Der Satellit und seine Instrumente
GOCE wurde von einem internationalen Industriekonsortium unter Federführung von Thales Alenia Space entwickelt, dem 45 Unternehmen aus 13 europäischen Staaten angehören.
Außergewöhnliche Form
Entsprechend seiner Aufgabenstellung hat der Satellit eine außergewöhnliche Form erhalten, um der Restatmosphäre in 260 Kilometer Höhe möglichst geringen Widerstand entgegenzusetzen. Der schlanke, pfeilspitzenförmige Raumflugkörper hat ein achteckiges Grunddesign mit einer Länge von 5,3 Metern und einem Durchmesser von etwas mehr als einem Meter. Damit setzt er der Restatmosphäre nur eine Fläche von etwa einem Quadratmeter entgegen. Seine Gesamtmasse beträgt 1100 Kilogramm.
Die Form des Satellitenkörpers minimiert den Einfluss der Atmosphäre und verringert die Drehneigung auf ein Minimum. Zusätzliche aerodynamische Stabilität wird durch zwei schmale Flügel (so genannte Winglets) erreicht.
Da die Messinstrumente an Bord – hochempfindliche Beschleunigungsmesser – geringste Bewegungen registrieren, dürfen sich auf GOCE keine beweglichen Teile befinden, die Störmomente auf den Satelliten ausüben könnten. Deswegen wurden die Solarzellen zur Energieversorgung auf vier Flächen des achteckigen Körpers und auf die beiden Winglets aufgebracht. Während seines Fluges muss GOCE ständig seine Seite mit den Solarzellen der Sonne zuwenden, was dazu führt, dass diese in einem extremen Temperaturbereich von +160 °C bis -170 °C einwandfrei arbeiten müssen. Deshalb kamen für diese Mission auch nur hocheffiziente Gallium-Arsenid-Zellen in Frage, die diesen Temperaturwechseln standhalten können.
Die Grundstruktur zeichnet sich durch eine starre Bauweise aus. Sie besteht aus stabilen Kohlefaserteilen. Der enormen thermischen Belastung aufgrund des ständigen Wechsels von Sonneneinstrahlung und Schatten wird durch verschiedene Maßnahmen entgegengewirkt. Die passive Kontrolle erreicht man durch spezielle Beschichtungen und Auskleidungen. Der aktiven Unterstützung dienen elektrische Heizsysteme. Das besonders empfindliche Gradiometer ist vom Satelliten thermisch vollständig entkoppelt und besitzt eine eigene thermische Kontrolleinheit.
Zur Bahnkorrektur kommen zwei kleine Ionentriebwerke zum Einsatz, die mit Xenon als Treibstoff arbeiten, wobei die Xenon-Atome in der Antriebsphase elektrisch aufgeladen und dann beschleunigt werden. Insgesamt werden 40 Kilogramm Xenon mitgeführt. Bei den Bahnkorrekturen kann aufgrund der zur Verfügung stehenden elektrischen Leistung immer nur ein Triebwerk eingesetzt werden.
Das Gradiometer
Entsprechend der außergewöhnlichen Mission von GOCE sind auch außergewöhnliche technische Maßnahmen erforderlich. So ist der Satellit selbst Bestandteil des Sensorsystems. Man kann also gar nicht zwischen Raumflugkörper und Messinstrument unterscheiden.
Zur kontinuierlichen Erfassung des Erdschwerefeldes in drei Raumrichtungen dient eine spezielle Messtechnik, die Gradiometrie. Das dazu nötige Gradiometer an Bord besteht aus sechs hochempfindlichen Beschleunigungsmessern, die Störmomente in positiver und negativer Richtung aller drei Raumachsen erfassen.
Die Beschleunigungsmesser, englisch auch Accelerometer genannt, arbeiten mit definierten Prüfmassen, die im Zentrum spezieller Käfige frei beweglich aufgehängt sind. Einwirkende Beschleunigungen versuchen, die Prüfmasse zu verschieben, aber die mit einer Servosteuerung versehene Aufhängung regelt die durch Störungen verursachten linearen und Rotationsbewegungen aus und bringt damit die Prüfmasse wieder in die Mitte des Käfigs. Die dabei gebildeten elektrischen Regelgrößen werden einmal zur Erde übertragen und dienen dort als wissenschaftliche Datenbasis der Forscher. Zum anderen werden sie in einem Regelkreis an Bord zur Bahnkorrektur genutzt, indem daraus die Schubdauer des Ionentriebwerkes errechnet wird.
Je zwei Beschleunigungsmesser befinden sich an den Enden von etwa 0,5 Meter langen Gravimeterarmen. Die drei Arme werden im Satelliten je einmal in Flugrichtung, quer zur Flugrichtung und vertikal zur Flugrichtung montiert. Damit ist es möglich, alle Komponenten der Erdgravitation zu erfassen.
Genaue Positionsbestimmung mit GPS
Eine Umlaufbahn um die Erde wird im Wesentlichen durch die Bahnhöhe über der Erdoberfläche und die Bahnneigung gegenüber dem Äquator bestimmt. Ihr Bezugspunkt ist also die Erde. Um Störgrößen wie den Luftwiderstand eliminieren zu können, muss die genaue Umlaufbahn zusätzlich mit Hilfe anderer Referenzquellen ermittelt werden. Hier bietet sich das Global Positioning System (GPS) an, denn damit lässt sich die Position von GOCE zu bestimmten Zeitpunkten im Verhältnis zu den im All kreisenden GPS-Satelliten sehr genau ermitteln. Das Verfahren heißt Satellite-to-Satellite-Tracking (SST). Dafür befindet sich auf dem Satelliten ein 12-Kanal GPS-Empfänger und eine L-Band-Antenne zum Empfang der GPS-Signale. Der Empfänger kann die Signale von 12 GPS-Satelliten simultan empfangen und verarbeiten. Als Ergebnis liegen im SST-Instrument die genauen Entfernungen zu den GPS-Satelliten vor. Und aus denen kann wiederum die Umlaufbahn errechnet werden.
Zur Unterstützung bei der Bahnbestimmung dient außerdem ein Laserreflektor am Raumflugkörper. So ist es möglich, von der Erde aus mittels der Laufzeitmessung eines ausgesandten Laserimpulses die Entfernung zwischen Sendestation und Satellit zentimetergenau zu ermitteln. Inzwischen existiert ein weltweites Netz von Bodenstationen mit Lasereinrichtungen (Satellite Laser Ranging Service), das für die Bahnbestimmung eingesetzt werden kann.