Klimawandel auch beim Mars
Vulkanismus
Zu den interessantesten Ergebnissen der HRSC-Daten gehören die Erkenntnisse zum Vulkanismus auf dem Mars. Dieser muss nicht nur sehr langlebig gewesen sein. Er dauert bis in die jüngste geologische Vergangenheit an. Forscher fanden in der Gipfelcaldera des gigantischen Vulkans Olympus Mons erstarrte Laven, die 100 Millionen Jahre alt sind. An seiner Westflanke konnten sogar vulkanische Ablagerungen nachgewiesen werden, die nur etwa zwei Millionen Jahre alt sind. Nach geologischem Zeitverständnis bedeutet das, dass der Mars nicht tot ist. Vulkanische Aktivitäten könnten daher selbst heute noch und in naher Zukunft nicht mehr ausgeschlossen werden.
Bestätigt werden diese Erkenntnisse durch die Messungen des Spektrometers PFS. Es hat in der Marsatmosphäre das kurzlebige Gas Methan entdeckt. Seine über Vulkangebieten anzutreffende Verbreitung lässt die Vermutung zu, dass es einem vulkanischen Wärmeherd unter der Marsoberfläche entstammt.
Die bisherige Auswertung der Daten zeigt, dass sich die geologischen Aktivitäten im Laufe der planetaren Entwicklung über viereinhalb Milliarden Jahre stark gewandelt haben. Im marsianischen Hochland kamen sie vor etwa drei Milliarden Jahre zum Erliegen. In der jüngeren geologischen Zeit – vor weniger als 500 Millionen Jahren – konzentrieren sie sich auf die Tharsis- und Elysium-Region sowie auf einige Vulkane in der Nähe des Nordpols.
Der in der Tharsis-Region gelegene Schildvulkan Olympus Mons ist mit 27 Kilometern Gipfelhöhe und einem Durchmesser von fast 600 Kilometern zugleich der höchste und größte Berg unseres Sonnensystems.
Atmosphäre
Das Instrument ASPERA registrierte, dass der Sonnenwind bis zu 250 Kilometer tief – und damit wesentlich stärker als bislang angenommen – in die Marsatmosphäre eindringt und Sonnenwindprotonen zurückgestreut werden. Die ASPERA-Daten belegen auch, dass die Marsatmosphäre nicht kontinuierlich, sondern in episodischen Zügen Bestandteile verliert. Die Ursache ist noch nicht geklärt.
Besonders bemerkenswert ist die Entdeckung von Wolken aus Methaneis. Sie wurden mit Hilfe der Instrumente HRSC, OMEGA, PFS und SPICAM in der Mars-Atmosphäre aufgenommen und untersucht. OMEGA fand darüber hinaus in 80 bis 100 Kilometern Höhe eine dünne Wolkenschicht aus Kohlendioxid. Überraschenderweise entdeckte SPICAM sogar Polarlichterscheinungen, obwohl der Mars gar kein Magnetfeld hat.
Insgesamt bietet der Mars zukünftigen Besuchern alles andere als eine lebensfreundliche Umgebung. Seine Temperaturen können je nach Region sowie Jahres- und Tageszeit zwischen 0 Grad Celsius und minus 100 Grad Celsius schwanken. Sie liegen im Jahresmittel bei minus 68 Grad Celsius und damit um etwa 80 Grad niedriger als auf der Erde. Dazu kommt die auf die Marsoberfläche prallende tödliche UV-Strahlung der Sonne. Die etwa 100mal dünnere Atmosphäre ähnelt der von Autoabgasen: 95 Prozent Kohlendioxid, 2,7 Prozent Stickstoff, der Rest entfällt auf Argon, Kohlenmonoxid, Ozon, Sauerstoff, Wasserdampf, Xenon und Krypton. Abgesehen von gelegentlichen globalen Staubstürmen sowie vereinzelten Windhosen – HRSC ermittelte hierbei Spitzengeschwindigkeiten von 108 Kilometern in der Stunde und Mächtigkeiten von mehreren tausend Metern Höhe – ist es auf dem Roten Planeten weitestgehend still. Nur ab und zu wirbelt ein Windstoß feinen Staub auf.
Klimawandel
Daten der HRSC-Kamera offenbaren eine bewegte Klimageschichte unseres Roten Planeten. Zu Urzeiten muss der Mars eine dichtere Atmosphäre sowie ein wärmeres, feuchtes Klima besessen haben. Das beweisen die von HRSC entdeckten Deltaablagerungen. Ein zentrales Thema der Klimaentwicklung ist daher das Wasser: Wann und in welchen Mengen gab es an der Oberfläche Wasser in flüssiger Form?
Die HRSC-Daten lassen erkennen, dass es vor etwa dreieinhalb bis vier Milliarden Jahren zu starken geologischen Veränderungen, gewaltigen Überschwemmungen und zu einem dramatischen Klimawandel gekommen sein muss. Seitdem sind die Fluten versiegt, Wasser strömte nur noch sporadisch über die Oberfläche.
Mars Express entdeckte geologisch junge Oberflächenformen, die von Gletschereis stammen. Über diesen glazialen Formenschatz gelang es für die letzten 300 Millionen Jahre drei Eiszeiten nachzuweisen. Dabei fand der jüngste Eisvorstoß vor etwa vier Millionen Jahre statt. Er hinterließ zungenförmige Ablagerungen, die unter sich Gletschereis verschüttet haben könnten, dass möglicherweise noch heute vorhanden ist. Bemerkenswert an dieser spektakulären Entdeckung ist der Fundort unweit des Äquators. Hier dürfte es eigentlich keine Gletscherspuren geben. Die ungewöhnlichen Klimaveränderungen könnten, so die Vermutung der Wissenschaftler, auf starke Schwankungen der Rotationsachse des Mars zurückzuführen sein.