Flyby an der Erde eröffnet neue wissenschaftliche Möglichkeiten
Die wissenschaftlichen Instrumente an Bord der europäisch-japanischen Raumsonde BepiColombo sind in einem ausgezeichneten Zustand. So können während der langen Reise zum innersten Planeten unseres Sonnensystems qualitativ hochwertige Daten gesammelt werden.
Das Manöver zur Verringerung der Umlaufbahn, bei dem sich BepiColombo am 10. April 2020 bis auf 12.689 km an die Oberfläche unseres Planeten näherte, bot die Gelegenheit, sechs der elf Instrumente an Bord des Mercury Planetary Orbiters (MPO) der ESA zu testen. Neben den sieben Sensoren der drei Instrumente des Mercury Magnetospheric Orbiter MIO wurden auch drei "Selfie"-Kameras des Mercury Transfer Moduls (MTM) aktiviert.
"Es ist großartig, dass alle von uns betriebenen Instrumente extrem gut funktionierten und gute Ergebnisse lieferten", sagt Johannes Benkhoff, ESA-Projektwissenschaftler für BepiColombo. "Wir hatten noch nie zuvor eine so gute Gelegenheit, sie alle im Weltraum zu testen. Es war fantastisch zu sehen, dass es keine Probleme gab und die Daten von guter Qualität sind, obwohl die Instrumente speziell für den Einsatz am Zielort Merkur entwickelt wurden."
Erwartungen wurden übertroffen
So gelang es beispielsweise dem Infrarotdetektor und -spektrometer MERTIS, einem neuartigen Instrument zur Untersuchung der Oberflächenzusammensetzung von Himmelskörpern, Messungen des Mondes während des Vorbeiflugs an der Erde durchzuführen. Da die Oberfläche des Mondes kälter als die Oberfläche des Merkurs ist, waren diese Beobachtungen besonders herausfordernd.
"Gegenstand unserer Beobachtung war der Mond, der Höchsttemperaturen von etwa 100°C erreichen kann. MERTIS dagegen wurde dazu konzipiert, Messungen am Merkur vorzunehmen, auf dem Temperaturen von etwa 400°C herrschen", sagt Jörn Helbert, Co-Principal Investigator von MERTIS am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). "Außerdem werden wir den Merkur aus einer Entfernung von weniger als 1.000 km betrachten, während der Mond beim Vorbeiflug 700.000 km entfernt war"
Darüber hinaus betrachtete MERTIS den Mond durch seine Nebenöffnung und nicht durch die Hauptöffnung, welcher derzeit vom Mercury Transport Modul MTM besetzt ist. Dennoch erfasste das Instrument einen einzigartigen Datensatz. "Niemand zuvor hat den Mond in diesem Spektralbereich vom Weltraum aus beobachtet", so Jörn Helbert. "Es ist der erste Datensatz dieser Art und er ist mindestens so gut, wie wir erhofft hatten".
Nächster Halt: Venus
Für die bevorstehenden zwei Vorbeiflüge an der Venus sind diese Ergebnisse vielversprechend. Seit dem Ende der Venus Express-Mission im Jahr 2014 wurde dieser Planet noch von keiner europäischen Raumsonde besucht. Derzeit wird die Venus lediglich von der japanischen Sonde Akatsuki umkreist.
"Wir wissen nun, wozu dieses innovative Instrument in der Lage ist. Somit können wir uns darauf konzentrieren, während der beiden Vorbeiflüge an der Venus so viel wie möglich aus ihm herauszuholen", so Johannes Benkhoff. "Für die anderen Instrumente gilt dasselbe. MERTIS ermöglicht uns, das wissenschaftliche Potenzial der gesamten Mission auf eine Weise zu maximieren, die wir bei der Konzeption nicht vorhergesehen hatten"
BepiColombo wird am 15. Oktober mit einer Entfernung von etwa 10.630 km zum ersten Mal an der Venus vorbeiziehen. Der zweite Vorbeiflug erfolgt voraussichtlich im August 2021 und wird dann lediglich eine Entfernung von etwa 550 km zum Planeten messen. Somit wäre sie der Venus näher als die Sonde Akatsuki.
"Neben MERTIS und dem Ultraviolett-Spektrometer PHEBUS existieren weitere innovative Instrumente, mit denen wir Messungen auf der Venus vornehmen können, die bei früheren Missionen nicht möglich waren", so Jörn Helbert. "Wir werden in der Lage sein, viele Daten über die dichte Atmosphäre der Venus zu erhalten, die denen der sowjetischen Missionen Venera 15 und 16 ähneln. Das wird einen einzigartigen Vergleich ermöglichen".
Der "Klang" des Magnetfelds
Es ist nicht nur die Venus, die dem BepiColombo-Team ungeahnte wissenschaftliche Möglichkeiten verspricht. Genau wie MERTIS wurde auch das BepiColombo-Magnetometer MPO-MAG speziell für die Merkurmission entwickelt. Das Magnetometer auf dem europäischen Orbiter konzentriert sich auf die Messung schwacher Magnetfelder, wie die des kleinsten Gesteinsplaneten des Sonnensystems. Das Instrument konnte noch während des Vorbeiflugs an der Erde nützliche Daten empfangen, die zu seiner Kalibrierung für zukünftige Messungen beitragen.
"Wenn das Magnetometer auf die Erdoberfläche gelegt werden würde, kann es nichts messen, weil das Magnetfeld zu stark ist", sagt Daniel Heyner von der Technischen Universität Braunschweig, Deutschland, Principal Investigator für MPO-MAG. "Es stellte sich heraus, dass die dichteste Erdannäherung während des Vorbeiflugs weit genug war, so dass wir immer noch gute Messungen anstellen konnten".
Die Daten des MAG-MPO zeigen, dass der Sonnenwind - ein konstanter Strom elektrisch geladener Teilchen, die von der Sonne in den interplanetaren Raum strömen - am Tag des Vorbeiflugs sehr schwach war. Wir haben nun auch Kenntnisse über den Moment, in dem BepiColombo auf den sogenannten Bogenschock traf. Dabei handelt es sich um eine scharfe Grenze, die sich am äußeren Rand der magnetischen Umgebung der Erde bildet, wenn sie mit dem Sonnenwind interagiert. Anschließend gaben die Daten wider, wie sich die Sonde durch die Magnethülle bewegte und die Magnetopause überquerte.
Das Team gewann wertvolle Einblicke in Bezug auf die Interferenzen durch andere Instrumente - insbesondere auch vom Mercury Transport Modul MTM. Einmal am Merkur angekommen, wird sich der Mercury Planetary Orbiter MPO vom MTM trennen. Die Möglichkeit, das Rauschen des Antriebsmoduls während der insgesamt siebenjährigen Reise herauszufiltern, eröffnet neue Möglichkeiten für künftige wissenschaftliche Untersuchungen.
Gemeinschaftliche Untersuchung
Laut Daniel Heyner, ist dies "eine sehr interessante Zeit für Untersuchungen des Sonnenwindes". "Inzwischen befinden sich mehrere Raumsonden auf dem Weg zur Sonne, die über funktionsähnliche Instrumente verfügen. Dazu gehören der Solar Orbiter der ESA und die NASA-Sonde Parker. Die Raumsonden befinden sich in der Heliosphäre in unterschiedlichen Entfernungen zur Sonne. Das ermöglicht uns, koronale Massenauswürfe zu verfolgen und die Veränderung ihrer Geschwindigkeit sowie Intensität zu untersuchen.
The MAG-MPO team now plans, despite the original focus on Mercury, to keep measuring the solar wind for most of the seven-year journey.
Johannes rechnet - insbesondere durch die Zusammenarbeit mit dem ESA-eigenen Solar Orbiter - mit großen Synergien und einem neuen Ansatz für die Erforschung der Umwelt um die Sonne.
"Mit dem Vorbeiflug von BepiColombo an der Erde konnten wir beweisen, dass unsere Instrumente auch während der Reisephase gut funktionieren. Jetzt wissen wir, dass wir innovative Wissenschaft betreiben können, die sich das Netzwerk der Raumsonden im Inneren unseres Sonnensystems zunutze macht".