Galileo: Europas Unabhängigkeit und Kooperation
Europa führt mit Galileo das erste, unter ziviler Kontrolle stehende, weltweite Satellitennavigations- und Ortungssystem ein, das der internationalen Zusammenarbeit offen steht und kommerziell betrieben wird. Dieses unabhängige System bietet einen hochpräzisen, garantierten, weltumspannenden Dienst, der auch in Krisenzeiten einsatzfähig bleibt.
Galileo gewährleistet damit einerseits die europäische Unabhängigkeit von den beiden militärisch kontrollierten Systemen GPS (USA) und GLONASS (Russland) und unterstreicht so die Souveränität Europas.
Andererseits konkurriert Galileo nicht nur mit den beiden Systemen, es ergänzt sie auch. Europa hat großen Wert darauf gelegt, dass Galileo nicht gegen sondern mit GPS arbeiten wird. Es basiert auf derselben Grundtechnologie wie GPS, ist kompatibel und bietet zusammen mit GPS eine wesentlich höhere Genauigkeit sowie erhöhte Ausfallsicherheit.
Der Nutzer wird also künftig in der Lage sein, mit noch zu entwickelnden Empfängern aus den Signalen aller empfangbaren Galileo-, GPS- und GLONASS-Satelliten in jeder beliebigen Kombination seine Position zu bestimmen ("Interoperabilität"). Mehr noch: Galileo ermöglicht eine Echtzeitortung mit einer Genauigkeit im Meterbereich, was bisher noch kein öffentlich zugängliches System angeboten hat.
Trotz dieser äußerst beeindruckenden Genauigkeit liegt der entscheidende Unterschied zwischen den Systemen GPS/GLONASS und Galileo weniger in der Genauigkeit, sondern vielmehr in der garantierten Verfügbarkeit, einer echten öffentlichen Dienstleistung aus Europa.
Europas Navigations-Satellit
Der Satellit, mit dem eine neue Ära in der Navigation anbricht, wird von dem in Ottobrunn bei München ansässigen Unternehmen Galileo Industries entwickelt und gebaut. Das Unternehmen wurde im Jahre 2000 eigens für diese Aufgabe gegründet. Hauptanteilseigner sind die wichtigsten europäischen Raumfahrtkonzerne wie EADS Astrium, Alcatel Alenia Space, Alcatel Espazio, Thales und Hispasat.
Die technischen Daten der Galileo-Satelliten finden Sie unter „Daten und Fakten“.
Die ungewöhnliche trapezartige Form des Körpers resultiert aus der Anpassung an den Mehrfachstartadapter der Trägerrakete. Dadurch ist es möglich, insgesamt acht Galileo-Satelliten (je vier in zwei Etagen) mit einer Ariane 5 ins All zu schießen. Es können aber auch Trägerraketen aus Russland (Sojus, Proton) oder China (Langer Marsch) eingesetzt werden.
Die im Orbit positionierten Satelliten sind dreiachs-stabilisiert und dadurch permanent auf die Erde ausgerichtet. Nur die Solarpanele rotieren relativ zum Satellitenkörper. Auf diese Weise erhalten die Solarzellen ständig genügend Sonnenlicht für die Energieerzeugung.
Jeder Galileo-Satellit hat drei Nutzlast-Komponenten an Bord: hochpräzise Uhren (Timing Section), eine Signalerzeugungs-Einheit (Signal Generation Section) sowie eine Übermittlungs-Einheit (Transmit Section).
Technische Wunderwerke: Die genauesten Weltraum-Atomuhren
Um einen Betrieb höchster Zuverlässigkeit zu garantieren, verfügt jeder Galileo-Satellit über vier Atomuhren für extrem genaue Zeitmessungen: je zwei Wasserstoff-Maser-Uhren sowie zwei Rubidium-Uhren. Im Regelfall liefert eine Maser-Uhr die Bordzeit, während die anderen als Backup dienen.
Die präzise Navigation steht und fällt mit dem Vorhandensein einer sehr genauen Zeit. Deshalb ist das Herz eines jeden modernen Navigationssystems der Zeitgeber, eine Atomuhr.
Diese Uhr nutzt als Zeitbasis keine schwingende Masse, sondern den Übergang von Atomen zwischen verschiedenen Energieniveaus. Dazu wird ein Atom durch äußere Energiezufuhr auf ein höheres Energieniveau gehoben. Anschließend springt es – unter Energieabgabe – wieder auf sein altes stabiles Niveau zurück. Dieses Schwingen geschieht mit einer sehr präzisen Frequenz.
Jedes Atom hat dabei seine eigene charakteristische Frequenz. Man kann sie über die Energieabgabe des Atoms ermitteln und an einen Zähler weiter geben.
Die bei Galileo verwendeten Maser-Uhren (microwave amplification by stimulated emission of radiation) arbeiten mit Wasserstoffatomen, die eine Frequenz von 1,420 GHz erzeugen. Die Uhr erreicht eine Abweichung von lediglich einer Sekunde in drei Millionen Jahren. Die als Backup genutzten Rubidium-Uhren arbeiten mit verdampftem Rubidium. Ihre „Ungenauigkeit“ beläuft sich auf eine Sekunde in 760 000 Jahren.
Beide Uhrentypen sind kleine Wunderwerke der Technik, denn neben einer aufwendigen Auswerteelektronik werden empfindliche Sensoren sowie Vorrichtungen zur Erzeugung von Vakuum und dem Handling mit Gasen benötigt. Dabei muss die gesamte Uhr so konstruiert sein, dass sie unter Weltraumbedingungen mindestens 15 Jahre wartungsfrei arbeitet.