Die wichtigste Aufgabe: Suche und Überwachung
Die Entdeckung zweier Asteroiden nur einen Tag vor ihrer größten Annäherung zur Erde im Jahr 2009 zeigt, wie schnell eine Gefahr von derartigen Felsbrocken ausgehen kann. Um die Bedrohung der Erde durch Asteroiden oder Kometen richtig einschätzen zu können, müssen potentielle Einschlagkandidaten zunächst erfasst und deren genaue Flugbahnen sowie die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags ermittelt werden. Nach Expertenmeinung ist heute jedoch nur ein kleiner Teil potentiell gefährlicher Objekte bekannt.
Wie hoch ist das Risiko?
In die Risikoabschätzung gehen neben der Einschlagwahrscheinlichkeit weitere Faktoren wie Größe und Geschwindigkeit des Objektes oder der Aufbau des Einschlagkandidaten ein. Dazu wurden in den letzten Jahren von den Wissenschaftlern zwei Methoden entwickelt, die einfachere Turiner Skala und die komplexere Palermo Skala.
Für die Öffentlichkeit wird meist der Wert der Turiner Skala genutzt, in der das Risiko von 0 (kein Risiko) bis 10 (sichere Kollision mit globaler Zerstörung) eingeschätzt wird. Derzeit wurde lediglich ein Asteroid nach dieser Skala kurzzeitig in die Gefahrenstufe 4 eingestuft (Annäherung mit höherer Kollisionswahrscheinlichkeit). Aber auch kleinere Objekte können bei einem Einschlag lokale Zerstörungen hervorrufen, was zu der Schlussfolgerung führt, dass eine umfassende Suche und Überwachung der NEOs sinnvoll ist.
Beobachtung ist internationales Teamwork
Da es auf der Erde jeden treffen kann, ist diese Aufgabe nur in internationaler Zusammenarbeit lösbar. Das hatten 1994 nach dem Einschlag des Kometen Shoemaker-Levy 9 auf Jupiter auch die NASA und amerikanische Politiker erkannt. Die Weltraumbehörde erhielt vom amerikanischen Kongress schließlich den Auftrag, alle Erdbahnkreuzer zu katalogisieren, die mehr als 1 Kilometer Durchmesser besitzen. Dazu wurden spezielle Programme zur Himmelsüberwachung, wie LINEAR (Lincoln Near Earth Asteroid Research), LONEOS (Lowell Observatory Near-Earth Object Search), NEAT (Near Earth Asteroid Tracking), ein Projekt des Jet Propulsion Laboratory, oder Spacewatch geschaffen. Weitere Programme werden von Asteroidenforschern auf der ganzen Welt betrieben.
Die Programme nutzen erdgebundene Teleskope sowie Radarsysteme und durchmustern den Himmel systematisch nach verdächtigen Objekten. Auf diese Weise wurden in den letzten Jahren weit über 200.000 Objekte entdeckt, darunter über 2000, die die Erdbahn kreuzen.
Das NEO-Segment der ESA
Zur Beobachtung und vor allem zur Auswertung von Beobachtungsdaten baut die ESA ein „Small Bodies Data Centre“ (SBDC) auf, das Positionsmessungen von Asteroiden nutzt, die beim Minor Planet Center (USA) gesammelt und dann zu Auswertungszwecken wieder weltweit verteilt werden.
Am europäischen Datenzentrum erfolgt eine Auswertung der Daten hinsichtlich möglicher Einschläge und des Einschlagorts sowie den Umfang der dann zu erwartenden Gefahren.
Noch verfügt das NEO-Segment der ESA nicht über die volle Kapazität. Es werden seit 2009 bis 2011 sogenannte Vorläuferdienste (Precursor Services) aufgebaut. Sie umfassen:
- Die Infrastruktur für ein erstes SBDC am ESA/ESRIN in Italien. Das sind Expertenteams und Computertechnik für die Bearbeitung der Daten.
- Aufbau einer zentralen Datenbasis, die alle europäischen Informationen zu NEOs bündelt
- Unterstützung bereits existierender Infrastruktur (Observatorien, Kataloge, Netzwerke)
- Kooperation mit internationalen wissenschaftlichen und politischen Institutionen wie der UN, der EU, IAU u.a.
Die Ergebnisse sollen schließlich dazu führen, dass NEOs anhand ihrer Vorbeiflugdistanz an der Erde klassifiziert und das Einschlagrisiko eines Objektes bewertet werden kann. Besteht die Gefahr eines Einschlags mit zu erwartenden lokalen, regionalen oder gar globalen Zerstörungen, sollen Warnungen und Empfehlungen für die Risikominimierung herausgegeben werden. Noch in den Anfängen stecken Studien zu Maßnahmen der gezielten Ablenkung von Asteroiden durch entsprechende Raumfahrtmissionen. Sie werden aber eines Tages sicher Realität werden.