECIALS/Aurora/index.html
Beratender Ausschuß für Aurora beim PPARC: Auskunft zu Mitgliedschaft und Auftrag unter: www.pparc.ac.uk/Nw/AurAC.asp
Einzelheiten zu der Teilnahme Großbritanniens an der nächsten Stufe des Vorbereitenden europäischen
Weltraumexplorationsprogramms „Aurora“, Oktober 2004, unter: www.pparc.ac.uk/Nw/a_text.asp
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Peter Barratt
PPARC, Kommunikationsleiter
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Piero Messina
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