ESA-Bodenstationen begleiten seit zehn Jahren Trägerraketen ins All
In diesen Tagen hat die ESA doppelten Grund zum Feiern: Zum einen fand der 100. Start einer Trägerrakete Ariane 5 statt. Gleichzeitig verfolgt das weltweite Bodenstations-Netzwerk der ESA die Trägerraketen nach ihrem Start in Kourou seit nunmehr zehn Jahren.
Die ESA-Satelliten, die die Erde umrunden, sowie Forschungssatelliten im gesamten Sonnensystem sind letztlich abhängig von einem kleinen Netzwerk an Bodenantennen, das die Flugkörper mit ihrem Heimatplaneten verbindet. Seit zehn Jahren stellt das Netzwerk diese Dienste auch für die europäischen Trägerraketen bereit.
„Während der ESA-Missionen im Weltraum werden massenweise wichtige wissenschaftliche Daten sowie atemberaubend schöne Bilder aus unserem Sonnensystem zurück auf die Erde geschickt – ohne unser wenig bekanntes Netzwerk würden uns die meisten dieser wunderbaren Erkenntnisse allerdings nie erreichen“, erklärt Gerhard Billig, Verantwortlicher für die Trägerraketen-Überwachung beim Europäischen Raumflugkontrollzentrums der ESA in Darmstadt (ESOC).
Dieses globale Netzwerk von Bodenstationen heißt Estrack und stellt die Verbindung zwischen den Satelliten in ihren Erdumlaufbahnen und den Kontroll-Teams auf der Erde sowie den Wissenschaftlern, die die Daten anschließend auswerten, her.
Im Kern besteht das Estrack-Netzwerk aus sieben Stationen in sieben Ländern auf drei Kontinenten. Sie alle werden zentral vom ESOC in Deutschland aus gesteuert.
Zehn Jahre Trägerraketen-Überwachung
Zehn Jahre Verfolgung von Trägerraketen
Seit zehn Jahren empfangen die Estrack-Stationen nicht mehr nur Satelliten-Signale, sondern verfolgen auch die Trägerraketen, die diese Satelliten ins All bringen – erstmals im März 2008, als eine Ariane-5-Rakete mit dem Weltraumfrachter ATV-1 (Jules Verne) an Bord startete.
Ursprünglich nur für die Kommunikation mit Satelliten ausgestattet, wurde das Estrack-Netzwerk erweitert, um sich auch um das Trägerraketen-Monitoring kümmern zu können. Dafür wurde 2008 eine Bodenstation mit einem Antennendurchmesser von 5,5 Metern auf der Azoren-Insel Santa Maria (Portugal) eingerichtet. Als erste Estrack-Station, die Trägerraketen verfolgen konnte, empfängt Santa Maria für die ESA seitdem wichtige Informationen über alle Flugphasen hinweg.
Während das Estrack-Netzwerk durch die Station Santa Maria erweitert wurde, startete die Reihe der Automated Transfer Vehicle (ATV)-Missionen. Die fünf nicht wieder verwendbaren Weltraumfrachter haben die Internationale Raumstation ISS mit Nachschub versorgt – in einer Höhe von etwa 400 Kilometern.
Hierfür mussten die Ariane-Trägerraketen eine besondere Flugbahn einschlagen. Die Station mitten im Atlantischen Ozean eignet sich hierfür perfekt und wurde ebenso für die Verfolgung der Starts sämtlicher Galileo-Satelliten genutzt, die für Europas neues Navigationssystem im Einsatz sind.
Im Gegensatz dazu ist das ursprüngliche Bodenstations-Netzwerk zur Verfolgung der Ariane-Raketen – betrieben von der französischen Raumfahrtagentur CNES vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou aus – auf eine andere Umlaufbahnen zugeschnitten. Fast alle Trägerraketen, die in Kourou starten, schlagen diese ein. Von dort aus bringen die Raketen Telekommunikations-Satelliten in geostationäre Umlaufbahn in einer Höhe von 36.000 Kilometern.
Die Bodenstation Santa Maria verfolgt die Trägerraketen, die vom europäischen Weltraumbahnhof aus gesteuert werden. Dazu gehören auch die drei revolutionären Raketen Ariane 5, Sojus und Vega.
Die Estrack-Stationen versorgen die Teams vor Ort mit wesentlichen Informationen, die sie von den Trägerraketen empfangen. Diese werden dann an die CNES sowie die Arianespace-Teams, die den Flug der Raketen überwachen, weitergeleitet.
„Der Start des ATV-2 im Jahr 2011 ist mir besonders im Gedächtnis geblieben“, sagt Billig, der den Start von der Station Santa Maria aus verfolgte.
„Wenige Minuten nach dem Start in Kourou sahen wir die Ariane-Trägerrakete, mit der wir in Funkkontakt standen, über unsere Köpfe hinwegfliegen – durch den sternenklaren Nachthimmel.“
„Wir konnten sogar die obere Schubdüse erkennen! Das war ein atemberaubender Anblick – die Rakete sah aus wie ein Komet. Und das, was wir mit unseren eigenen Augen sahen, wurde gleichzeitig über die Telemetrieverbindung auf die Bildschirme vor uns übertragen.“
Bis heute haben die Estrack-Stationen in Portugal und Western Australia 35 Starts überwacht, von denen zahlreiche von mehr als nur einer Bodenstation unterstützt wurden; 16 Starts wurden von der Station Santa Maria verfolgt, 34 von der Station in Western Australia (20 von der in Perth und 14 von der in New Norcia).
Aufrüstung der australischen Bodenstation
2010 wurde die New Norcia-Antenne in Perth, Western Australia, für die Verfolgung von Trägerraketen aufgerüstet.
Danach wurde die Antenne nicht nur für die Überwachung von ATV- und Galileo-Starts genutzt, sondern auch für Trägerraketen, die Satelliten in sonnensynchrone Umlaufbahnen sowie auf interplanetare Flugbahnen bringen.
„Seit einem Jahrzehnt begleiten wir nun sowohl die Überwachung der Trägerraketen als auch der Satelliten – eine unerlässliche und gleichzeitig einzigartige Fähigkeit für die ersten, kritischen Momente einer Satelliten-Mission“, sagt Billig.
Seit der Schließung der Bodenstation Perth im Jahr 2016 übernimmt die Deep-Space Station der ESA in New Norcia, ebenfalls in Western Australia, die Überwachung der Trägerraketen.
Weitere Informationen
Estrack: http://www.esa.int/estrack
Webcams:
Cebreros: http://www.esa.int/ceb
Malargüe: http://www.esa.int/mlg
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