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Das Prinzip der Eisdickenmessung mittels Radar bei SIRAL
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Die Forschungsfracht von CryoSat

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ESA / Space in Member States / Germany

Das wichtigste Instrument ist das Doppel-Radar SIRAL. Hierzu gehören zwei Antennen, die ähnlich wie Menschen mit zwei Augen räumlich sehen können. Mit diesem System werden die Eisoberflächen präzise abgetastet und die Höhenunterschiede mit einer Genauigkeit von ein bis drei Zentimetern ermittelt. Aus 717 Kilometer Weltraumhöhe ist das Weltspitze.

SIRAL: Radarstrahlen messen Eisdicke

Wichtigstes Instrument an Bord von CryoSat ist der Radarhöhenmesser SIRAL (Synthetic Aperture Interferometric Radar Altimeter) zur räumlichen Vermessung der Erdoberfläche. SIRAL ist mit zwei Radarantennen ausgestattet. Mit der einen Antenne werden Radarstrahlen zur Erdoberfläche gesandt. Die Botschaft von der Erde – in Form reflektierter Strahlung – wird von beiden Antennen empfangen. In der Fachsprache heißt das Verfahren Radar-Interferometrie.

SIRAL funktioniert unabhängig von der Wetterlage und den Lichtverhältnissen, so dass es bei jeder Tages- und Nachtzeit sowie bei bewölktem Himmel arbeiten kann. Es ist deshalb besonders zur Untersuchung großer polarer Eisschichten sowie -berge geeignet. Diese können bis zu 4000 Meter Höhe über dem Meeresspiegel erreichen und sind oft von Wolken umgeben.

SIRAL ermittelt die Dicke des Meereises sowie die Höhe der Landeismassen mit einer Genauigkeit von 1 bis 3 Zentimeter. Auf diese Weise können auch sehr inhomogenen Eisoberflächen genauestens erfasst werden. Mit Hilfe der Radar-Interferometrie lässt sich beispielsweise auch die Fließgeschwindigkeit des Eises exakt ermitteln. Dabei werden zwei Radarbilder zu unterschiedlichen Zeiten aufgenommen und anschließend elektronisch überlagert. Als Ergebnis erhält man dann die Fließgeschwindigkeit des Eises.

Diese Technik gestattet auch den Abbruch von Eisbergen besser zu verfolgen. Große Teile der antarktischen Küste sind von Schelfeis begrenzt, in denen es zum Abbruch riesiger Eisberge kommt. Auf das sogenannte Kalben des Eisbergs folgt eine mehrjährige Vorstoßphase des Schelfeises. Dieser zyklische Prozess hat großen Einfluss auf die Massenbilanz der Antarktis und die Hydrologie der angrenzenden Ozeane.

SIRAL ist so konzipiert, dass für die unterschiedlichen Anwendungsgebiete insgesamt drei verschiedene Operationsmoden möglich sind:

 

  • Betrieb über Landeis (der von der Schnee- und Eisdecke zum Sensor reflektierte Anteil von Radarwellen enthält Informationen über die Eigenschaften des Schnees)
  • Betrieb über Meereis (bessere Unterscheidung von Eis und Wasser)
  • Betrieb an den Rändern der Eisschilde (genauere Bestimmung der Neigung der Eisoberfläche und ihrer Höhe)

Die SIRAL-Daten werden also vor allem Erkenntnisse über die Dynamik der sich verändernden Eisschichten in den Polgebieten der Erde liefern.

DORIS übernimmt die Positionsbestimmung

Voraussetzung für derartige Präzisionsmessungen des SIRAL-Instrumentes ist aber die exakte Kenntnis der Satelliten-Orbithöhe über der Erdoberfläche. Hierzu befinden sich an Bord von CryoSat zwei Instrumente, die dazu dienen, die Position des Satelliten zentimetergenau zu bestimmen: das französische Datenempfangssystem DORIS (Doppler Orbit and Radio Positioning Integration by Satellite) sowie ein Laser-Retroreflektor.

Der an der Außenseite von CryoSat angebrachte Laser-Retroreflektor funktioniert wie ein Katzenauge am Straßenrand: Er reflektiert den von der Bodenstation Kiruna (Schweden) zum Satelliten gesendeten Laserpuls. Die Bodenstation in Kiruna empfängt die Antwort und ermittelt aus der Laufzeit des Signals die Flughöhe von CryoSat.

Das andere Messgerät, DORIS, ist bereits bei Envisat für die gleiche Aufgabenstellung höchst erfolgreich im Einsatz. Es arbeitet ähnlich. Von der Bodenstation in Kiruna werden Signale zu CryoSat gefunkt, die DORIS an Bord verarbeitet. Die daraus ermittelten Bahndaten werden dann zur Bodenstation zurückgesendet. Durch die Zweigleisigkeit dieser Positionierungsmessungen wird eine wesentlich höhere Genauigkeit erreicht.

Kontrollzentrum: European Space Operations Centre ESOC in Darmstadt

ESA/ESOC in Darmstadt
ESA/ESOC in Darmstadt

Wenn CryoSat die Bodenstation in Kiruna überfliegt, werden zugleich die zuvor auf Festspeicher mit einer Kapazität von 256 Gbit zwischengespeicherten SIRAL-Daten übertragen. Täglich fallen etwa 320 Gbit an. Diese Daten gelangen über Kiruna an das Erdbeobachtungszentrum ESRIN in Frascati, Italien, das sie sofort verarbeitet und an die wissenschaftliche Nutzergemeinde verteilt. Die Daten, die zur Steuerung und Überwachung der CryoSat-Mission dienen, gehen direkt an das Europäische Satellitenkontrollzentrum ESOC in Darmstadt, das die Mission über die gesamte Lebensdauer hinweg begleitet.

Neben der Echtzeitverteilung der wissenschaftlichen Daten direkt von der Empfangsstation in Kiruna, werden die Daten im Offline-Zentrum in Toulouse, Frankreich, archiviert, wo sie zur späteren Neuverarbeitung und langfristigen Nutzung zur Verfügung stehen. Die wissenschaftliche Auswertung, die Datenbestellung und -verarbeitung sowie die gesamte Schnittstelle zum Nutzer erfolgt im ESA-Zentrum ESRIN. Die präzisen Messungen hängen jedoch von weiteren Einflussfaktoren ab (Bahnhöhe, Jahreszeiten, Niederschläge, Schnee- und Eismengen). Um diese sowie mögliche weitere Einflussparameter einzubeziehen, wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Messkampagnen durchgeführt.

Um jegliche Fehlinterpretationen ausschließen zu können werden – ein probates Mittel der Geofernerkundung – parallel zur Erfassung der CryoSat-Satellitendaten umfangreiche Gegenerkundungen, sogenannte Validierungskampagnen, am Boden sowie mit adaptierten Weltraumgeräten von Flugzeugen aus vorgenommen.

Deutschland: Forscher führend an CryoSat beteiligt

Das Alfred Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven
Das Alfred Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung Bremerhaven

Aufgrund der logistischen Möglichkeiten des Alfred-Wegener-Institutes mit Landstationen, Forschungsflugzeugen und dem Eisbrecher Polarstern werden deutsche Gruppen wichtige Funktionen im Rahmen der ESA-Gesamtmission übernehmen.

Aus Deutschland beteiligen sich u.a.:

 

  • das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven
  • die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover
  • das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum DLR/DFD, Oberpfaffenhofen
  • das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR, Köln
  • das Deutsche Geodätische Forschungsinstitut, München
  • das GeoForschungsZentrum Potsdam
  • die Universitäten in Bremen, Freiburg, Münster, Trier
  • die Technische Universitäten in Darmstadt, Dresden, München
  • geowissenschaftliche Institute in Bonn, Bremen, Dresden, Freiburg, Hamburg, München, Münster und Stuttgart

Die mehrjährige Datengewinnung und -auswertung, die einen hohen personellen Aufwand der Gegenerkundungen einschließt, wird von einem großen Aufgebot europäischer und internationaler Forschungseinrichtungen begleitet. An der wissenschaftlichen Aufarbeitung der CryoSat-Daten beteiligen sich zahlreiche Institutionen und Forschergruppen aus Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Schweden und den USA.

Trotz Hightech: Langzeitbeobachtungen benötigen viel Zeit. Erste gesicherte Erkenntnisse der Grundsatzfragen werden deshalb in frühestens fünf bis acht Jahren erwartet. Aber so ist wissenschaftliche Forschung: Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt.

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