EGNOS erhöht Sicherheit der Navigation in chinesischer Schifffahrt
Der Nebel hängt heute schwer über dem Jangtse-Fluss und macht die Navigation recht schwierig. Eine Fähre scheint dies jedoch nicht zu kümmern. Der Kapitän benutzt das hochgenaue Satellitennavigationssystem EGNOS.
Der Europäische Geostationäre Navigationsüberlagerungsdienst (EGNOS) ist eine Initiative der Europäischen Weltraumorganisation ESA, der Europäischen Kommission und Eurocontrol.
Diese Fahrt ist der erste Testversuch der Satellitennavigation mit EGNOS in China und stellt die erste wirklich gemeinsame Arbeit von chinesischen und ESA-Ingenieuren auf dem vielversprechenden Gebiet der Satellitenpositionierung dar. Sie steht für eine neue Kooperation von China und Europa bei der Entwicklung des Globalen Navigationssatellitensystems (GNSS).
Wir sind in Wuhan, im Herzen Chinas, am drittlängsten Fluss der Welt nach dem Amazonas und dem Nil. Der Jangtse teilt das ehemalige Reich der Mitte in Norden und Süden und ist eine starke befahrene Wasserstraße. Zwischen der Küste in Shanghai bis hin zum Dreischluchtenstaudamm wird auf ihm ein großes Verkehrsaufkommen abgewickelt. Das 1500 km vom Chinesischen Meer entfernte Wuhan ist mit mehr als sieben Millionen Einwohnern die viertgrößte Stadt Chinas und ein großer Flusshafen am Jangtse.
Der Nebel verhüllt das gegenüberliegende Ufer, besonders an Stellen, an denen der Jangtse über einen Kilometer breit ist. An Bord der Fähre, im Blickfeld des Kapitäns zeigt ein Computerbildschirm die Route der Überfahrt in Wuhan an. Ein kleiner Punkt markiert die Position des Schiffs, die mit Hilfe von EGNOS, dem Europäischen Geostationären Navigationsüberlagerungsdienst ermittelt wird. Das System nutzt auch GPS-Signale, um eine größere Genauigkeit und Fehlerfreiheit zu erzielen.
Vorbereitungen
Mehrere Monate lang haben Teams in China und in Europa eng zusammen gearbeitet, um die Tests des EGNOS-Signals in der derzeitigen Testphase vorzubereiten. Das EGNOS-Signal wird durch einen über dem Indischen Ozean positionierten geostationären Satelliten nach China übertragen.
Für die Versuche musste ein regionales Netz von Bodenstationen aufgebaut werden. Drei Entfernungsmess- und Integritätsüberwachungsstationen (RIMS) wurden in China errichtet: Eine in Shanghai, eine in Fanchang bei Peking und eine in Wuhan. Somit kann ein Dreieck mit EGNOS-Daten, wie GPS- und ionosphärischen Korrekturen gebildet werden.
Zunächst führte das Chinesische Seismologische Amt im Dezember statische Tests durch. EGNOS-Datenaufnahmen an sechs verschiedenen Orten zeigten eine sehr gute Verfügbarkeit und Genauigkeit der EGNOS-Ergebnisse innerhalb des temporär erzeugten EGNOS-Dreiecks. Die Benutzung des EGNOS-Signals erhöhte die Genauigkeit des GPS um den Faktor drei.
Anschließend wurden vom Dalianer Maritimen Institut dynamische Tests durchgeführt, unterstützt vom Chiangjianger Institut für Wasserstraßen, welches das Schiff zu Verfügung stellte. Mit diesen Versuchen wurden Qualität und Verfügbarkeit von EGNOS in China – in der schnell wachsenden Stadtlandschaft von Wuhan überprüft. Brücken und Gebäude erzeugen normalerweise Interferenzen, die sich auf das Signal auswirken können. Deshalb war Wuhan ein guter Test für die Zuverlässigkeit des EGNOS-Signals, einer Grundvoraussetzung für die sichere Navigation.
Zusammenarbeit
Diese Kooperation verdeutlicht das Potential einer Erweiterung von EGNOS über Europa hinaus. Sie bereitet auch die kommende Zusammenarbeit an Galileo vor, zu der die EU und China im September 2003 ein politisches Abkommen geschlossen haben.
Während der Versuche konnten sich die Teilnehmer auch persönlich kennen lernen. Die Ingenieure auf beiden Seiten stellten fest, dass sie gut zusammenarbeiten können. Und in der Tat gibt es bereits ein gemeinsames Büro vor der Pekinger Universität: Das Chinesisch-Europäische GNSS-Technologie-Schulungs- und Kooperationszentrum (CENC), das im September letzten Jahres eröffnet wurde, nach dem auf höchster politischer Ebene das Abkommen über Chinas Teilnahme am Globalen Navigationssatellitensystem Galileo unterzeichnet wurde.
Angesichts der Dynamik und des Potentials Chinas für das 21. Jahrhundert erscheint diese Zusammenarbeit sehr einleuchtend. Und – der Magnetkompass wurde vor über 2000 Jahren immerhin in China erfunden. Nun können also China und Europa zusammen am Kompass des 21. Jahrhunderts arbeiten: den Navigationssatellitensystemen.
EGNOS kann für die Navigation in der Schifffahrt verwendet werden, aber auch für alle anderen Verkehrsmittel und professionellen Anwendungen von der Blindenführung bis hin zur virtuellen Maut.
Das EGNOS-Signal wird ab Mitte 2004 verfügbar sein und ebnet den Weg für Galileo, welches 2008 einsatzbereit sein soll. Dieses nichtmilitärische Projekt wird das einzige andere Satellitennavigationssystem, das US-amerikanische Globale Positionierungssystem (GPS), ergänzen. Galileo, dessen Entwicklung und Erprobung von ESA und EU gemeinsam finanziert wird, wird den Europäern und der ganzen Welt ein genaues und sicheres Satellitenpositionierungssystem geben.