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Halbleiter-basierte magnetische Levitation
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Europas neues Metall-Zeitalter beginnt

12/09/2014 1742 views 5 likes
ESA / Space in Member States / Switzerland - Deutsch

Die ESA hat sich mit weiteren führenden Forschungsinstitutionen und über 180 europäischen Unternehmen zusammengeschlossen, um im Rahmen eines Eine-Milliarde-Euro-Programms neue Metallarten und Fertigungstechniken für unser Jahrhundert zu entwickeln.

Das auf sieben Jahre ausgelegte Forschungs- und Entwicklungsprogramm mit dem Namen Metallurgy Europe wurde am Dienstag im Londoner Science Museum vorgestellt.

„Mit diesem Programm legen wir den technischen Grundstein für die Entdeckung neuer Materialien – metallische Verbindungen, Legierungen, Verbundwerkstoffe, Halbleiter und Supraleiter“, sagte Prof. David Jarvis, ESA-Leiter für strategische und neue Technologien und Vorsitzender von Metallurgy Europe.

„Wir werden unter anderem Computersimulationen einsetzen, die uns bei der Legierungsentwicklung unterstützen, sowie fortschrittliche Fertigungstechniken wie Additiv Manufacturing (AM) oder 3D-Druck für die Entwicklung neuer Produkte.“

Prof. Dr. David Jarvis
Prof. Dr. David Jarvis

In der Geschichte der Menschheit – von der Eisenzeit bis zum Nuklearzeitalter – war die Metallurgie stets eine treibende Kraft. Heute erzielen die Metallbranche und ihre verbundenen Industriezweige 46 % der Wertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes der EU und 11 % ihres gesamten Bruttoinlandsprodukts (BIP) – das entspricht 1,3 Bio. EUR pro Jahr, bzw. 3,5 Mrd. EUR pro Tag.

Konservativen Schätzungen zufolge wird Metallurgy Europe über 100.000 Arbeitsplätze schaffen. Diese Prognose beruht auf den derzeit 10 Mio. Angestellten der Metall- und Endabnehmerindustrien in der EU, der Schweiz und Norwegen.

Neue Werkstoffe könnten das Gewicht von Raumfahrtkomponenten deutlich reduzieren 

Das Programm ist in 13 Schwerpunktthemen unterteilt und könnte unter anderem folgende Ergebnisse erzielen: neuartige hitzebeständige Legierungen für weltraumgestützte und nukleare Systeme; auf supraleitenden Legierungen basierende Hochspannungsleitungen; thermoelektrische Materialien, die Abfallstoffe in Energie umwandeln; neue Katalysatoren für die Herstellung von Kunststoffen und Arzneimitteln; biokompatible Metalle für medizintechnische Implantate; sowie ultra-starke magnetische Systeme.

Luftfahrtsimulator aus dem 3D-Drucker
Luftfahrtsimulator aus dem 3D-Drucker

Leichtmetall-Legierungen und -Verbundwerkstoffe für die Luftfahrt und die Automobilindustrie könnten das Gewicht von Raumfahrtkomponenten möglicherweise um ein Vielfaches reduzieren und das Gewicht von heutigen Zwei-Tonnen-Autos mehr als halbieren.

„Im Periodensystem sind rund 60 kommerziell nutzbare Metallelemente aufgeführt“, so Prof. Jarvis. „In der Welt der Werkstoffe ist es von grundlegender Bedeutung, wie diese verschiedenen chemischen Elemente miteinander vermischt werden. Denn während wir Metalle nur äußerst selten in ihrer reinsten Form nutzen, stehen metallische Verbindungen, Legierungen und Verbundwerkstoffe an der Tagesordnung.“

Nano-Katalysator
Nano-Katalysator

Nimmt man einen herkömmlichen Laptop, so kann dieser aus über 20 verschiedenen Metallelementen bestehen. Im Vergleich dazu vereint der Weltraumstart einer Sonde – einschließlich der Rakete, dem Satellit samt all seiner Teilsysteme und Elektronik sowie sämtlichen funktionalen Materialien – über 50 verschiedene Metallarten.

„Die 60 Metallelemente des Periodensystems bieten uns unzählige Kombinationsmöglichkeiten“, fügt Prof. Jarvis hinzu. „Die tatsächliche Anzahl an Kombinationen und Mengenverhältnissen ist unendlich – dahin gehend befinden wir uns also erst an der Spitze des Eisbergs.“

Tellur
Tellur

Das Metallurgy Europe-Programm wird als EUREKA-Cluster organisiert (engl. für „Haufen“, „Bündel“). EUREKA ist eine etablierte zwischenstaatliche Organisation, zu deren Netzwerk über 40 Regierungen, darunter nahezu alle EU-Mitgliedstaaten, gehören.

EUREKA-Cluster sind langfristig ausgelegte, strategisch bedeutende, öffentlich-private Partnerschaften, in deren Rahmen Europas führende Unternehmen gemeinsam wettbewerbsfördernde Technologien entwickeln.

„Metallurgy Europe verfolgt einen gebietsbezogenen und beteiligungsorientierten Ansatz (Bottom-up-Ansatz). Die Programmgegenstände richten sich nach dem zu erwartenden Bedarf der Industrie und der Gesellschaft im kommenden Jahrzehnt.“

Die ersten Projekte von Metallurgy Europe befinden sich bereits in der Vorbereitungsphase 

Für das Forschungsprogramm haben sich über 180 Industriepartner zusammengeschlossen. Dazu zählen einige der größten Maschinenbauunternehmen des Kontinents, wie u.a. Airbus Group, BP, Siemens, Daimler, Rolls-Royce, Thales, AvioAero, BAE Systems, Philips, Ruag, Bombardier, Linde Group, Rolex, Richemont, ArcelorMittal, Sandvik, Bruker, Johnson Matthey, Tata Steel, Boston Scientific, ThyssenKrupp, Outokumpu, Hydro Aluminium und Fiat sowie einige kleine und mittelständische Unternehmen.

Halbmetallischer Bismut-Kristall
Halbmetallischer Bismut-Kristall

Darüber hinaus kann das Programm auf das Know-how von führenden Forschungsorganisationen wie der ESA, der European Synchrotron Radiation Facility, dem Institut Laue-Langevin, der European Powder Metallurgy Association und dem Culham Centre for Fusion Energy zählen.

Die ersten Projekte von Metallurgy Europe befinden sich bereits in der Vorbereitungsphase und gehen 2015 an den Start.

Abschließend stellt Prof. Jarvis fest: „Die Höhe der Investitionen und der Umfang unseres unterstützenden Netzwerks machen uns zum größten Forschungskonsortium für metallische Werkstoffe und fortschrittliche Fertigungstechniken und wir haben die besten Voraussetzungen, für einige Zeit Spitzenreiter auf diesem Gebiet zu bleiben.“

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