Das Arbeitspferd: Die Ariane 4
Die Schlagworte „Doppelstarts“,
„modulare Bauweise“, „kommerzieller Erfolg“ und „hohe Zuverlässigkeit“ wurden zu Synonymen für den ESA-Träger Ariane 4, der ab 1988 seine drei Vorgänger-Versionen ablöste. Mit ihm katapultierte sich Europa an die Spitze der Satellitentransporteure.
Die Ariane 4, deren Einführung von der ESA im Januar 1982 beschlossen wurde, avancierte zum Shootingstar der Ariane-Familie. Mit der später wegen ihrer hohen Flugrate auch „Arbeitspferd der ESA“ genannten Rakete sollten zwei Satelliten mit einer Gesamtmasse von fast fünf Tonnen gleichzeitig in einen geostationären Transferorbit befördert werden.
Modulare Bauweise
Als genialer technischer Schachzug erwies sich dabei der Einsatz flexibel kombinierbarer Feststoff- und Flüssigtreibstoff-Booster zur Schubunterstützung in der Startphase. Je nach Mission konnte zwischen null, zwei oder vier Boostern des einen oder anderen Typs oder eine gemischte Bestückung gewählt werden.
Basis bildete die knapp 60 Meter hohe Ariane 40, praktisch eine Ariane 2 mit verlängerter Erststufe und entsprechend längerer Brennzeit der vier VIKING-Triebwerke in der Erststufe. Dazu gesellten sich die Ariane 42P mit zwei Feststoffboostern, in ihrer Transportleistung vergleichbar mit der Ariane 3, die 44P mit vier Feststoffboostern, die 42L mit zwei bzw. die 44L mit vier Flüssigtreibstoffboostern sowie die Ariane 44LP mit einem Mix aus je zwei Feststoff- und zwei Flüssigkeitreibstoffboostern. Die Startmasse des Gesamtsystems variierte jetzt zwischen 240 und 470 Tonnen.
Riesiger kommerzieller Erfolg
Mit der Ariane 4 stand der ESA ab Mitte der 80er Jahre eine ganze Flottille von Trägerraketen zur Verfügung. Die Ariane-Familie konnte nunmehr in punkto Nutzlast eine Bandbreite zwischen zwei und fünf Tonnen für die Beförderung in den geostationären Orbit abdecken.
Der kommerzielle Erfolg der neuen Trägerrakete war phänomenal. Jeder zweite Kunde wollte seine Satelliten mit einer Ariane ins All befördern lassen. Allerdings hing das nicht nur mit ihrer modularen Bauweise zusammen, sondern war auch der Tatsache geschuldet, dass nach der Explosion der Raumfähre Challenger im Januar 1986 die US-Shuttles als Satellitentransporteure ausfielen. Da die USA nicht mehr genügend konventionelle Trägerraketen besaßen, stand in der westlichen Welt plötzlich nur noch die Ariane für kommerzielle Nutzlaststarts zur Verfügung.
Traumquote bei der Zuverlässigkeit
Doch noch ein weiterer Pluspunkt kam hinzu: Gegenüber anderen Raketen flog die Ariane 4 sehr sicher. Seit ihrem Ersteinsatz am 15. Juni 1988 trug sie bis zum 15. Februar 2003 15 Jahre lang mit fast schon beängstigender Zuverlässigkeit bei insgesamt 113 Missionen über 180 Satelliten in die vorgesehene Umlaufbahnen. Nur dreimal verweigerte die Rakete ihren Dienst. Damit lag der Zuverlässigkeitsfaktor des Trägers bei unglaublichen 97,4 Prozent.
Übersicht zu den Trägerraketen-Versionen der Ariane 4
Ariane 40
Entwicklungszeitraum | 1982-1988 |
Länge | 55,6 m |
Durchmesser | 3,8 m |
Startmasse | 245 t |
Startschub | 2720 kN |
Max. LEO-Nutzlast | 4600 kg |
Max. GTO-Nutzlast | 2290 kg |
Stufen | 3 |
Booster | 0 |
Erster Start | 22.01.1990 |
Letzter Start | 03.12.1999 |
Flüge | 7 |
Fehlstarts | 0 |
Zuverlässigkeit | 100 % |
Ariane 42P
Entwicklungszeitraum | 1982-1988 |
Länge | 55,9 m |
Durchmesser | 3,8 m |
Startmasse | 323 t |
Startschub | 3944 kN |
Max. LEO-Nutzlast | 6000 kg |
Max. GTO-Nutzlast | 2990 kg |
Stufen | 3 |
Booster | 2 |
Erster Start | 20.11.1990 |
Letzter Start | 04.05.2002 |
Flüge | 15 |
Fehlstarts | 1 |
Zuverlässigkeit | 93,3 % |
Ariane 44P
Entwicklungszeitraum | 1982-1988 |
Länge | 56,9 m |
Durchmesser | 3,8 m |
Startmasse | 357 t |
Startschub | 5140 kN |
Max. LEO-Nutzlast | 6500 kg |
Max. GTO-Nutzlast | 3390 kg |
Stufen | 3 |
Booster | 4 |
Erster Start | 04.04.1991 |
Letzter Start | 25.09.2001 |
Flüge | 15 |
Fehlstarts | 0 |
Zuverlässigkeit | 100 % |
Ariane 42L
Entwicklungszeitraum | 1982-1988 |
Länge | 55,6 m |
Durchmesser | 3,8 m |
Startmasse | 367 t |
Startschub | 4600 kN |
Max. LEO-Nutzlast | 7000 kg |
Max. GTO-Nutzlast | 3590 kg |
Stufen | 3 |
Booster | 2 |
Erster Start | 12.03.1993 |
Letzter Start | 23.01.2002 |
Flüge | 13 |
Fehlstarts | 0 |
Zuverlässigkeit | 100 % |
Ariane 44LP
Entwicklungszeitraum | 1982-1988 |
Länge | 58,4 m |
Durchmesser | 3,8 m |
Startmasse | 420 t |
Startschub | 5270 kN |
Max. LEO-Nutzlast | 8000 kg |
Max. GTO-Nutzlast | 4170 kg |
Stufen | 3 |
Booster | 4 |
Erster Start | 15.06.1988 |
Letzter Start | 27.11.2001 |
Flüge | 26 |
Fehlstarts | 1 |
Zuverlässigkeit | 92,2 % |
Ariane 44L
Entwicklungszeitraum | 1982-1988 |
Länge | 58,7 m |
Durchmesser | 3,8 m |
Startmasse | 484 t |
Startschub | 5395 kN |
Max. LEO-Nutzlast | 10.200 kg |
Max. GTO-Nutzlast | 4950 kg |
Stufen | 3 |
Booster | 4 |
Erster Start | 05.06.1989 |
Letzter Start | 15.02.2003 |
Flüge | 40 |
Fehlstarts | 1 |
Zuverlässigkeit | 97,5 % |
GTO: |
Geosynchronous Transfer Orbit = Geosynchrone Transferbahn |
LEO: |
Low Earth Orbit = Niedrige Erdumlaufbahn |