| Übung 2: Das Schwinden des Tschadsees
Fakten Die Wüste Sahara bewegt sich südwärts und nimmt Gebiete ein, die noch vor wenigen Jahrzehnten mit Savanne oder Wald bedeckt waren. Dabei kommt es im Tschadbecken zu besonders erschütternden Veränderungen.
Noch vor 40 Jahren erstreckte sich der Tschadsee über 25.000 Quadratkilometer und lieferte den Fischern jedes Jahr mehr als 230.000 Tonnen Fisch. Der See hat sich nun auf eine Fläche von rund 500 Quadratkilometer zurückgezogen, die dem Wechsel der Jahreszeiten unterliegt. Die durchschnittliche jährliche Fischausbeute ist bis auf etwa 50.000 Tonnen dahingeschwunden. Heute wird in Gebieten Landwirtschaft betrieben, die noch vor wenigen Jahrzehnten unter Wasser lagen.
Weshalb wird der Tschadsee kleiner?
Der beträchtliche Wasserverlust im Laufe der letzten Jahrzehnte wurde mit einer Reihe unterschiedlicher Theorien zu erklären versucht.
Allen Theorien ist gemeinsam, dass sie dem Klimawandel viel Bedeutung zuschreiben. Eine Erwärmung führt zu einer erhöhten Verdunstungsrate, die sich in einer Abnahme des Volumens der Zuflüsse zeigt.
Ohne Zweifel spielt die Abnahme der Pflanzendecke in den Savannenregionen innerhalb des Wassereinzugsgebiets des Sees eine entscheidende Rolle. Sie trägt zur Veränderung des örtlichen Klimas bei – das immer trockener wird. Für den Rückgang der Vegetation wird im Wesentlichen die Überweidung verantwortlich gemacht. Ein weiterer Faktor ist die zunehmende Nutzung des Sees und der Zuflüsse als Quellen für Trinkwasser und Feldbewässerung.
Die Bevölkerung des Tschad hat sich in den letzten 40 Jahren verdreifacht. Von 1983 bis 1994 hat sich die landwirtschaftlich genutzte Fläche um 400 Prozent vergrößert. So ist die Landwirtschaft für grob 50 Prozent der Anlandung des Sees verantwortlichke. Messen der Fläche des Tschadsees In dieser Übung messen Sie die Fläche des Tschadsees, um die Ausmaße der Anlandung zu quantifizieren. Dann führen Sie eine multitemporale Veränderungserkennung anhand von GIS-Ebenen durch, indem Sie diese analysieren. Da die Bilder in Bezug auf dasselbe Kartensystem geokodiert sind, können diese GIS-Ebenen mit georeferenzierten Bildern verschiedener Sensoren verschnitten werden, die unterschiedliche Raumauflösungen und Bildweiten aufweisen. Die Geokodierung ist besonders zum Erkennen von Veränderungen wichtig, die sich über sehr lange Zeiträume vollziehen, wie im Fall des Tschadsees.
Der Einfachheit halber bezeichnen wir den See in dieser Übung als das größte verbleibende Gewässer im Südosten, ohne dabei die kleineren, isolierten Gewässer in der Nähe zu berücksichtigen.
In dieser Übung arbeiten wir mit einem Satellitenbild, das 2011 mit dem MERIS-Sensor erfasst wurde (derselben Aufnahme wie in Übung 1) und zwei weiteren Aufnahmen der Landsat-Satelliten. Eines dieser Landsatbilder wurde 1973 mit dem Multispektral-Scanner von Landsat 1 aufgenommen. Dies ermöglicht uns eine Veränderungserkennung über einen längeren Zeitraum. Das Bild heißt „Landsat_MSS_LakeChad_January1973” und steht unter „Eduspace – Download” im Menü rechts bereit. Das andere Landsatbild wurde 1986 mit dem TM-Sensor (Thematic Mapper) von Landsat 5 aufgenommen und heißt „Landsat_TM_LakeChad_December1986”.
Analysieren Sie nun den dramatischen Rückgang des Tschadsees im Verlauf der letzten 40 Jahre sowohl qualitativ als auch quantitativ.
1. Öffnen Sie die .tif-Datei des Landsat MSS-Bildes von 1973 mit LEOWorks. In folgender Tabelle sind die Bänder des MSS-Instruments von Landsat 1 aufgeführt: Kanal | | Wellenlängenbereich (μm) | Landsat 1,2,3 | Landsat 4,5 | | MSS 4 LEOWorks: Band1 | MSS 1 | 0,5–0,6 (grün) | MSS 5 LEOWorks: Band2 | MSS 2 | 0,6–0,7 (rot) | MSS 6 LEOWorks: Band3 | MSS 3 | 0,7–0,8 (NIR) | MSS 7 LEOWorks: Band4 | MSS 4 | 0,8–1,1 (NIR) |
| Öffnen Sie eine RGB-Ansicht, die sich für eine deutliche Darstellung der Wasserflächen eignet. Probieren Sie unterschiedliche Kombinationen aus, u. a. RGB_3-2-1.
Nehmen Sie mit dem Messwerkzeug eine grobe Messung der ehemaligen Fläche und des Umfangs des Tschadsees vor und ziehen Sie eine Kontur um dessen Uferlinie. Notieren Sie Ihre Ergebnisse.
2. Erstellen Sie jetzt eine RGB-Ansicht des Landsat 5 TM-Bildes von 1986.
Wiederholen Sie die Schritte, die Sie zuvor am MSS-Bild durchgeführt haben. Kanal Landsat 4,5 | Wellenlängenbereich (μm) | TM 1 | 0,45–0,52 (blau-grün) | TM 2 | 0,52–0,60 (grün) | TM 3 | 0,63–0,69 (rot) | TM 4 | 0,76–0,90 (NIR) | TM 5 | 1,55–1,75 (mittleres Infrarot) | TM 7 | 2,08–2,35 (mittleres Infrarot) | TM 6 | 10,4–12,5 (thermisches Infrarot) |
| 3. Öffnen Sie nun das Envisat-MERIS-Bild, die neueste Abbildung des Tschadsees. Erstellen Sie, ebenso wie in der vorherigen Übung, eine für die Erkennung von Wasser geeignete RGB-Ansicht.
Wiederholen Sie mit diesem MERIS-Bild die Schritte, die Sie an den Landsat-Aufnahmen vorgenommen haben, um den Umfang und die Fläche des Sees zu berechnen. Vergessen Sie nicht, Ihre Ergebnisse aufzuschreiben.
4. Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse.
Um wie viel haben sich Umfang und Fläche zwischen den Zeitpunkten verringert?
Berechnen Sie die absoluten und relativen Werte, ausgedrückt als Prozentwerte (Differenz geteilt durch Ausgangswerte mal 100 %) Zeichnen Sie Ihre Ergebnisse in den folgenden Tabellen auf: | Umfang | Fläche | 1973 | | | 1986 | | | Absolute Differenz | | | Relative Differenz | | |
| | Umfang | Fläche | Dezember 1986 | | | Januar 2011 | | | Absolute Differenz | | | Relative Differenz | | |
| | Umfang | Fläche | Januar 1973 | | | Januar 2011 | | | Absolute Differenz | | | Relative Differenz | | |
| 5. Zeichnen Sie anhand dieser drei Datensätze zwei Kurven in ein kartesisches Koordinatensystem ein, um die Entwicklung des Umfangs und der Fläche des Tschadsees (Ordinate, d. h. y-Achse) im Zeitverlauf (Abszisse, d. h. x-Achse) zu veranschaulichen. Eine derartige Darstellung erleichtert es Ihnen, den Rückgang des Sees zu interpretieren.
Lässt sich der Rückgang als „nahezu linear“ bezeichnen?
In welchem der beiden Zeiträume findet ein stärkerer Rückgang des Sees statt?
Lesen Sie sich noch einmal den einführenden Abschnitt „Weshalb wird der Tschadsee kleiner“ durch.
Worin besteht angesichts der beträchtlichen jahreszeitlich bedingten Schwankungen der Seewasserausdehnung die Gefahr, wenn wir aus nur drei Satellitenaufnahmen aus einem solch langen Zeitraum Schlussfolgerungen ziehen?
Schlagen Sie alternative Methoden vor, um zuverlässigere Aussagen zu treffen.
6. Konturieren Sie nun mithilfe des GIS-Werkzeugs die Uferlinien der verschiedenen Jahre in einer GIS-Ebene. Verwenden Sie dazu Polygone. Fügen Sie diese als neues Flächen- und Längenattribut hinzu.
Speichern Sie jede Ebene mit einem eigenen Namen in einer .shp-Datei, z. B. „Lake_Chad_coastline_1973.shp”.
Verschneiden Sie schließlich die drei GIS-Ebenen mit dem aktuellen MERIS-Bild und wählen Sie mit dem Layer-Editor unterschiedliche Farben.
Schreiben Sie auf der Grundlage Ihrer Auswertung der Messungen, Kurven und Bilder einen kurzen Aufsatz über das Schwinden des Tschadsees.
Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit jenen Ihrer Mitschülerinnen. | |