Die wissenschaftlichen Instrumente von Huygens
Wissenschaftler aus zehn europäischen Ländern und den USA sind an der Forschungsarbeit der sechs Instrumente an Bord von Huygens beteiligt. Ein Experiment, das Doppler Wind Experiment kommt aus Deutschland und wurde an der Universität Bonn gebaut
An dem bildgebenden Radiometer DISR sind das MPI für Aeronomie Katlenburg-Lindau und die Technische Universität Braunschweig beteiligt. Am MPI für Aeronomie wurde der CCD-Detektor entwickelt, ein komplexes Feld von lichtempfindlichen Elementen für verschiedene Auswertefunktionen.
Zur Verringerung der zu übertragenden Datenmengen hat die TU Braunschweig einen Instrumentencomputer zur Bearbeitung und Kompression der Rohdaten für dieses Experiment geliefert. Die dabei gesammelten Erfahrungen konnten die Braunschweiger Wissenschaftler später in ähnliche Rechnersysteme für die ESA-Missionen Rosetta und Mars Express einbringen.
Doppler Wind Experiment (DWE)
Principal Investigator: M.K. Bird, Universität Bonn, D
Das Experiment dient der Ermittlung von Windstärke und –richtung in der Titan-Atmosphäre. Dabei soll ein Höhenprofil der Windgeschwindigkeiten bis in 160 km Höhe gewonnen werden.
Aus der Auswertung weiterer Parameter der Funksignale, die von Huygens zum Cassini-Orbiter gesendet werden, können die Forscher auch den Verlauf des Abstiegs der Landesonde und ihre Eigenbewegungen wie Rotation und Schwingen ermitteln, woraus sich wiederum Rückschlüsse auf die Dynamik der Mondatmosphäre ziehen lassen.
Voraussetzung für derartige Messungen ist eine Signalfrequenz, die extrem geringe Toleranzen haben muss. Zur Erzeugung dieses Trägers dienen je ein ultrastabiler Oszillator an Bord des Orbiters und dem Lander, die bei zehn Megahertz +/- 0,1 Hertz arbeiten.
Das bei Huygens angewandte Doppler-Wind-Experiment beruht auf einem Phänomen, das allgemein bekannt ist, der akustische Doppler-Effekt. Wenn ein Fahrzeug an einem vorbeifährt klingt der Ton zunächst höher, wenn das Fahrzeug sich dann entfernt wird der Ton tiefer. Die Frequenz der akustischen Welle wächst zunächst an und wird dann kleiner, was als Änderung der Tonhöhe wahrgenommen wird. Dieser Effekt wurde nach dem österreichischen Physiker Christian Doppler benannt und funktioniert bei jeder Art von elektromagnetischer Welle. Da die Frequenzänderung direkt von der Geschwindigkeit zwischen Sender und Empfänger abhängt, lässt sich dieses Verfahren anwenden, um aus der Frequenzänderung von Funksignalen die Geschwindigkeit von zwei Raumflugkörpern zueinander zu bestimmen.
Descent Imager/Spectral Radiometer (DISR)
Deutsche Co-Investigatoren: H.U. Keller, N. Thomas, MPI für Aeronomie, Katlenburg-Lindau, D
DISR nutzt die Drehung der Sonde beim Abstieg, um mit verschiedenen Detektoren, die im Instrumentenpaket DISR zusammengefasst sind, im Spektralbereich vom UV bis zum nahen Infrarot in alle Blickrichtungen Aufnahmen zu machen. Bestimmt werden sollen die Dichte, Größe, Form und optischen Eigenschaften von Aerosolen und Wolkenpartikeln. Gesucht wird auch nach Dunstschichten aus kondensierten Kohlenwasserstoffen. Höhenprofile des Mischungsverhältnisses von Methan sollen ebenfalls aufgenommen und die Titan-Oberfläche abgebildet und spektral analysiert werden.
DISR besteht aus einem Sensorkopf (Sensor Head, SH) und einem Elektroniksystem zur Aufbereitung der Daten. Der Sensorkopf befindet sich auf der Instrumentenplattform unter einer abwerfbaren Abdeckung, so dass nach dem Eintritt in die Atmosphäre die Sensoren einen ungestörten Blick auf die Bestandteile der Atmosphäre haben. Messungen werden im sichtbaren und im infraroten Wellenlängenbereich vorgenommen. Die Informationen verarbeitet ein CCD-Detektorfeld, wo sie in elektrische Signale gewandelt und dann an die Auswerteelektronik übergeben werden.
Das vom Max-Planck-Institut für Aeronomie entwickelte CCD-Array ist ein komplexes Feld von lichtempfindlichen CCD-Aufnehmern mit verschiedenen Aufgaben. Es wurde in neun Felder aufgeteilt. Drei Felder liefern pixelweise Bilder im sichtbaren und infraroten Bereich, vier Felder nehmen Messungen der Sonnenkoronastrahlung in zwei Wellenlängen und jeweils zwei Polarisationsrichtungen vor und die letzten beiden Felder werten Daten eines vorgeschalteten Gitter-Spektrometers im Infrarotbereich aus.
Zusätzlich zu dem CCD-Array sind in den Komplex zwei einfache Spektrometer mit lichtempfindlichen Dioden für den Ultraviolettbereich integriert.
Da das bildgebende Spektrometer große Datenmengen erzeugt, ist eine Kompression der aufgenommenen Bilder nötig. Die schmalbandige Datenübertragung zum Orbiter in Echtzeit wäre sonst überfordert. Die Kompression nimmt ein spezieller Computer von der TU Braunschweig vor. Mittels zweier ausgeklügelter Algorithmen werden die Aufnahmen zunächst nach ihrem Kontrast und dem Aufnahmerauschen bewertet und verlustfrei auf ein digitales Format mit 8 Bit/Pixel umgerechnet. Dabei wird als angenehmer Nebeneffekt auch das Bildrauschen unterdrückt. Im zweiten Schritt setzen die Braunschweiger Experten mit der Cosinus-Transformation ein bekanntes Kompressionsverfahren ein, bei dem Blocks von 16x16 Pixel berechnet werden und so der Datenstrom weiter drastisch minimiert wird.
Huygens Atmospheric Structure Instrument (HASI)
Ein Paket von vier verschiedenen Sensoren soll die physikalischen und elektrischen Eigenschaften der Titanatmosphäre untersuchen. Das umfasst die Messung des Druckes, der Temperatur, der Dichte, von Turbulenzen, der elektrischen Leitfähigkeit sowie die Suche nach Blitzen.
Nach der Landung ist die Bestimmung der Topografie das Ziel der Forschungen. Sollte die Oberfläche flüssig sein, können aus der Bewegung des Sondenkörpers auch Windgeschwindigkeiten am Boden gemessen werden.
Das Instrument umfasst einen 3-Achsen-Beschleunigungsmesser (ACC), einen Druckmesser, Temperatursensoren, einen akustischen Sensor, einen Leitfähigkeitsmesser, ein Gerät zur Bestimmung von Wechselspannungsfeldern, eine Spannungsmessonde und ein Radar-Altimeter, also einen präzisen Höhenmesser.
Surface Science Package (SSP)
Falls die HUYGENS-Sonde die Landung auf der Titan-Oberfläche übersteht, wird eine Reihe einfacher Sensoren versuchen, die Oberflächeneigenschaften zu bestimmen. Die Bestimmung dieser Eigenschaften ist auch für die spätere Interpretation der Radardaten des Cassini-Orbiters von Bedeutung. Schallmesser können der Menschheit einen Eindruck vom „Sound“ auf der Titan-Oberfläche vermitteln.
Das gesamte Instrument besteht aus neun Sensoren, wovon die meisten im Innern der Sonde auf der Instrumentenplattform untergebracht sind. Durch einen Schacht, der von einer Öffnung in der domförmigen unteren Abdeckplatte in das Innere zur Plattform führt, kann Wasser eines eventuell vorhandenen Ozeans zu den Messgeräten geführt werden.
Das Sensorpaket beinhaltet zwei Beschleunigungsmesser, zwei Neigungssensoren, eine Temperatursonde, zwei Schallmesser, einen Leitfähigkeitsmesser, einen Dichtemesser für Flüssigkeiten sowie ein Gerät zur Bestimmung der Lichtverhältnisse auf der Titan-Oberfläche.
Gas Chromatograph Mass Spektrometer (GCMS)
Das Spektrometer soll die chemische Zusammensetzung der Titan-Atmosphäre ab einer Höhe von 170 Kilometer bis zum Boden bestimmen. Nach einer erfolgreichen Landung soll auch versucht werden, die Isotopenzusammensetzung von Oberflächenmaterial zu bestimmen. Kondensierte Teilchen der Atmosphäre werden kurz vor Landung verdampft und auf ihre Zusammensetzung untersucht.
- Hauptelemente des Instruments sind:
- ein Massen-Spektrometer
- eine Gasprobensonde
- ein Probenanreicherungssystem zur Aufbereitung der Gasproben für die Ionisationsmessungen
- ein Gaschromatograph
Aerosol Collector And Pyrolyser (ACP)
ACP nimmt Aerosole aus der Atmosphäre auf und präpariert sie für die Untersuchung im GCMS durch Verdampfung oder Pyrolyse. Es ist vorgesehen, zwei Proben zu nehmen, einmal aus der oberen Atmosphäre in einer Höhe von etwa 160 km und einmal aus den Wolkenschichten in 23 bis 17 km Höhe.
Zur Behandlung der genommenen Proben dient ein kleiner Ofen, der das Material bei 250 Grad Celsius verdampft oder bei 600 Grad Celsius pyrolisiert. Eine spezielle Vorrichtung transportiert die Produkte aus dem Ofen dann zum Massen-Spektrometer oder dem Massen-Spektrographen von GCMS.