N° 23–2013: Europas größtes Raumschiff erreicht sein Ziel im Orbit
15 June 2013
Das auf den Namen „Albert Einstein“ getaufte vierte Automatische Transferfahrzeug (ATV) der ESA hat nach einem reibungslosen Anflugmanöver am 15. Juni um 16.07 Uhr MESZ an der Internationalen Raumstation (ISS) angedockt und ist nun mit der Station verbunden.
„Ein Hoch auf Europa, die ESA und das ATV!“, freute sich ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain und richtete ein „Dankeschön an die Mitgliedstaaten, die Industrie, das CNES und den russischen Partner. Mit nunmehr dem vierten ATV zur Unterstützung der Raumstation und ihrer Versorgung mit wichtigem Nachschub und wissenschaftlichen Experimenten erweist sich die ESA einmal mehr als verlässlicher Partner bei dem internationalen Außenposten im All, der als Grundlage für die Entwicklung der Zukunft dienen kann.“
Das mit einer Masse von 20 Tonnen bisher schwerste von Europa gestartete Raumfahrzeug hat nach autonomem Flug und zentimetergenauer Annäherung selbständig an dem 420 Tonnen schweren Orbitalkomplex angedockt, während beide mit 28 000 km/h um die Erde rasten.
„Ein so sanfter Kontakt zwischen einem Raumfahrzeug von der Größe eines Doppeldeckerbusses und einer 20mal so großen Station ist eine außergewöhnliche Leistung, die die eindrucksvolle Steuerungskapazität dieses von unserer Industrie unter der Leitung der ESA entwickelten europäischen Weltraumsystems veranschaulicht“, erklärte Thomas Reiter, der Direktor der ESA für bemannte Raumfahrt und Betrieb, und fügte hinzu: „Diese beeindruckenden technologischen Kapazitäten werden im Versorgungsmodul des künftigen Orion-Mannschaftsfahrzeugs der NASA fortbestehen.“
Die Anflug- und Andockmanöver wurden unter aufmerksamer Beobachtung der Flugkontrolleure der ESA und der französischen Raumfahrtagentur CNES im ATV-Kontrollzentrum in Toulouse sowie von Luca Parmitano und seinen Mannschaftskameraden an Bord der ISS von den Bordrechnern des ATV autonom gesteuert.
Wie seine Vorgänger erfüllt auch das ATV‑4 verschiedenartige Aufgaben: Es dient als Weltraumantrieb, Tanker, Frachter und Wohnmodul.
Als Weltraumantrieb ist es mit 2 580 kg Treibstoff beladen, um dem durch die Reibung der Atmosphäre bedingten natürlichen Absinken der Raumstation entgegenzuwirken und sie wieder auf eine höhere Bahn zu heben oder Manöver zum Ausweichen vor potenziell gefährlichen Weltraumtrümmern durchzuführen. Bei der Annäherung anderer Raumfahrzeuge übernimmt das ATV auch Lageregelungsfunktionen.
Als orbitaler Tanker führt das ATV‑4 weitere 860 kg Treibstoff, 100 kg Sauerstoff und Luft sowie 570 kg Trinkwasser mit sich, die in die verschiedenen Tanks der ISS gepumpt werden.
Darüber hinaus hat es als Weltraumfrachter mehr als 1 400 in 141 Behältern verstaute Gegenstände an Bord, darunter 2 480 kg Trockenfracht, etwa wissenschaftliches Gerät, Ersatzteile, Nahrung und Kleidung für die Astronauten.
Während der vier Monate, die das ATV an die Raumstation angedockt sein wird, bietet es mit seinem Volumen von 45 m³ der Mannschaft vorübergehend einen zusätzlichen Aufenthaltsraum. Bereits bei vorangegangenen Missionen wurde das ATV von den Astronauten als das ruhigste von allen Raumstationsmodulen gelobt und stellte somit einen bevorzugten Arbeitsplatz dar.
Am Ende seiner Mission, das zurzeit für den 28. Oktober geplant ist, wird das mit Müll beladene ATV‑4 wieder von der ISS abgetrennt und am darauffolgenden Tag in Richtung Erde gelenkt, um beim Wiedereintritt in die Atmosphäre über dem Südpazifik gefahrlos zu verglühen.
Über die ESA
Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) ist Europas Tor zum Weltraum.
Die ESA ist eine 1975 gegründete zwischenstaatliche Organisation, deren Aufgabe darin besteht, europäische Raumfahrtkapazitäten zu entwickeln und sicherzustellen, dass die Investitionen in die Raumfahrt den Bürgern in Europa und anderswo zugutekommen.
Die ESA hat 20 Mitgliedstaaten: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Spanien, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Davon sind 18 auch Mitgliedstaaten der EU.
Im Rahmen von Kooperationsabkommen unterhält die ESA Beziehungen zu acht anderen EU-Mitgliedstaaten und erörtert zurzeit mit dem verbleibenden EU-Mitgliedstaat Bulgarien den Abschluss eines solchen Abkommens. Auch Kanada nimmt im Rahmen eines Kooperationsabkommens an bestimmten ESA-Programmen teil.
Darüber hinaus arbeitet die ESA mit der EU zusammen, um die Programme Galileo und Copernicus zu verwirklichen.
Dank der Koordinierung der Finanzressourcen und Kompetenzen ihrer Mitgliedstaaten kann die ESA Programme und Tätigkeiten durchführen, die weit über die Möglichkeiten eines einzelnen europäischen Landes hinausgehen.
Die ESA entwickelt Raumfahrzeugträger, Satelliten und Bodenanlagen, um sicherzustellen, dass Europa bei Raumfahrtvorhaben weltweit an der Spitze bleibt.
Sie startet Erdbeobachtungs-, Navigations-, Telekommunikations- und Astronomiesatelliten, schickt Raumsonden in entlegene Regionen des Sonnensystems und beteiligt sich an der bemannten Exploration des Weltraums.
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